„Kellergrab“ – Paul Cleave

“ … Etwas im Haus hat sich verändert. Ich brauche eine Weile, bis ich es merke: Es herrscht eine andere Atmosphäre. Zachs Abwesenheit ist deutlich spürbar. Zudem hat die Tragödie eine Art emotionales Monster hervorgerufen, das in den dunklen Ecken lauert. …“ (Seite 145)

Wer könnte perfider morden als ein Thriller-Schriftsteller? Oder am besten gleich ein Autorenpaar? Cameron und Lisa Murdoch sind so ein Paar und behaupten, sie könnten ein perfektes Verbrechen begehen. Als ihr Sohn verschwindet, scheint aus blutigen Geschichten Ernst zu werden.

Es beginnt eine öffentliche Hetzkampagne gegen das Ehepaar, die die Welt von Lisa und Cameron zusammenstürzen lässt. Sind die beiden tatsächlich eiskalte Killer? Da beginnt eine Mordserie. Die Opfer: böse Menschen, sehr böse Menschen. Doch es gibt immer jemanden, der noch böser ist … und der es liebt, Blut zu vergießen!

Cameron und Lisa Murdoch schreiben gemeinsam Thriller, ihre Bücher sind erfolgreich und in einem Interview witzeln sie, dass sie das perfekte Verbrechen begehen könnten.
Als ihr kleiner Sohn Zach aus seinem Bett verschwindet, wird ihnen diese Aussage zum Verhängnis, denn nachdem die Polizei keine Spuren findet, sind die Eltern natürlich die Hauptverdächtigen. Dummerweise gibt es von Cameron auch noch ein Video, dass ihn nicht unbedingt von seiner besten Seite zeigt. Nachbarn und Bekannte wenden sich ab, der wütende Mob patroulliert vorm Haus und schließlich kommt es zu ersten Übergriffen.

Zach ist ein schwieriges Kind, das bekommen seine Eltern immer wieder zu spüren. Als er seinem Vater Cameron abends eröffnet, dass er weglaufen wird, tut der das mit einer flapsigen Bemerkung ab, nicht ahnend, dass Zack am nächsten Morgen tatsächlich verschwunden ist. Für die Polizei sind Cameron und seine Frau Lisa die Hauptverdächtigen, immerhin schreiben sie Thriller und wissen so, wie man Menschen verschwinden lässt. Für die Presse ist der Fall ein gefundenes Fressen, Videos tauchen auf, Beschuldigungen werden ausgesprochen und schon bald sind die Murdochs das Hassobjekt der gesamten Nachbarschaft. Das Zach noch lebt, glaubt niemand, nur Cameron gibt die Hoffnung nicht auf.
Ich muss gestehen, zu Beginn hat „Kellergrab“ mich nicht unbedingt vom Hocker gerissen. Eine Kindesentführung, die Story plätschert so dahin, nicht langweilig, aber eben auch kein Kracher. Paul Cleave nimmt sich diesmal viel Zeit, seine Figuren vorzustellen, besonders seinem Ich-Erzähler Cameron widmet er sich dabei sehr intensiv.
Das Verschwinden von Zach ist nur der Aufhänger der Geschichte. Auf sehr unschöne Art zeigt der Autor, wie schnell ein bis dahin völlig unbescholtenes Ehepaar durch aus der Luft gegriffene Beschuldigungen und ein paar aufstachelnde Meldungen zum Opfer eines wütenden Mobs werden. Cameron muss mit all diesen Dingen fertig werden, dem Verlust, der Wut, der Hoffnungslosigkeit. Um daran nicht zugrunde zu gehen, beginnt er selbst Nachforschungen anzustellen, auf seine ganz eigene Art.
Wer sich bereits in der Mitte des Buches fragt, was jetzt noch kommen soll, da der Fall ja scheinbar geklärt ist, wird sich umgucken, denn ab da nimmt die Story so richtig Fahrt auf und Paul Cleave hat mich wieder und zwar so richtig. Das liegt zum einen an seiner Art zu schreiben, die ich schon seit „Der siebte Tod“ sehr mag, zum anderen an den Charakteren, unter denen es wie immer Vertreter der Gattung Mensch gibt, denen man am liebsten eigenhändig das Licht ausknipsen möchte, ja, teilweise hat es mich echt in den Fingern gejuckt.

„Kellergrab“ ist eine Geschichte voller Überraschungen, die recht ruhig anfängt, später aber zu Hochform aufläuft, so richtig fies wird und mich nicht mehr losgelassen hat. Auch wenn ich für den etwas trägen Einstieg einen halben Punkt abziehen muss, bleibt Paul Cleaves neuestes Werk auch mit 4 von 5 Miezekatzen eine absolute Leseempfehlung für Thriller-Fans.

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