„Blister“ – Jeff Strand

“ … Abgesehen von meiner Entschuldigung schuldete ich ihr nichts – ich hatte ja nicht ihr Zuhause verwüstet und ihr Trinkwasser vergiftet. Mit einem schnellen Es tut mir leid und einer Eulenzeichnung betrachtete ich meine karmische Schuld als getilgt.
Und dennoch …“ (Seite 37)

Jason Tray ist ein erfolgreicher Karikaturist, der von seinem Agenten für ein paar Tage in eine Hütte am See verbannt wurde, um Ruhe zu finden.
Als er eines Nachts mit ein paar Einheimischen in einer Kneipe rumhängt, bieten sie ihm an »Blister zu sehen«. Ohne zu ahnen, wovon sie reden, nimmt Jason ihr Angebot an.
Und so späht er kurz darauf durch das Fenster eines Schuppens auf das Albtraumhafteste, was er jemals gesehen hat: Blister ist eine fürchterlich entstellte junge Frau, die sich vor der Welt versteckt. Am nächsten Morgen bedauert Jason sein Verhalten. Er muss sich bei der Frau entschuldigen …
Doch diese kleine Stadt hat ihre Geheimnisse und Bewohner, die vor nichts zurückschrecken, um sie zu hüten.

Eine Geschichte voller menschlicher Monster.

Rachel, kurz Blister genannt, ist der Freak in ihrer Heimatstadt, die Leute meiden sie, so führt sie ein zurückgezogenes Leben und wohnt im Schuppen ihres Vaters. Das ändert sich, als Jason in die Stadt kommt. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Comiczeichner, doch nachdem er etwas überreagiert hat, als Nachbarskinder seinen Hund quälen, verordnet ihm sein Agent erstmal eine Pause. Er quartiert ihn in seiner Hütte ein, wo er eigentlich die Füße stillhalten soll. Doch zwei Einheimische lassen Jason nach einem Kneipenbesuch einen Blick auf das örtliche Monster werfen und so gerät sowohl Rachels, als auch Jasons Leben aus den Fugen, denn er entscheidet sich für einen erneuten Besuch bei der jungen Frau und macht sich damit nicht unbedingt beliebt, denn jede Stadt hat ihre Geheimnisse und manche würden alles dafür tun, damit die Vergangenheit nicht ans Licht kommt …

Was soll ich sagen, „Blister“ ist ein Buch, das einen zum Lachen und zum Weinen bringt. Rachels Humor ist herrlich, gut, wahrscheinlich bleibt ihr in ihrer Lage sonst nichts anderes,  aber ihre Sprüche und Reaktionen haben mir immer wieder ein Lächeln auf die Lippen gezaubert, im gleichen Atemzug tat sie mir aber einfach nur so unheimlich leid. Selten hat mich eine Protagonistin sofort so für sich eingenommen. Wie war das doch gleich? „Gibt das Leben dir Zitronen, dann mach Limonade daraus“, das könnte glatt ihr Lebensmotto sein. Sie ist unheimlich sarkastisch und zynisch und gleichzeitig so verletzbar und doch auch unheimlich tough, man kann gar nicht anders als sie sofort ins Herz zu schließen und den Schlüssel wegzuwerfen.
Doch auch Jason ist ein warmherziger Charakter, er fühlt sich schon bei seinem ersten „Besuch“ bei „Blister“ wahnsinnig unwohl, und dennoch macht er sich nochmal auf den Weg zu ihr, um die Sache aus der Welt zu räumen, schon allein das erfordert Eier in der Hose. Dass die Chemie zwischen den beiden von Anfang an stimmt, zeigt ihr (zugegebenerweise recht schwarzer)  Humor. Doch nicht nur die beiden sind perfekt gezeichnet, auch Rachels Vater habe ich die ganze Zeit vor Augen gehabt und auch wenn mich dessen Reaktionen anfangs immer wieder den Kopf schütteln ließen, so wird doch im Laufe der Zeit immer klarer, warum er genau so und nicht anders handelt. Das macht ihn zwar nicht unbedingt sympathischer, aber dafür sehr real …
Alles in allem ist „Blister“ eine Geschichte, die uns mal wieder vor Augen führt, wie sehr alles, was irgendwie anders ist, ausgegrenzt und sogar verspottet wird, niemand macht sich die Mühe, einen Blick hinter die Kulisse zu werfen, dafür gibt es jede Menge Vorurteile.
Und so kann sich wohl jeder auf die eine oder andere Art mit Blister/Rachel identifizieren ohne sie zu verurteilen.
Natürlich trägt auch Jeff Strands Schreibstil sehr viel zur gelungenen Atmosphäre des Buches bei. Jason
lässt den Leser durch seine Ich-Erzählung förmlich ins Geschehen eintauchen, man leidet die ganze Zeit mit ihm und natürlich mit Rachel und wünscht allen anderen einfach nur die Pest an den Hals …

Unbedingt lesen, mehr kann ich dazu nicht sagen, oder sollte ich schreiben schreiben?
Was für ein Satz und das zum Montag Abend.^^
Für mich ist „Blister“ bisher das beste Buch von Jeff Strand, auch, wenn ich natürlich zugeben muss, dass ich nicht alle gelesen habe, aber „Der Zyklop“ und „Lass uns töten“ sind auf meinem SUB definitiv erstmal einige Plätze nach oben gewandert. Für Rachel und Jason gibt es von mir 4,5 von 5 Miezekatzen, die sich hoffentlich mit Ignatz vertragen.


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