„Du darfst nicht alles glauben, was du denkst“ – Kurt Krömer

“ … Später auf dem Nachhauseweg dachte ich darüber nach, wann ich zum letzten Mal gelacht hatte. Es fiel mir nicht ein. Vielleicht hatte ich so getan, als hätte ich gelacht, aber so richtig gelacht hatte ich nicht. Und dann fing ich wieder an zu weinen. Und dann musste ich lachen. Ich habe bitterlich geweint, weil ich lachen musste. Ich habe gelacht, weil ich bitterlich weinen musste. … “ (Seite 114)

»Ich war dreißig Jahre depressiv. Ich muss damit leben. Und ich habe keinen Bock, das zu verheimlichen.«
Alexander Bojcan ist trockener Alkoholiker, alleinerziehender Vater und er war jahrelang depressiv. Auf der Bühne und im Fernsehen spielt er Kurt Krömer. Er will sich nicht länger verstecken. »Du darfst nicht alles glauben, was Du denkst« ist der schonungslos offene und gleichzeitig lustige Lebensbericht eines Künstlers, von dem die Öffentlichkeit bisher nicht viel Privates wusste. Dieses Buch ist kein Leidensbericht, sondern eine komische und extrem außergewöhnliche Liebeserklärung an das Leben und die Kunst.

Die Beziehung zerbrochen, das Verhältnis zu den vier Kindern nicht unbedingt optimal, die Fernsehaufzeichnungen nur noch ein Krampf, irgendwann muss Alexander Bojcan alias Kurt Krömer einfach einsehen, dass es so nicht weitergeht. Er muss sich eingestehen, dass er unter einer Depression leidet und endlich etwas dagegen tun.

Ich mag Torsten Sträter und so konnte ich mir natürlich auch seinen Auftritt bei „Chez Krömer“ nicht entgehen lassen. Die beiden haben perfekt miteinander harmoniert und als Kurt Krömers Buch über seine Depression erschien, landete es sofort in meinem Regal. Seine etwas flapsige Art blitzt auch in „Du darfst nicht alles glauben, was du denkst“ immer wieder durch, auch wenn das Thema kein lustiges ist. Und trotzdem musste ich hin und wieder grinsen, auch wenn der Komiker aus seiner Verzweiflung keinen Hehl macht und teilweise sehr ernste Töne anschlägt. Dabei gewährt er dem Leser einen für ihn ungewohnt tiefen Einblick in sein Leben, nimmt ihn mit auf seinem Weg. Natürlich sieht der etwas anders aus als der des Otto  Normalbürgers, der mit Sicherheit um einiges länger auf Termine wartet und auch kein Kindermädchen hat, dass im Urlaub für Ruhe sorgt.
Und dennoch finde ich es wichtig, dass gerade Leute die man, kennt Stellung beziehen, von ihren Erfahrungen berichten, Mut machen. Die Biografie nicht unter dem eigenen Namen, sondern dem der von ihm erfundenen Kunstfigur herauszubringen, macht hier durchaus Sinn, denn von der Popularität mal abgesehen, hat Alexander Bojcan soweit ich weiß immer als Kurt Krömer über seine Krankheit geredet. Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass es auch eine ganz eigene Art ist, trotzdem mit einen gewissen Abstand auf die ganze Sache zu blicken.
Niemand ist perfekt, wir alle haben unsere guten und schlechten Seiten, aber es ist wichtig, mit sich selbst im Reinen zu sein, gerade in der heutigen Zeit ist das eine sehr wichtige Botschaft.
Ich bin nicht selbst betroffen, aber ich habe in meinem Freundeskreis auch Leute mit Depressionen und ich glaube tatsächlich, der wichtigste Schritt ist es, sich selbst einzugestehen, dass man überhaupt ein Problem hat und sich Hilfe suchen muss. Das  ist keine Schande und ich hoffe wirklich, dieses Buch bringt den einen oder anderen dazu, über seine Lebenssituation nachzudenken.

„Du darfst nicht alles glauben, was du denkst“ ist natürlich keine hochtrabende Literatur, poetisch ausformulierte Sätze sucht man hier vergebens und die wären hier auch völlig fehl am Platz. Der Schreibstil ist locker, doch auch wenn das Buch weniger als 200 Seiten hat, musste ich es ein paar Mal zur Seite legen und erstmal über so einige Dinge nachdenken. Schon allein dafür gibt es einen fetten Daumen nach oben und am Ende 4,5 von 5 Miezekatzen.

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