„Little Eve: Kind der Schlange“ – Catriona Ward

“ … »Warum hat sie die Augen genommen?«, fragte mich der alte Mann.
»Sie dachte, es würde ihr Macht geben. Sie hat sich vor drei Jahren selbst ein Auge ausgestochen. es war nicht genug.« …“ (Seite 22)

Alles, was die Kinder kennen, ist die graue Insel Altnaharra, die einsam im dunklen Meer vor der Küste Schottlands liegt.
Neujahr 1921. Sieben verstümmelte Leichen werden in einem uralten Steinkreis auf einer schottischen Insel entdeckt. Die Opfer sind die Kinder eines Naturkults, der von der Otter regiert wird, einem sadistischen Patriarchen. Und das Wort der Otter ist Gesetz.
Vor der Welt verborgen, verehren die Kinder die Große Schlange, die im Ozean wohnt, tanzen im Morgengrauen auf den Felsen und opfern ihr Blut. Die einzige Überlebende des Massakers behauptet, Eve sei die Mörderin. Doch hinter Eves Geschichte verbirgt sich eine dunklere, seltsamere Wahrheit …

1921 kommt es auf Altnaharra, einer kleinen schottischen Insel, auf der eine sektenartige Gemeinschaft lebt, zu einem blutigen Zwischenfall, bei dem alle Bewohner bis auf die junge Dinah den Tod finden. Und die junge Frau weiß, wer für das Massaker verantwortlich ist: Eve, ihre einst beste Freundin. Aber was hat Eve dazu getrieben, ihre gesamte Familie umzubringen? Es wird Zeit, dass Dinah sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt.

Catriona Ward hat mich mit „Das letzte Haus in der Needless Street“ begeistert, natürlich musste auch ihr neuestes Buch aus dem Festa Verlag bei mir einziehender Nachfolger bei mir einziehen. Im August erscheint übrigens „Sundial – Das Haus in der Wüster“, auch das steht bereits auf meinem Wunschzettel.
„Little Eve“
beginnt düster, mit dem Mord an den Mitgliedern eines Kultes, der die große Schlange anbetet, die eines Tages aus dem Meer auftauchen wird. Die wenigen Mitglieder unter der Führung von John Bearings, auch Onkel oder Otter genannt, lebten zurückgezogen auf einer kleinen schottischen Insel. Jetzt sind alle tot, alle, bis auf Dinah und Eve, die verschwunden ist.
Der Einstieg in die Geschichte ist nicht leicht. Alles beginnt mit Dinah, die sich an die Morde einige Jahre zuvor zurückerinnert und an ihre Zeit mit Eve, ihrer besten Freundin, beide kommen in den Rückblicken abwechselnd zu Wort, schildern die Ereignisse aus ihrer Sicht. Zusammen mit den anderen Kindern der Schlange leben die beiden Mädchen abgeschottet auf der Insel, haben seltsame Rituale und eine teilweise sehr altertümliche Sprache, so sind Jahre beispielsweise Wenden. Das unterstreicht einerseits, dass sie sich in ihrer eigenen kleinen Welt befinden, sorgt aber andererseits dafür, dass man hin und wieder mal nachdenken muss, was eigentlich gemeint ist. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, steigt man Schritt für Schritt hinab in ein dunkles Reich, in dem strikte Regeln gelten. Werden die nicht befolgt, gibt es harte Strafen. Wer jetzt allerdings auf eine blutige Story hofft, den muss ich enttäuschen, denn die Autorin verzichtet fast komplett auf Gewalt. Stattdessen beschreibt sie poetisch die Küstenlandschaften, ein krasser Gegensatz zum Geschehen. Die wirklich schlimmen Dinge werden nur angedeutet, spielen sich im Kopf des Lesers ab. Und da gibt es Einiges, das schwer zu Verdauen ist, angefangen bei körperlich und seelischem Missbrauch bis hin zu Manipulation. „Little Eve“ zeigt, dass es nicht viel braucht, um uns zu beeinflussen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, er kehrt meist lieber zu bekannten, schmerzhaften Regeln zurück als sich komplett neu zu orientieren, auch wenn er die Gelegenheit dazu bekommt. Für dieses vertane Chance auf einen Neuanfang steht hier Christopher Black, der in dem Mordfall ermittelt, ein Charakter, den ich sehr ins Herz geschlossen habe. Neben Eve natürlich, die man im Laufe der Zeit mit anderen Augen sieht. Sie ist eine starke und dennoch zerbrechlich wirkende Figur, die über die Jahre so viel erdulden muss. Aber ist sie auch eine Mörderin?

Wie oben bereits angedeutet, setzt sich „Little Eve“mit einigen Themen auseinander, die nicht für jeden geeignet sind, dessen sollte man sich bewusst sein, bevor man zum Buch greift. Es ist keine Geschichte für zwischendurch, sie geht tief, macht betroffen und hält uns einen Spiegel vor, in den wir nicht immer gern sehen. Wer damit kein Problem hat, wird mit in einen poetisch angehauchten, aber dennoch dunklen Abgrund gezogen, aus dem es kein Entkommen gibt. Für mich nicht ganz so gut wie „Das letzte Haus in der Needless Street“, aber immer noch ein verdammt guter Thriller, der zu überraschen weiß und mir 4 von 5 Miezekatzen wert ist.

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