„Dornröschen auf Droge“ – Sebastian Thiel

“ … Nur das abschätzende Stieren meiner Mitschüler verrät noch, welche Abscheulichkeiten sie mir angetan haben. Ab und zu sehe ich, wie schnell ein Mobiltelefon gezückt wird, wenn ich vorbeischreite. Vermutlich hat noch nicht jeder meinen nackten Körper aus allen Perspektiven sehen können. …“

»Mein Name ist Jenny und in 365 Tagen werde ich tot sein.«
Als Jennifer Meyer, genannt Dornröschen, in eine Nervenheilanstalt eingeliefert wird, will sie nichts anderes, als zu sterben.
Sieben Mal hat man sie gebrochen, bis von ihr nichts mehr als ein Schatten ohne Seele übrig blieb.
Ein ganzes Dorf schwieg, als ihr Schreckliches angetan wurde. Selbst die Polizei rührte keinen Finger.
Warum nur?
Dornröschen muss auf den dunklen Pfaden der Vergangenheit wandeln und stößt dabei auf etwas, was sie sich nie hätte träumen lassen.
Es ist Zeit für Rache – denn in der abgelegenen Stadt hat jeder ein finsteres Geheimnis …sie muss es nur finden.

Jennifer ist noch recht neu in Griemsmahl, ihre Mutter gibt Bergesteige-Kurse, ist aber ansonsten recht angeschlagen und kümmert sich nicht wirklich um ihre Tochter. Deren einzige Freunde sind die beiden Schulnerds. Auf einer Feier widmet ihr der erfolgreichste Nachwuchsfußballer plötzlich erstaunlich viel Interesse, doch der vermeintlich tolle Abend endet in einer Gruppenvergewaltigung, die auch noch gefilmt wird. Etwas in Jennifer ist zerbrochen und es wird nicht besser, als das ganze Dorf sich hinter ihre Peiniger stellt. Das kann und will die Schülerin nicht durchgehen lassen und so kehrt sie zurück an ihre Schule mit der Ausrede, einfach nur ihr Abitur abschließen zu wollen. In ihrem Kopf allerdings hat sie sich längst einen Racheplan zurechtgelegt, doch der erfordert einiges an Vorbereitung …

Ich muss zugeben, der Klappentext hat mich doch sehr angesprochen, kleine fiese Rachegeschichten sind ja ganz meins. Leider fand ich „Dornröschen auf Droge“ total unglaubwürdig. Jennifer ist die Neue im Dorf, wird unter Drogen gesetzt und vergewaltigt und was macht sie, nachdem sie ihre Therapie beendet hat? Sie geht auf ihre alte Schule zurück, drückt die Schulbank gemeinsam mit ihren Vergewaltigern und redet denen ein, es wäre ja nicht so schlimm gewesen und deshalb trägt sie ihnen nichts nach. Hallo? Auch wenn alle möglichen Ausreden für die Mutter gesucht werden, damit die sich da nicht einmischt, finde ich das völlig an den Haaren herbeigezogen. Dann spielt sie für ihren „Chef“ auch noch die kleine Nymphomanin, die für ihn mit Freude die Beine breit macht und natürlich ist all das Teil ihres großen Plans. Nicht zu vergessen, wir sprechen hier von einer Schülerin, die kurz vorm Abitur steht …
Den Grund, warum das ganze Städtchen an einem Strang zieht, finde ich ebenso unglaubwürdig. Ein paar dämliche Halbstarke, die Bälle treten und sich für den Nabel der Welt halten? Und deswegen schauen alle weg, weil es sich ja vielleicht für sie lohnen könnte? Menschen sind bekloppt und gierig, ohne Frage, aber das hier ist mir doch ein bisschen zu viel.
Nicht mal Jennifer ist mir sympathisch, dabei ist sie das Opfer, aber ihr Verhalten lässt mich einfach nur mit dem Kopf schütteln. Gut, ab und an wird mal erwähnt, dass ihr das Ganze zu schaffen macht und sie es nur mit Drogen erträgt, aber das reicht mir einfach nicht aus. Sie manipuliert Menschen, plant ihre Rache detailgenau seit ihrer Rückkehr und spielt den anderen vor, alles wäre wie immer, vor der Tat, ja, sie lacht sich ihren Vergewaltiger sogar an.
Aber nicht nur sie ist merkwürdig, niemand in dem Buch scheint auch nur ansatzweise „gut“ zu sein, alle sind nur auf ihre Vorteile bedacht, ihren guten Ruf, etwas anderes zählt nicht, selbst ihre beiden Freunde lassen sie einfach so fallen und werden zur breiten, völlig gleichen Masse ohne eigene Gedanken. Eine unfähige Lehrerin, ein sexgeiler Ehemann, zukünftige Fußballnationalspieler, die sich alles erlauben können, ein Ex-Junkie… So schlimm die Geschehnisse auch waren, alles was nach der Vergewaltigung kommt, finde ich dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass meine anfängliche Leselust immer mehr zu einem „Okay, hoffentlich bin ich bald fertig“ wurde. Das Ende machte es dann nicht wirklich besser.
Leider war auch der Schreibstil nicht sonderlich überzeugend, dasselbe gilt für die klischeehaften Charaktere, das ständige Hin und Her in der Zeit verwirrt zusätzlich. Vielleicht bin ich aber auch einfach vorbelastet, denn schon „Tote Mädchen lügen nicht“ fand ich schrecklich.

Der Anfang hatte durchaus etwas, nach Jennifers Rückkehr war ich gespannt, wie wohl ihr Racheplan aussieht, je weiter das Buch fort schritt, umso unrealistischer wurde es für mich. Dem einen oder anderen mag diese merkwürdige Aktion der Schülerin gefallen, aber mal ehrlich, ist das realistisch? Von mir gibt es dafür leider nur 2 von 5 Miezekatzen, die Story hätte mehr hergegeben …

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