„Dreck: Vergrabene Geheimnisse“ – A. S. King

“ … Ein Einzelkind zu sein ist so, als wär man dieser Typ aus David Bowies »Space Oddity«. Man schwebt allein in den Weltraum hinauf, und die Welt ist zwar wunderschön, aber man kann nichts tun als gegen die Schwärze anzusingen.
Zumindest wenn die Zeiten düster sind. Die Zeiten sind düster. … “ (Seite 277)

Dreck verbirgt alles – vor allem die verdorbene Wahrheit, die droht, ausgegraben zu werden …

An der Spitze der Familie Hemmings steht ein reiches Ehepaar – alte knauserige Bauern aus einer amerikanischen, weißen Vorstadt. Sie verwehren ihren eigenen Nachkommen das Vermögen, das sie zu Lebzeiten anhäuften.
Aber nicht nur Kartoffeln schlugen auf ihrer Farm Wurzeln, sondern auch Hass, Neid und Rassismus.

Amy Sarig King gehört laut der New York Times im Bereich der Jugendliteratur zu den besten zeitgenössischen Autoren. Dreck wurde ausgezeichnet mit dem Michael L. Printz Award.
Der Roman ist ein Leseerlebnis, nicht einfach, aber herausfordernd. A. S. King: »Das Buch soll unangenehm sein. Ich würde mich ja dafür entschuldigen, aber es tut mir nicht leid.«

Der Schaufler ist ein Junge, der mit seiner Mutter neu in die Stadt gezogen ist. Seinen Namen hat er mehr oder weniger seinem Nachbarn Mike zu verdanken, der ihm eine Schaufel geschenkt hat, die er jetzt überall mit hinnimmt.
Eines Tages trifft er auf der Straße auf Freak, ein seltsames Mädchen, zu dem er sich auf merkwürdige Weise hingezogen fühlt. Doch so schnell sie auftaucht, so fix verschwindet sie auch wieder, besorgt ihm aber vorher einen Job. So landet er bei Marla und Gottfried, einem alten Ehepaar, dass unbedingt bis zum Osterfest sein Haus gestrichen haben will, obwohl das eigentlich gar nicht nötig ist.

Oh man, „Dreck“ von A. S. King ist harte Kost und hat mir gerade zu Beginn einiges abverlangt. Das Buch ist anders, verworren, schon die Kapitelzusammenfassungen sind ungewöhnlich. Hinzu kommt, dass man von einigen Charakteren nie mehr als den Spitznamen erfährt und es so schwer ist, sie irgendwo einzuordnen. Überhaupt ist es schwierig einen roten Faden zu finden, denn die Autorin hüpft von Figur zu Figur, ein Zusammenhang bleibt aber lange verborgen.
Habe ich mich anfangs damit sehr schwer getan, macht schon bald genau das den Reiz der Geschichte aus. Es gibt hier so viele lose Fäden: den Schaufler mit seiner Mutter, bei denen das Geld ständig knapp ist, Freak, die sich durch die Welt „beamt“, Malcolm und sein kranker Vater, die verwahrloste Loretta Lynn mit ihrem Flohzirkus … und schließlich Marla und Gottfried, die eine zentrale Rolle spielen. Sie sind anders als „normale“ liebenswürdige Großeltern, werfen sich ständig gegenseitig irgendwelche Dinge vor und werden mir immer unsympathischer, je weiter die Geschichte fortschreitet, irgendwas in ihrem Leben ist schrecklich schiefgelaufen und das wird nach und nach aus der Dunkelheit ans Licht geholt, aus dem Dreck ausgebuddelt.
Diese Vorgang ist lang und schmerzhaft für alle Beteiligten. Wie bereits oben erwähnt, spielen Namen hier eher eine untergeordnete Rolle, wichtig sind allein die Figuren dahinter und deren zu Herzen gehende Schicksale. Denn was am Anfang durchgedreht und ziemlich verrückt klingt, ist tragisch und hallt lange nach. Es geht um dunkle Familiengeheimnisse, Hass, Rassimus, Missgunst, Erlösung, Vergebung  und um Zusammenhalt, der trotz allem Hoffnung macht.
Eine ungewöhnliche Geschichte die auf ebenso ungewöhnliche Weise erzählt wird und völlig zu Recht in der „Must Read“ Reihe des Festa Verlages erschienen ist.

Ich muss gestehen,ich hätte das Buch nach den ersten Seiten fast abgebrochen, zu wirr war mir das Ganze, zu zusammenhanglos. Jetzt im Nachhinein bin ich froh, dass ich mich tapfer durchgekämpft habe, denn „Dreck“ ist auf so vielen Ebenen berührend und die Figuren, die anfangs völlig durchgeknallt erscheinen, überraschen mit tragischen Schicksalen, die sie zu genau dem gemacht haben, was sie jetzt sind. Leichte Lektüre ist das Buch definitiv nicht, es verlangt seinen Lesern so einiges ab, zu Beginn vor allem Geduld. Dafür entschädigt sie es jedoch mit einer Geschichte, die auf eindringliche Art zeigt, wohin Hass und Neid führen können, aber auch, dass es immer einen Ausweg gibt.
Ich hätte „Dreck“ gern fünf Sterne gegeben, allein schon weil ich die Erzählweise großartig fand, aber der Anfang war echt verdammt zäh. So werden es am Ende 4 von 5 Miezekatzen.

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