„Henkers Mahlzeit“ – Nadine Teuber

“ … Ich würde gern der Stadt den Rücken kehren. Kein Lärm, keine Egoisten, keine Smombies. Am liebsten würde ich allem den Rücken kehren und aufs Dorf ziehen. Ich liebe meinen Beruf als Erzieherin und würde mit den Kindern im Wald spielen. …“

Eine Gesellschaft, die in kollektiver Isolation durch Smartphones versinkt.
Eine Stadt voller Egozentriker.
Und mittendrin: Hanna.

Als die Polizei vor ihrer Tür steht, flüchtet sie mit Pierre, denn sie weiß genau, was sie getan hat. Doch wer sind die wortkargen Personen, die mit ihnen reisen? Hanna ist fest entschlossen, es herauszufinden, weiß sie doch, dass nicht jeder die Reise überleben wird …

Hanna ist Kindergärtnerin, sie liebt ihren Beruf und muss mit Entsetzen immer wieder mit ansehen, dass den Müttern ihre Handys wichtiger sind als die eigenen Kinder. Nur in Ramona, deren Sohn Simon unter Trisomie 21 leidet, scheint ihre Meinung zu teilen. Die beiden Frauen verbringen Zeit miteinander, werden Freundinnen. Hanna ahnt nicht, dass Ramona unter ihrem gefühlskalten Mann leidet und einen Neuanfang plant, der schließlich schneller kommt als erwartet und sie mit einschließt …

Ich kann mir nicht helfen, nach Nadine Teubers Büchern bin ich irgendwie immer sehr zwiegespalten. Einerseits packt sie immer sehr brisante Themen an, andererseits finde ich die Story an sich immer irgendwie unglaubwürdig, so ging es mir schon bei „Machtlos“ und auch „Henkers Mahlzeit“ lässt mich wieder so zurück.
Hinzu kommt, dass es für mich einfach zu viele Protagonisten gibt, da sind Hanna, Ramona, die Zwillinge, Max, Pit, Pierre und alle haben eine eigene Geschichte, sie vereint einzig und allein das Leben „auf der Straße“, als wirkliche Gemeinschaft sehe ich sie nicht, denn jeder kocht sein eigenes Süppchen. Und nicht nur Ramona hat Dreck am Strecken. Ist Hanna erst von ihrem kaltblütigem Handeln entsetzt, steht sie ihr schon bald in nichts nach und tut alles dafür, ihre Meinung durchzusetzen. Natürlich sind Eltern, die permanent auf ihr Telefon glotzen kein Vorbild für ihre Kinder, das Handy ist Fluch und Segen zugleich. Aber mal ehrlich, kann man Hannas Lösung wirklich gutheißen? Und warum zum Teufel fliegt sie nicht auf? Interessieren sich die Menschen wirklich so wenig dafür, was um sie herum passiert? Hat man ohne festen Wohnsitz wirklich derartige Narrenfreiheit und kann tun und lassen, wonach einem gerade ist?
Mein zweites Problem mit dem Buch sind die Charaktere, denn keiner war mir wirklich sympathisch. Da ist Hanna, die man anfangs für die nette Kindergärtnerin von nebenan hält, allerdings macht sie sich sehr schnell ein Bild von ihren Mitmenschen und lässt nur ihre Meinung zählen, Ramona verkauft sich für Geld, für Pierre zählen nur seine Autorennen … Die Kritik an unserem sozialen Leben kommt durchaus bei mir an, allerdings halte ich die Lösung doch für ziemlich geschmacklos, ja, welch ein Wortspiel.^^
Dass Hanna Nadine Teubers Heldin ist, ist unschwer zu erkennen, ist sie doch die Einzige, die in Ich-Form erzählt und den Leser zu Beginn an ihrer Vorstellung von einer besseren Welt teilhaben lässt, sehr naiv und blauäugig. Mit dieser Naivität ist allerdings bald dahin, was man nicht bekommt, holt man sich eben, keine besonders erstrebenswerte Eigenschaft und so ging auch meine Sympathie mit Hanna im Laufe des Buches flöten, alle anderen waren mir eh eher suspekt …

Ein interessantes Thema, dass die Protagonisten auf ihre ganz eigene Art und Wiese aufarbeiten, allerdings bezweifle ich ganz stark, dass es sich auch so umsetzten lassen würde und immer wieder habe ich mich gefragt, warum niemandem etwas auffällt und das alles so völlig ohne Probleme funktioniert. Aus diesem Grund vergebe ich 3,5 von 5 Miezekatzen.

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