„Anansi Boys“ – Neil Gaiman

“ …In den alten Geschichten lebt Anansi, genau wie du und ich, in seinem Haus. Klar ist er gierig, lüstern, verschlagen und voller Lügen. Und er ist gutherzig, ein Glückskind und manchmal sogar ehrlich.. Manchmal ist er gut, manchmal ist er schlecht. Aber er ist nie böse. …“ (Seite 198)

Für Fat Charlie Nancy gibt es nichts Schlimmeres als Peinlichkeiten. Seinen Vater – das Peinlichste in seinem bisherigen Leben – hat er schon lange aus seinem Alltag verbannt. Doch dann erreicht ihn die Nachricht, dass dieser verstorben ist. Und damit nicht genug! Sein Vater soll ein Gott gewesen sein und Fat Charlie einen Bruder haben, von dem er nichts weiß.

In einem alkoholisierten Moment nimmt Fat Charlie Kontakt auf – und verflucht sich bald dafür. Denn mit seinem Bruder Spider hält das Chaos Einzug in sein geordnetes Leben. Spider ist nicht nur arrogant und egozentrisch, er hat auch die die göttlichen Fähigkeiten ihres Vaters geerbt …

Charlies Vater hat seinen Sohn als Kind oft blamiert und vor Jahren die Familie verlassen. Als seine Hochzeit vor der Tür steht, will Charlie ihn einladen, erfährt aber, dass der gerade verstorben ist. Und so fliegt er zur Beerdigung, wo er auf Mrs. Higgler trifft, eine seltsame alte Dame, die ihm erzählt, dass sein Dad  Anansi, der Spinnengott, war und er einen Bruder hat, den er über eine Spinne rufen kann. Erst hält er das Ganze für einen Scherz, doch dann taucht sein Bruder Spider nach einer geflüsterten Einladung tatsächlich auf. Er ist das ganze Gegenteil von Charlie, selbstbewusst, charmant, gutaussehend und findet ausgerechnet an seiner Verlobten Rosie Gefallen.

Nach „American Gods“ widmet sich Neil Gaiman einmal mehr Anansi aka Mr. Nancy, dem Gott des Schabernaks, der in Spinnenform auftritt, oder besser dessen Sohn Fat Charlie, dem sein Vater einfach nur peinlich ist. Als er jedoch erfährt, dass sein alter Herr verstorben ist, angeblich ein Gott war und er außerdem noch einen Bruder hat, gerät seine kleine normale Welt aus den Fugen. Als Spider vor seiner Tür steht, muss er erkennen, dass diese Geschichten über seinen Dad vielleicht doch wahr sind, denn Spider hat einen Teil seiner Kräfte geerbt und auf die greift er zurück, wo immer sie ihm nützlich sind, dummerweise hat er ein Auge auf Charlies Verlobte Rosie geworfen. Der ungeliebte Bruder muss also weg, was Charlie dazu bringt, in ihm völlig fremde Welten einzutauchen und sich mit Wesen auseinanderzusetzen, an die er nie geglaubt hat.
„Anansi Boys“ ist ein modernes Märchen, eine Geschichte über Zusammenhalt, Selbstvertrauen, Familenbande, die Macht der Träume und am Rande natürlich auch Gaimans Lieblingsthema: Götter, wobei die hier weniger im Vordergrund stehen, aber eben doch immer präsent und extrem wichtig für die Story sind, schon allein in den Tiger- und Anansi-Geschichten, die sich voneinander unterscheiden. Ich habe den etwas umtriebigen älteren Herrn ja schon in „American Gods“ geliebt und warte immer noch ungeduldig auf den Start der Serie, eigentlich war der ja für Juli diesen Jahres geplant, soweit ich mich erinnere.
Aber zurück zum Buch, schon mit den ersten Sätzen hatte mich Neil wieder.

„Es beginnt, wie es ja meistens der Fall ist, mit einem Lied. Im Anfang waren schließlich die Worte und dazu gab es auch gleich eine Melodie. So wurde die Welt geschaffen, so wurde das Nichts geteilt, so kamen sie alle in die Welt: die Landschaften und die Sterne und die Träume und die kleinen Götter und die Tiere. Sie wurden gesungen. …“ (Seite 7)

Neil erneut einen Außenseiter zum Protagonisten macht, der lernen muss, sich seinen Platz im Leben zu erkämpfen und, dass Blut eben doch dicker als Wasser ist. „Anansi Boys“ ist lange nicht so düster wie „American Gods“, setzt sich aber mit denselben Themen auseinander und das auf eine ganz ähnliche Art, ist aber einfacher zu lesen, beim Vorgänger, (den man übrigens nicht unbedingt gelesen haben muss um der Handlung zu folgen, ohne den man aber einige Dinge über Anansi verpasst und auch ein großartiges Buch^^)  musste ich tatsächlich hin und wieder mal eine Pause einlegen. Nicht etwa, weil ich mich gelangweilt habe, sondern einfach mal den Kopf freikriegen musste, denn manchmal können Neil Gaimans Geschichten sehr fordernd sein. Und das meine ich keineswegs negativ. Gleichzeitig sind sie immer wieder so poetisch und stecken voller Lebensweisheiten, das man die Worte am liebsten komplett aufsaugen möchte, aber ich befürchte, das würde meinen Schädel zum Platzen bringen.^^

Wer „American Gods“ gelesen hat, kennt den Nachfolger mit Sicherheit schon, allen anderen kann ich das Buch nur ans Herz legen, denn Neil Gaiman hat hier wieder eine wundervolle Geschichte mit einem Protagonisten geschrieben, in den wir uns alle hineinversetzen können. Das ist mir 4,5 von 5 Miezekatzen und ein bewunderndes „Hail Gaiman“ wert.^^

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