„Rot wie Blut“ – Julian Auringer (Hrsg.)

“ … Der Mann kam vom Felde und als er dies alles gesehen, hat er sich so betrübt, dass er kurz darauf gestorben ist.“
(„Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“, Seite 10)

Manche Märchen sind nichts für zarte Gemüter

Die Geschichte von der Leichenfresserin zum Beispiel oder die vom Patenkind des Todes; berühmte Schicksale wie Rapunzel in ihrem türlosen Turm oder entlegene Horrorstorys wie die vom wiederkehrenden Selbstmörder. Dieser mit dämonischer Lust zusammengestellte Band umfasst ältere Märchen und Sagen voller Gewalt und Gräuel, Schlechtigkeit und übler Tat. Erzählt von den Brüdern Grimm und Karoline Stahl, Christian August Vulpius, Charles Perrault und vielen anderen.

Die Originalversionen der alten Märchen sind ja teilweise nicht wirklich kindertauglich. Früher habe ich Märchen geliebt, jetzt war ich gespannt auf die Version für Erwachsene und als „Rot wie Blut“ angekündigt wurde, habe ich es sofort vorbestellt.
Viele der Geschichten hier sind nicht nur um einiges blutiger als die Märchen, die ich als Kind erzählt oder vorgelesen bekam, sondern haben auch einen sexuellen Unterton.
Klingt ja eigentlich gar nicht so übel …

Ich hatte mich so auf das Buch gefreut und als es endlich kam, hatte ich es schon gar nicht mehr auf dem Schirm.
Das Cover ist toll, das Format auch und die alten Illustrationen ebenso, leider war es das dann auch schon. Bereits die erste Geschichte „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ der Gebrüder Grimm traf so gar nicht meinen Geschmack. Dass die alten Märchen und Sagen sich heute natürlich etwas merkwürdig lesen, darauf war ich vorbereitet, aber die Geschichte …  Für mich war sie einfach grob zusammengeschustert, es gibt keine Figuren, die Gefühle in einem wecken, welcher Art auch immer.
Ich mag ja Horrorgeschichten sehr gern und es darf da ruhig etwas härter zugehen, aber es muss eben auch zur Story passen und nicht nur dazu dienen, eine Grausamkeit an die nächste zu Reihen.
Genau dieses Gefühl hatte ich hier allerdings, wobei wir heute sicherlich eine ganz andere Auffassung von Gewalt haben.
Nun gut, es war das erste von vielen Märchen und ich dachte mir, es kann ja nur besser werden, leider war dem nicht so. Selbst wenn die meisten nur eine oder zwei Seiten lang sind, wiederholen sich die Dinge immer wieder und der Schreibstil ist einfach nur ermüdend, total emotionslos und langweilig, ich weiß nicht, wie ich es sonst beschreiben soll. Sicherlich ist das vor allem der damaligen Zeit geschuldet, aber es reißt eben absolut nicht mit, das ist keine Spannung, warum hat man die Ausdrucksweise nicht wenigstens ein bisschen aufpoliert? So haben vielleicht Germanisten Freude an dem Werk, der normale Leser wohl aber weniger.
Außerdem hat mich gestört, dass ich mich immer wieder gefragt habe, was mir die Geschichten eigentlich sagen sollten. Normalerweise zieht man am Ende eine Lehre aus dem Ganzen, tu dies, tu das, lass das auf jeden Fall sein. Oft fehlt das völlig und ich hab einfach keine Ahnung, was der eigentliche Kernpunkt, die Aussage ist und da ich mich auch nicht wirklich unterhalten gefühlt habe, fehlt einfach etwas, kurz und knapp: Und die Moral von der Geschicht war manchmal da, doch öfters nicht. (ich glaube, ich sollte tatsächlich unter die Dichter gehen^^)
Aber vielleicht bin ich ja auch die Einzige, die sich daran gestört hat, weil ich einfach ganz andere Erwartungen hatte. Märchen für Erwachsene, ohne Happy End und den üblichen Schmus, ohne „Und wenn sie nicht gestorben sind …“, wenigstens das hab ich bekommen.
Es mag hart klingen, aber das Interessanteste am Buch war hier tatsächlich das Nachwort.

Bis jetzt leider die Enttäuschung des Jahres, dabei ist das Buch so toll aufgemacht.
Der Klappentext weckt Erwartungen, die für mich überhaupt nicht erfüllt wurden und ich habe ein paar Mal überlegt, das Buch abzubrechen, das mache ich wirklich selten. Ich habe mich bis zum Ende tapfer durchgekämpft, immer in der Hoffnung, da würde noch was kommen, wenigstens ein bisschen mehr, allerdings war dem nicht so.
Von mir gibt es 2 von 5 Miezekatzen und das auch nur, weil das Buch ein Blickfang ist und der Preis fast unschlagbar. Ich hab mich wirklich sehr schwer getan mit dieser Bewertung, aber ich fand das Buch wirklich nicht gut, schade.
Wer also auf gruselige Märchen abseits von Disney und Co. hofft, sollte besser zu einem anderen Buch greifen.

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