„Der große Sommer“ – Ewald Arenz

“ …  Es war dieser eine Sommer, wie es ihn wahrscheinlich nur einmal im Leben gibt. Dieser eine Sommer, den hoffentlich jeder hat; dieser eine Sommer, in dem sich alles ändert. Ja. Vielleicht ist es nicht die Trauer allein, sondern die Sehnsucht nach diesem Sommer – nach diesem unwiederbringlichen, zittern schönen Zauber der ersten Male. …“ (Seite 11) 

Die Zeichen auf einen entspannten Sommer stehen schlecht für Frieder: Nachprüfungen in Mathe und Latein. Damit fällt der Familienurlaub für ihn aus. Ausgerechnet beim gestrengen Großvater muss er lernen. Doch zum Glück gibt es Alma, Johann – und Beate, das Mädchen im flaschengrünen Badeanzug. In diesen Wochen erlebt Frieder alles: Freundschaft und Angst, Respekt und Vertrauen, Liebe und Tod. Ein großer Sommer, der sein ganzes Leben prägen wird.
Hellsichtig, klug und stets beglückend erzählt Ewald Arenz von den Momenten, die uns für immer verändern.

Schlechte Schulnoten zwingen Frieder in die Nachprüfungen, lernen ist angesagt. Im Familienurlaub mit den Geschwistern ist das eher schwierig und so muss er zu Hause bleiben oder besser bei seinen Großeltern. Ein gewaltiges Problem, denn Frieder liebt zwar seine Nana, sein Großvater, ein Arzt, ist allerdings ein komischer Kauz mit eigenartigen Ansichten, der niemanden an sich heranlässt. Doch anders als erwartet, muss er nicht den ganzen Tag büffeln und hat so genug Zeit, sich mit seinen Freunden zu treffen, die Ferien zu genießen und sogar dem Mädchen seiner Träume zu begegnen. Doch wo Licht ist, gibt es immer auch Schatten, selbst in den Ferien …

Irgendwann im Leben kommt man an einen Punkt, an dem man immer wieder wehmütig auf seine Kindheit zurückblickt und auch ich habe den inzwischen erreicht. Wahrscheinlich hat mich „Der große Sommer“ auch deswegen so berührt. Aber vor allem, weil ich fast alles, was Frieder in jenem Sommer erlebt, mitfühlen konnte, weil viele seiner Erinnerungen auch den meinen entsprechen.
Immer wieder musste ich an endlos lange Tage im Freibad denken, an die Panik, was die Eltern wohl zu einer schlechten Schulnote sagen werden und natürlich an Freunde, mit denen ich so viel Unsinn angestellt habe.
Es war eine tolle Zeit, aber eben auch eine Zeit voller Entscheidungen, Zweifel und Verlusten und all dem muss sich Frieder stellen, auch wenn er am Ende des Schuljahres noch nicht mal ansatzweise damit rechnet. Als 15-jähriger Junge, den Kopf voller Flausen, startet er in die Ferien und wird innerhalb weniger Wochen erwachsen.
Das Cover finde ich hier übrigens sehr passend. Im Freibad steht Frieder auf dem Sprungturm und kämpft mit sich, soll er sich in die unbekannte verlockende Tiefe stürzen oder nicht? Und er springt, wieder und wieder, mal vom Turm, mal im übertragenen Sinn, aber immer mit seinen Freunden an der Seite, mit Beate, Johann und seiner älteren Schwester Alma, zu der er ein inniges Verhältnis hat. Alle Figuren dieses Buches sind greifbar, man glaubt fast, den einen oder anderen tatsächlich zu kennen, weil einfach jeder so jemanden im Freundeskreis hatte, das macht sie alle so lebendig, so real. „Der große Sommer“ ist eine Hommage an die Liebe, die Freundschaft und das Leben mit all den Stolpersteinen, die es einen in den Weg legt. Eine Verbeugung vor der Familie, auch wenn sie nicht perfekt ist und die Erinnerung daran, wie leicht es ist, jemanden zu verurteilen ohne die Gründe für sein Handeln zu kennen.

„Der große Sommer“ war ein Blindkauf, ich mochte das Cover, der Klappentext klang interessant. Was mich mit dem Buch erwartet, habe ich nicht geahnt. Ich habe mich mit Frieder unheimlich verbunden gefühlt, habe mit ihm gelacht, gehofft, geweint, einige Dinge sind mir wirklich nahe gegangen. Ewald Arenz erzählt eine Geschichte, die das Leben schrieb und kleidet sie in wundervoll poetische Worte. Gut, einige Dinge gegen Ende fand ich etwas übertrieben, aber das ist Meckern auf hohem Niveau.
Von mir gibt es 4,5 von 5 Miezekatzen und eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die gern in Kindheitserinnerungen schwelgen. Außerdem muss ich unbedingt den Autor im Auge behalten, denn sein Schreibstil ist einfach großartig. 

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