„Strange Weather“ – Joe Hill

„… Ich versuchte es zuerst bei meiner Mutter. Es spielte keine Rolle, dass wir nicht gut miteinander auskamen. Egal wer man ist: Wenn man sich das Knie aufgeschürft hat, der Hund vom Auto überfahren wird, wenn der Himmel sich öffnet und es Nadeln regnet, dann gehört es zu den menschlichsten Instinkten, nach der Mutter zu rufen. …“
(Seite 520)

Vier literarische Juwelen, die unseren ständigen Krieg zwischen Gut und Böse ins Extreme treiben.

SCHNAPPSCHUSS ist die verstörende Geschichte eines Jungen, der von einem brutalen Schläger bedroht wird. Dieser besitzt eine Sofortbildkamera, die Erinnerungen löscht, Schnappschuss für Schnappschuss …

In GELADEN stoppt der Sicherheitsbeamte eines Einkaufszentrums mutig eine Amokläuferin und wird zum Helden der modernen Waffenrechtsbewegung. Doch als eine Reporterin die wahren Hintergründe der Geschichte aufdeckt, dreht der Beamte durch …

HOCH OBEN: Ein junger Mann fliegt für seinen ersten Fallschirmsprung hoch in den Himmel … und landet auf einer festen Wolke, die von einem eigenen Verstand belebt zu sein scheint und Gedanken lesen kann.

REGEN: An einem scheinbar gewöhnlichen Tag in Colorado öffnen sich die Wolken und es regnet Kristallsplitter, die jede Person zerfetzen, die ohne Deckung ist. Dieses Phänomen droht sich wie eine Apokalypse auf der ganzen Welt auszubreiten.

Viel zu sagen gibt es hier eigentlich nicht, steht ja alles schon im Klappentext. 😉

Wem Stephen King zu ausufernd schreibt, der wird auch mit seinem Sohnemann nicht warm werden, denn auch Joe Hill lässt sich viel Zeit bei der Einführung seiner Protagonisten.
Auch bei „Schnappschuss“ lassen sich Ähnlichkeiten erkennen und zwar zu Stephen Kings Novelle „Zeitraffer“, in beiden geht es um eine Polaroid Kamera mit merkwürdigem Eigenleben. In „Schappschuss“ ist es allerdings nicht Michael, der dicke, gemobbte Junge, dem die Kamera gehört. Ihr Eigentümer ist ein seltsamer Mann, von dem man besser nicht fotografiert werden sollte. Auch wenn die Krankheit hier ein kleines Horrormäntelchen übergestreift bekam, so erkennt man doch sofort, worum es eigentlich geht.
In „Geladen“ wendet sich Joe Hill dann  zwei recht brisanten Thema zu, Waffenbesitz und Rassismus, ein Schelm, wer Parallelen zur aktuellen Situation in Amerika zieht. Hier stehen sich zwei sehr unterschiedliche Charaktere gegenüber, eine schwarze Journalistin und ein rassistischer Sicherheitsbeamter, eine explosive Mischung, im wahrsten Sinne des Wortes.
„Hoch oben“ war mir persönlich etwas zu philosophisch angehaucht, der einsame, unglückliche Fallschirmspringer auf einer Wolke, die versucht, ihm alle Wünsche zu erfüllen. Für mich zu viel Herz-Schmerz und Gefühlsduselei, das ist einfach nicht meins.
Dafür entschädigte mich aber dann „Regen“ wieder, denn hier geht es richtig ans Eingemachte, denn ein Regen aus Kristallsplittern geht über verschiedenen Städten Amerikas nieder und tötet jeden, der sich draußen aufhält. Der Präsident schreit sofort nach Rache, denn natürlich können da nur fernöstliche Terroristen dahinterstecken. Auch hier finden sich Seitenhiebe auf die Regierung und die Protagonistin Honeysuckle Speck ist wieder etwas anders als der Rest. Sie bezeichnet sich selbst als „Kampflesbe“ und das kommt eben nicht bei jedem gut an, vor allem nicht bei dem Spinner-Kult in der unmittelbaren Nachbarschaft. Aber auch ihr Name ist außergewöhnlich, das arme Ding hat dafür mein vollstes Mitgefühl.^^
Treffend hält Hill der Menschheit hier einen Spiegel vor, denn im Angesicht der Katastrophe zeigt sich mal wieder, dass Zusammenhalt und gegenseitiger Respekt nicht unbedingt weit oben auf unserer Prioritätenliste stehen.

In „Strange Weather“ beweist Joe Hill sein Können in vier ganz unterschiedlichen Novellen. Während die erste in den Bereich Phantastik und Horror fällt, ist Nummer 2 eher ein Thriller. In der dritten Geschichte hingegen dreht sich alles um Philosophie und das man bestimmte Dinge einfach loslassen muss, während die letzte Weltuntergangsstimmung verbreitet.
So sollte jeder etwas passendes für den eigenen Geschmack finden, meine persönlichen Favoriten sind „Geladen“, einfach weil es eine sehr böse Story ist, die sich tatsächlich überall zutragen kann und „Regen“, dass von der Grundstimmung tatsächlich an Hills „Fireman“ erinnert und das völlig beabsichtigt, wie er im Nachwort verrät.
Ich persönlich fand „Strange Weather“ sehr gelungen, aber ich habe von Joe Hill nach „Teufelszeug“ und „Christmasland“ nichts anderes erwartet und freue mich, dass er ein neues Zuhause gefunden hat.
Ich vergebe 4 von 5 Miezekatzen und bin gespannt auf „Vollgas“ .

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