„Beobachtungen aus der letzten Reihe“ – Neil Gaiman

“ … Und während ich das schreibe, kehren all diese Buchhandlungen zu mir zurück, die Regale und die Menschen … und vor allem die Bücher mit ihren leuchtenden Covern, die Seiten voller unendlicher Möglichkeiten. Was für ein Mensch wäre ich wohl ohne diese Regale geworden, ohne diese Leute, ohne diese Orte und ohne diese Bücher?
Ich glaube, ich wäre einsam geworden. Ich hätte mich leer gefühlt und nach etwas gesehnt, was ich nicht in Worte hätte fassen können. …“ (Seite 50)  

Warum Lesen uns zu besseren Menschen macht – Ein Einblick in die Gedanken des Bestsellerautors …

Neil Gaiman gehört zu den großen Erzählern unserer Zeit. Seit seiner Kindheit sind Geschichten für ihn Zufluchtsorte und lebensnotwendig. In dieser Sammlung von Artikeln, Essays und Reden beschäftigt sich Gaiman mit Literatur, dem Schreiben, der Kunst und Fantasie. Er spricht über Autoren und Werke, die für ihn prägend waren und geblieben sind, über die Rolle des Lesens und wie es uns zur Empathie und Meinungsbildung befähigt.

Mal eindringlich und weise, mal spielerisch und humorvoll, erkundet Gaiman die Dinge, die ihn bewegen, und schenkt dem Leser einen Einblick in seine ganz persönlichen Gedanken.

Als Autor wird man immer wieder zu Veranstaltungen eingeladen, muss Reden halten und Vorworte verfassen und genau die hat Neil Gaiman über all die Jahre gesammelt. Auf seine ganz eigene Art schreibt er über seine Kindheit, Buchhandlungen, Comics, Vorbilder und Weggefährten, Filme, Musik, Verantwortung und vieles mehr.

Egal ob er Coraline auf die Suche nach ihren Eltern schickt, Thor seinen Hammer schwingen oder Kain mal wieder seinen Bruder Abel erschlagen lässt, ich liebe Neil Gaimans Bücher und höre ihm gern zu, er ist so herrlich sarkastisch, hat sich aber gleichzeitig sein inneres Kind bewahrt. Er lässt den Charakteren in seinen Büchern wirklich übles zustoßen, so wie Shadow Moon in „American Gods“ und schreibt gleichzeitig tolle Kinderbücher. Ein Widerspruch? Irgendwie schon, aber auch wieder nicht.
Um einen Blick hinter die Fassade zu werfen, den Mann hinter den Geschichten etwas besser kennen zu lernen, habe ich natürlich zu einem Buch gegriffen, das bietet sich ja irgendwie an und ich mag es, wenn Neil aus dem Nähkästchen plaudert. In „Beobachtungen aus der letzten Reihe“ gibt es eine Menge zu erfahren, Gaiman erzählt über seine Kindheit, seine Ausflüge in Buchhandlungen, über Filme und Music, Comics. Er ermutigt seine Leser, sich treu zu bleiben, ihren eigenen Weg zu finden, zu scheitern und lästert in meinem Lieblingskapitel über die Oscar-Verleihung 2010 und deren dämliche Regeln, ich musste einfach immer wieder grinsen.

“ … Ich beschließe, das Publikum der ersten Empore dazu anzustacheln, geschlossen die Treppe zu stürmen wie in Titanic. Vielleicht erschießen sie ein paar von uns, aber sie können uns nicht alle aufhalten. Wir können frei sein; wir können unten an der Bar etwas trinken. …“ (Seite 525)

Dann gibt es andere Rückblicke, die einen schlucken lassen, wie der Ausflug in ein Flüchtlingslager und die Zustände dort, auch das gehört dazu.
Aber vor allem schreibt er über Bücher und Autoren, die ihn inspiriert haben, seine Begeisterung ist ansteckend und immer wieder bin ich überrascht, wie breit gefächert sein Wissen ist.
Wenn mich vor ein paar Jahren hat, welchen Autor ich gern einmal treffen würde, kam meine Antwort darauf immer wie aus der Pistole geschossen: Stephen King, immerhin bin ich mit seinen Werken aufgewachsen. Aber auch wenn ich den Meister immer noch großartig finde, wäre meine Antwort heute wohl Neil Gaiman, einfach, weil ich ihm stundenlang zuhören könnte, er ist ein großartiger Erzähler, außerdem schafft er es immer wieder, mich
zu überraschen. Und da ich als Kind einen Großteil meiner Freizeit in der Bibliothek verbracht habe, fühle ich mich ihm ein bisschen verbunden, ich bin wohl auch ein kleiner Freak.^^

Ein gelungener Ausflug in Neil Gaimans Gedankenwelt, mal ironisch, mal rührend, aber immer toll erzählt, ein Hoch auf Bücher und ihre Erschaffer, auf Kunst, Individualismus und den Mut, an sich selbst zu glauben. Für einige mag das ziemlich trockener Stoff sein, mir hingegen hat es den Menschen hinter dem bekannten Namen ein wenig näher gebracht und dafür vergebe ich 4,5 von 5 Miezekatzen.

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