„Cold Moon over Babylon“ – Michael McDowell

“ … Tropfen gerieten Margaret in die Augen und sie blinzelte sie fort. Aber während sie blinzelte, wurde sie losgelassen. Sie drehte den Kopf und sah, wie die Sandbank schnell näher kam. Sie dachte an die Piratenkisten voller Gold und Edelsteine, die sie und Jerry nie gefunden hatten, und sie dachte …“ (Seite 48)

In der kleinen ruhigen Stadt Babylon in Alabama wütet seit Monaten ein Mörder.

Evelyn Larkin wartet darauf, dass ihre Enkelin nach Hause kommt. Doch Margaret wird es nie über die Brücke zum Haus ihrer Großmutter schaffen. Die 14-Jährige wird missbraucht und ihre Leiche in den Styx River geworfen, gefesselt an ihr eigenes Fahrrad.
Erneut benutzt der Mörder den Fluss, um alle Beweise zu versenken. Aber der Styx River ist die Quelle einer übernatürlichen Kraft. Und je mehr Unschuldige auf seinem Grund ruhen, umso stärker wird sie.
Im kühlen Wasser nimmt langsam eine sich verändernde, fast menschliche Gestalt Form an. Und wenn der Vollmond über Babylon aufgeht, fordert der Fluss schreckliche Sühne …

Evelyn Larkin und ihre Enkel Jerry und Margaret leben von ihren Blaubeeren, doch der Ertrag der Sträucher wird von Jahr zu Jahr geringer, sie stehen bei der Bank in der Kreide, kurzum, das Leben ist kein Zuckerschlecken. Und dann kommt Margaret eines Abends während eines Unwetters nicht von der Schule nach Hause. Erst tröstet sich ihre Großmutter damit, dass sie bei einer Freundin übernachtet hat, aber Margaret wurde auf der Brücke kurz vor ihrem Zuhause gesehen. Und dann wird Evelyns schlimmster Albtraum wahr, die Leiche ihrer Enkelin wird aus dem Fluss gefischt.

Nachdem ich den ersten Band von „Blackwater“ förmlich verschlungen habe, weil mich der Schreibstil von Michael McDowell so mitgerissen hat, musste ich einfach zu „Cold Moon over Babylon“ greifen, schließlich stand das Buch fast 3 Jahre ungelesen im Regal, völlig zu Unrecht, völlig zu Unrecht wieder einmal.^^
Dabei ist es nicht einmal unbedingt die Geschichte, die so fesselt, denn wie das Ganze ausgeht, ahnte ich schon recht früh. Trotzdem begleitete ich die Familie Larkin gefesselt von einem Unglück zum nächsten und frage mich immer wieder, ob das Leben einem noch unfairer mitspielen kann. Schon die Eltern von Jerry und Margaret sind durch einen dummen „Unfall“ auf dem Fluss ums Leben gekommen und dann findet auch Margaret dort auf sehr unschöne Weise den Tod. Ja, das Buch macht es einem schwer, an Gerechtigkeit zu glauben, wenn immer wieder die Hilflosen zu Opfern werden, man ist wütend, fühlt sich hilflos und ahnt, dass es noch schlimmer kommt. Und dann ist da die andere Seite, die wundervoll bildhaften Beschreibungen des Autors. Ich habe mich teilweise gefühlt, als würde ich am Ufer des Styx spazieren gehen, einen Blick auf die Sandbänke werfen oder der örtlichen Bank einen Besuch abstatten. Ähnlich erging es mir mit den Charakteren. Die Laskins kommen aus einfachen Verhältnissen, sind aber liebenswert und das macht das Geschehen so schwer verdaulich.  Immer wieder wollte ich Jerry einfach nur trösten oder mich mit Evelyn auf Spurensuche begeben. Aber das Schicksal hat anderes mit ihnen vor
und das muss ich schlucken, ob es mir gefällt oder nicht. Wer Margaret auf dem Gewissen hat, ist schon bald klar, das tut der Story aber keinen Abbruch, im Gegenteil, ich habe fassungslos sein weiteres Vorgehen verfolgt.
„Cold Moon over Babylon“ ist in der limitierten Pulp Legends Reihe des Festa Verlages erschienen und da es von Michael McDowell noch ein paar hier unveröffentlichte Bücher gibt, hoffe ich, dass auch die dort ein Zuhause finden werden.

Michael McDowell hat über einen unheimlich tollen Schreibstil, er ließ mich komplett in sein Buch eintauchen, mit seinen Figuren leiden und an so viel Ungerechtigkeit fast verzweifelt. Dass der Ausgang der Geschichte vorhersehbar ist, fällt dabei kaum ins Gewicht. Wer also Wert auf eine stimmungsvolle und doch spannende Geschichte legt, sollte hier unbedingt zugreifen, ich vergebe 4 von 5 Miezekatzen.

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