„Der Knochenwald“ – Christina Henry

“ … Selbst eine Maus hat ihre Stärken, dachte sie. Sie kann so schnell davonhuschen, dass man sie fast nicht wahrnimmt, nur ein Aufblitzen aus dem Augenwinkel. Und William sieht hier nichts, gar nichts. … “ (Seite 331) 

Eine verschneite Berghütte, Schreie im Wald und mehr als ein Monster: Der neue Horror-Roman von Christina Henry!
Mattie lebt mit ihrem Ehemann William allein in einer entlegenen Berghütte. Er ist ein gewalttätiger Mensch, den die junge Frau niemals verärgern darf. Doch als Mattie im Wald die verstümmelte Leiche eines Fuchses entdeckt, weiß sie, dass die Eheleute nicht alleine in der Wildnis sind. Wer – oder was – stößt jene seltsamen Schreie in der Nacht aus? Wessen krallenbewehrte Fußabdrücke sind im Schnee um die Hütte zu sehen? Als drei Fremde auf dem Berggipfel auftauchen und im Wald nach einer geheimnisvollen Kreatur suchen, weiß Mattie, dass die Neuankömmlinge William verärgern werden. Und wenn William wütend ist, passieren wahrlich schreckliche Dinge …

Als Mattie die Fallen überprüft, die ihr Mann William aufgestellt hat, entdeckt sie seltsame Spuren im Schnee. Sie ähneln denen eines Bären, sind aber viel größer und der Verursacher ist auf den Hinterpfoten gelaufen. Viel Zeit zum Betrachten bleibt ihr jedoch nicht, denn William wartet und wenn sie zu spät kommt, setzt es Schläge. Als dann auch noch zwei junge Männer in der Nähe ihrer abgelegenen Hütte auftauchen, gerät alles außer Kontrolle.

Mein letztes Buch von Christina Henry war vor fast einem Jahr „Die Chroniken von Rotkäppchen“, es wurde also mal wieder Zeit für ein wenig märchenhafte Stimmung. Wobei, märchenhaft trifft es hier so gar nicht, denn anders als in den bisherigen Büchern bildet hier kein Märchen die Grundlage der Geschichte, genau das macht das Geschehen auch sehr viel erschreckender. Im Mittelpunkt von „Der Knochenwald“ steht die junge Mattie, die mit ihrem gewalttätigen Mann William mitten im Nirgendwo lebt. Sie kuscht vor ihm, wo sie nur kann, ihre Flausen hat er ihr mit Gewalt längst ausgetrieben und so gehorcht sie fast willenlos seinen Befehlen. William wünscht sich einen Sohn, immerhin braucht er einen Nachkommen, aber Mattie konnte den noch nicht liefern, was sie in seinen Augen noch wertloser macht. Gleich zu Beginn möchte man sich schützend vor die Frau stellen, ihr zur Flucht aus diesem unschönen Leben verhelfen. Gewalt ist ihr ständiger Begleiter und auch der des Lesers, erst eher unterschwellig, später ganz offen. Ja, es geht hier ganz spezifisch um Gewalt gegen Frauen, um Demütigung, Missbrauch und eine geschundene Seele, die nach Jahren endlich ihre Chance gekommen sieht. Bis es soweit ist, dauert es eine Weile, doch diese Zeit nutzt die Autorin geschickt, um nicht nur Schritt für Schritt Matties Vergangenheit aufleben zu lassen, sondern auch ihr Monster einzubauen, etwas Fremdes, dass in den eigentlich ruhigen Wald eingedrungen ist, damit all die kommenden Ereignisse auslöst und dabei doch selbst ungreifbar bleibt. Dafür hat Christina Henry ihrer Protagonistin umso mehr Aufmerksamkeit gewidmet, lässt mich deren Gedanken und Gefühle hautnah miterleben und nach und nach verstehen, warum sie eben so handelt, wie sie es tut. Das ist zwar einerseits schwer zu ertragen, sorgt aber andererseits für die anhaltende düstere Stimmung, genau wie der Schauplatz und die wenigen Figuren. Einen Kritikpunkt habe ich jedoch, das Ende. Mir persönlich bleiben zu viele Fragen offen und das macht mich wahnsinnig.^^

Wer Christina Henrys Geschichten kennt, weiß, was ihn erwartet. Ihre Werke sind alle düster, in meinen Augen ist „Der Knochenwald“ aber nochmal ein ganz anderes Kaliber. Zum einen, weil diesmal der „Märchen-Hintergrund“ fehlt, zum anderen weil es sehr explizit um Gewalt gegen eine Frau geht, um Missbrauch, Einschüchterung, die ganze Palette. Dabei möchte ich unbedingt anmerken, dass die Autorin diese Szenen keineswegs ausschlachtet, sie sind wichtriug für die Entwicklung der Protagonistin, aber teilweise natürlich trotzdem schwer zu ertragen. Wer also Probleme hat, darüber zu lesen, sollte einen großen Bogen um das Buch machen. Für alle anderen, die keine Angst davor haben sich in die eisige Abgeschiedenheit der Wälder und damit das Revier zweier Monster zu wagen, ist „Der Knochenwald“ definitiv einen Blick wert, von mir gibt es 4 von 5 Miezekatzen.   

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