„Mr. Tillings Keller“ – Edward Lee

“ …  So passend diese Bestrafung auch sein mochte, war sie doch ein wenig zu viel für Tillings sensibles Gemüt. Er machte, dass er nach draußen kam.
Das ist also die Hölle, dachte er bei sich. Ich sollte lieber anfangen, zur Kirche zu gehen …“ (Seite 82)

Stell dir vor, eine schöne Frau klopft an die Tür deines beschissenen neuen Hauses und bietet dir an, für ein paar Dollar etwas mehr über das Haus zu verraten. Dann zeigt sie dir einen geheimen Raum im Keller, in dem der frühere Besitzer okkulte Rituale durchführte.
Wärst du so neugierig, den Keller mit ihr zu erkunden?
Falls du ein griesgrämiger und geiler Professor im Ruhestand bist wie Herman Tilling, würdest du das ganz sicher tun! Aber rechne nicht damit, dass dieses Abenteuer so endet, wie du es gerne hättest …

„Mr. Tillings Keller“ enthält 4 abgedrehte Kurzgeschichten von Edward Lee. Neben einem älteren Herren, der sich von seiner sexy Nachbarin über die Geschichte seines neu erworbenen Hauses aufklären lässt, geht es außerdem um ein Camgirl, dass  als Haussitterin eingestellt wird, einen  amerikanischen Touristen, der nach Polen zurückkehrt, um sich mal wieder so richtig auszutoben und einen Polizisten, der eine sehr seltsame Aussage macht. 

Um Edward Lee war es recht lange still, umso mehr habe ich mir gefreut, als in der Festa Extrem Reihe ein neuer Titel angekündigt wurde. Die titelgebende Geschichte ist zugleich die längste und blutigste. In ihr macht ein älterer Herr die Bekanntschaft seiner jungen Nachbarin Tevi, die früher  Pornofilme gemacht hat und ihm nun gegen Bezahlung erzählt, was früher im Keller seines Hauses so abging. Dabei spielen Rituale, Kultisten, Folter und die Hölle eine tragende Rolle, typischer Lee Stoff eben. Und auch wenn es für mich die schwächste Kurzgeschichte war, fand ich es faszinierend, mit Herman Tilling durch die Straßen der Hölle zu schlendern, denn die ist definitiv einen Ausflug wert.
Mein Favorit war allerdings „Die Haus-Sitterin“ ein weiterer Ausflug in den Okkultismus und wesentlich unterhaltsamer als „Ein amerikanischer Tourist in Polen“, da gab es meiner Meinung nach einfach zu viele willige Frauen mit großer Oberweite. Vielleicht ist das als Mann unterhaltsam, keine Ahnung, ich bin keiner, aber mich hat es irgendwann einfach nur genervt. Ja, der Autor schreibt immer recht schlüpfrige Storys und in der Regel sind die auch sehr unterhaltsam, aber teilweise war es für mich hier etwas zu viel des Guten. Und weil ich schon am Meckern bin, „Die Aussage des Sergant Justin Jessop von der Polizei in Innsmouth“ beginnt so toll, ich fand die Interviewform hier sehr clever gewählt und dann kommt das Ende, das mich irgendwie an einen gewissen M. Night Shyamalan Film erinnert hat. Unbefriedigend irgendwie …
Alles in allem bekommt der Leser genau das geboten, was er von Edward Lee gewohnt ist, Sex, Blut und ein wenig Hinterwäldler-Slang, allerdings fand ich persönlich die anderen beiden Kurzgeschichten-Bände besser und auch ekliger, gerade wenn ich an „Mister Torso“ denke. 😉   

Endlich mal wieder etwas Neues vom Meister des Ekels in Form von 4 Kurzgeschichten in typischer Lee Manier, wobei ich gestehen muss, dass ich hin und wieder seinen Humor als Ausgleich zu all der Brutalität vermisst habe. Die titelgebende Story war dabei für mich zugleich auch die schwächste, vielleicht, weil das Ende so offensichtlich war. Aber hey, ein Lee ist immer noch ein Lee, man weiß, was man bekommt.  Trotzdem war „Mr. Tillings Keller“ für mich jetzt nicht unbedingt Lees bestes Werk, ich vergebe dafür  3,5 von 5  von 5 Miezekatzen. 

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