„Blutmariechen“ – Martina Straten

“ … Ihre Beine tanzten ganz automatisch.
Hoch, runter, hoch, runter, halbe Drehung, links, Arme seitwärts, wieder hoch, runter, hoch …
Ihr Atem ging keuchend.
Das, was für andere vor dem Fernseher so leicht und beschwingt aussah, war Hochleistungssport. …“ (Seite 23)

Sie tanzen ihren letzten Tanz – nur für ihn
Die Mädchen sind jung, sie sind schön und sie haben eines gemeinsam: Ihre Leidenschaft für das Tanzen.
Diese Liebe wird ihnen zum Verhängnis, denn da ist ein Mann, der einen unstillbaren Hass in sich trägt.
Ihr letzter, blutiger Tanz hat eine grausame Choreografie und nur einen Zuschauer.
Bis eine kommt, die nichts mehr zu verlieren hat…

Martina Straten zeichnet das Psychogramm eines Killers und fragt: Was muss passieren, damit ein Mann zum Mörder wird ?

Anna ist 16 als sie an einer Haltestelle auf Simon trifft. Sie hat ihr Armband verloren, ein Geschenk ihrer Mutter, die Dank Brustkrebs mit dem Tod ringt.
Der freundliche Mann bietet ihr an, weiter danach zu suchen, als Annas Bahn kommt. Er will sich bei ihr melden, falls er etwas finden sollte, so rückt sie ohne zu zögern ihre Handynummer heraus und er findet das Schmuckstück tatsächlich.
Allerdings meint Simon es keineswegs gut mit Anna, das Mädchen in der Garde-Uniform ist ihm sofort aufgefallen und er hasst Frauen, die Tanzen …  

Martina Straten lässt in „Blutmariechen“ vor allem einen zu Wort kommen, den Täter. Der Leser verfolgt seine Geschichte von Kindesbeinen an und merkt recht schnell, was in seiner Kindheit schiefgelaufen ist, was diesen Hass aufs Tanzen in ihm geweckt hat. Trotz allem habe ich keinerlei Mitleid mit ihm, er ist ein gefühlloses, kaltherziges Individuum. Natürlich ist auch sein Umfeld an seiner Entwicklung nicht  unschuldig, aber was aus einem Menschen wird, entscheidet er selbst. Und Simon, nun ja, er ist halt gut darin, nach außen normal zu wirken, während tief in ihm ein unbändiger Hass lodert, den bekommen seine Opfer auf ganzer Linie zu spüren.
Bei den Mädchen hat sich Martina Straten sehr unterschiedliche Charaktere erschaffen, sie haben alle eine eigene Geschichte und handeln auch dementsprechend. Im Gegensatz zu Simon tun sie mir unheimlich leid, wobei die eine oder andere doch arg naiv ist, auch Anna.
Einerseits ist sie so selbstständig und gefasst, aber dann plötzlich furchtbar naiv und auch wenn sie wegen ihrer Mutter natürlich sehr mitgenommen ist, passen ihre Handlungen für mich manchmal einfach nicht zusammen, das tut der Spannung allerdings keinen Abbruch.
Dass die Gardetänzerin Simons neues Spielzeug werden soll, ist von Anfang an klar, trotzdem lässt die Autorin die Leser lange zappeln. Man wartet darauf, dass Anna in die Fänge des Killers gerät, stattdessen gibt es immer wieder Ausflüge in seine Vergangenheit, die erklären, warum er so handelt. Diese Kapitel haben mir persönlich am Besten gefallen, wahrscheinlich, weil mir Anna etwas zu perfekt war, die Übertochter schlechthin.
Der ständige Wechsel zwischen den Charakteren erweist sich bei „Blutmariechen“ als sehr gute Wahl, denn so erfährt man schrittweise immer mehr über die Geschichte der beiden Hauptcharaktere, aber eben auch über die anderen Opfer, die hier mehr sind als nur Namen, die kurz an Rande auftauchen, mir hat das sehr gut gefallen.

Auch wenn ich mit Anna, den „Tanzmariechen“ ein paar Schwierigkeiten hatte, fand ich die Story sehr fesselnd, gerade weil dem Täter hier sehr viel Raum gegeben wird, aber eben nicht, um seine Taten bis ins kleinste Detail zu schildern, sondern weil versucht wird, seinen Hintergrund auszuleuchten, Antworten darauf zu finden, warum er so handelt.
Ob man das nachvollziehen kann oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen, von mir jedenfalls gibt es für „Blutmariechen“ 4 von 5 Miezekatzen. 

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