„Walter“ – Dr. Jan Elia

“ … Er sah die Ähnlichkeit des begradigten Flusses mit seinem eigenen Leben, beide in einem Stillstand und umgeben von der Dunkelheit, die so weit reichte, dass auch dahinter nur Dunkelheit zu existieren schien. …“

Dieser Thriller handelt von Walter, der als Kind missliebigen Menschen den Tod wünscht, woraufhin diese zufällig sterben. Später studiert er Medizin. Aus dem begabten Arzt wird ein Serienmörder, der seine Morde so ausgeklügelt inszeniert, dass sie in ihrer Perversität ihresgleichen suchen. Sie entspringen der abgrundtief hasserfüllten Psyche des Protagonisten und sind allesamt medizinisch authentisch dargestellt, so absurd, verstörend und unmöglich sie auch erscheinen mögen.
Das Buch kann bei einigen LeserInnen Unbehagen auslösen.

Ein düsterer Abgrund aus Hass und Obsession: Dr. Jan Elias meisterhafter Psychothriller »Walter«

Walter ist ein Kind, das keine Freude kennt, Als kleiner Junge von Vater verprügelt, wird er zu einem verbitteten Mann, der seine eigene Spezies verabscheut. Und so wird er Arzt, aber natürlich nicht um den Menschen zu helfen, sondern sich besonders fiese Folterungen auszudenken und sie dabei so lange wie möglich am Leben zu erhalten.

Unsere Kindheit prägt uns, dem kann und will ich gar nicht widersprechen. Aber ist sie wirklich der Grund dafür, dass aus verschüchterten Nachkommen bestialische Serienkiller werden?
Walter ist der Sohn eines kaltherzigen Bauern, dem seine Kinder egal sind, statt Liebe gibt es Schläge. Als kleines Kind lernt er schnell, den Kontakt mit seinem Vater weitestgehend zu meiden. Außerdem hat der Junge eine Superkraft, er kann Leuten den Tod wünschen und dann sterben sie plötzlich. Das klappt zwar nicht immer, ist aber ausbaufähig. Menschen mag Walter generell nicht, was liegt also näher als Medizin zu studieren, um die erlernten anatomischen Kenntnisse dazu zu verwenden, seine ungeliebten Artgenossen so richtig schön zu quälen? Also sucht sich willkürlich Opfer und lässt diese auf grauenvolle Art und Weise sterben. Ich muss zugeben, die Todesarten, die er sich überlegt, sind durchaus fantasievoll, machen aber eben auch
schon fast die gesamte Geschichte aus. Man könnte fast meinen, es handle sich um eine Schritt für Schritt Anleitung um möglichst grauenvoll zu Töten. Auch wenn das jetzt vielleicht so klingen mag, ich hab nichts gegen Gewalt in Büchern, es darf gern etwas härter sein, solange das Ganze relevant für die Story ist. Hier werde ich aber das Gefühl nicht los, dass eben diese Grausamkeiten fast schon die gesamte Handlung ausmachen. Sie ziehen sich als roter Faden durch das Buch, der Rest ist eher zäh, dreht sich immer wieder um den inneren Kampf des Protagonisten, seine Unzufriedenheit mit sich selbst, dem Leben, seinen Mitmenschen. Das hätte spannend werden können, ist es für mich aber leider nicht. Außerdem wird mir persönlich zu wenig auf seine Opfer eingegangen. Ein weiterer Kritikpunkt ist diegewöhnungsbedürftige Erzählweise, es wird munter in der Zeit hin und her gesprungen. Mit zwei Zeitebenen, also Walter in der Vergangenheit und in der Gegenwart, hätte ich kein Problem gehabt, aber Walter begeht seine Verbrechen, dann gibt es zwischendurch immer mal wieder einen Rückblick in seine Kindheit und später wird der Mord dann nochmal aufgearbeitet, ab und an hat mich das wirklich verwirrt. Versteht mich nicht falsch, ich hab natürlich keine tiefgründige Story erwartet, aber etwas mehr hätte es schon sein dürfen. Wem es reicht, über teilwiese wirklich eklige und sehr einfallsreiche Todesarten zu lesen, der wird hier definitiv auf seine Kosten kommen, mir ist das allerdings zu wenig.

Die Story hatte Potenzial, Walter ist ein durchaus einprägsamer Charakter, der dem Morden eine ganz neue Dimension gibt. Leider fand ich die Umsetzung nicht wirklich gelungen. Die ständigen Zeitsprünge haben meinen Lesefluss erheblich gestört und anstatt das Töten fast schon zu zelebrieren und jeden kleinen Handgriff zu beschreiben, hätte ich mir hier mehr Hintergrund zu den Opfern gewünscht, aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Mehr als 3 von 5 Miezekatzen sind für mich hier nicht drin.

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