„The Mothers“ – Polly Ho-Yen

“ … Die Verantwortung liegt letzten Endes immer bei der Mutter. Dir ist das schon lange klar, oder? Sonst hättest du dich nicht gegen Kinder entschieden.“ (Seite 286)

England in der Zukunft: 99 % der Frauen sind unfruchtbar. Nur durch gefährliche medizinische Verfahren ist es ihnen noch möglich, schwanger zu werden. Doch auch dann können sie ihr Mutterglück nicht genießen: Die totalitäre Regierung überwacht alle Eltern und entreißt ihnen beim kleinsten Fehltritt ihr Kind. Daher will Kit keine Kinder – bis sie sich verliebt. Als ihre Tochter Mimi auf die Welt kommt, scheint ihr Glück perfekt. Dann jedoch erhält Kit eine Verwarnung nach der anderen und steht kurz davor, Mimi an den Staat zu verlieren. Aber Kit wird um Mimi kämpfen. Koste es, was es wolle …

Natürliche Schwangerschaften gibt es so gut wie gar nicht mehr, um Kinder zu bekommen, müssen Frauen gefährliche und langwierige Behandlungen über sich ergehen lassen.Kit ist früh klar, dass sie keine Kinder möchte, ganz im Gegensatz zu ihrer Schwester Evie, die einen Sohn bekommt. Und so erlebt Kit hautnah mit, wie schwer Müttern der Umgang mit ihren Kindern gemacht wird. Denn wenn sie versagen, landet der Nachwuchss in der Obhut des Staates …

Ab und an gibt es Bücher, die mich wütend machen, „The Mothers“ ist eines davon geht in die Richtung von „Der Report der Magd“ und ist definitiv eines davon.

Kit und Evie sind Schwestern, beide haben den passenden Mann an ihrer Seite, aber verschiedene Ziele im Leben, Evie möchte ein Kind, ein schwieriges Unterfangen, denn natürliche Schwangerschaften gehören der Geschichte an, für ein Baby muss man seinem Körper viel zumuten. Erklärt man sich aber dazu bereit, winken überall Vergünstigungnen, ein höheres Gehalt, ein besserer Job, schönere Häuser. 
Kit hingegen hat keine Ambitionen Mutter zu werden, dafür hat sie keine Möglichkeiten, im Job aufzusteigen, viele Dinge im Leben bleiben für sie einfach unerreichbar.
„The Mothers“ wirft einen Blick in eine Zukunft, die Angst macht. Babys sind Geschenke, sie müssen von vorne bis hinten betüdelt werden. Dafür bekommen die Eltern Vergünstigungen, sind aber auch ständiger Kontrolle und Repressalien von oben ausgesetzt. Für alles müssen die Mütter geradestehen, werden immer und überall überwacht. Ist das Kind zu leicht, die Windel beim Einkaufen voll oder sitzt der Hut nicht richtig, hagelt es Abmahnungen bis, nun ja, bis der Nachwuchs unter fadenscheinigen Gründen einkassiert wird. Ein Albtraum, der viele Frauen das Gefühl gibt, nichts richtig machen zu können, sie sich klein und ängstlich fühlen lässt, eingeschüchtert, verzweifelt.
Tu was wir wollen und wir werden dich fördern, aber wehe, du stellst dich gegen uns …
Vor diesem Hintergrund begleitet der Leser Kit und auch Evie sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart. Während die beiden Schwestern gut ausgearbeitet sind, fehlt es ihren Männern jedoch an Tiefe, sie sind wie Spielfiguren, die man irgendwann einfach an den Rand schiebt. Schade, denn gerade ihre Meinungen zu einigen Dingen hätte mich sehr interessiert, aber sie werden nicht wirklich einbezogen. Auch die Welt an sich hätte gern etwas näher erklärt werden dürfen, manches wird meiner Meinung nach zu oberflächlich abgehandelt. Was hat zu den Unfruchtbarkeit geführt und wo kommen die Sphären her, die alles überwachen?
Polly Ho-Yen hat ihre ganze Aufmerksamkeit den Frauen gewidmet. Das macht betroffen und wütend, ist aber zugleich auch ein wenig einseitig. Trotzdem fesselt Kits Schicksal, ihre Entwicklung, ihr Versuch, sich der Ungerechtigkeit entgegenzustellen. Ich habe mit ihr gelitten, gehofft und immer wieder verständnislos den Kopf geschüttelt. Ja, „The Mothers“ wühlt auf, gerade dieser Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart macht die Story manchmal fast unerträglich, aber eben auch verdammt fesselnd und am Ende bleibt die Frage: Wie weit bist du bereit für dein Kind zu gehen?

Polly Ho-Yens Dystopie zeigt uns eine düstere Zukunft, in der von den Bürgern, vor allem den  Frauen, totale Hingabe erwartet wird. Der Weg scheint vorgezeichnet. Kind und ein besseres Leben, dann allerdings totale Überwachung oder Kinderlosigkeit und fast schon gesellschaftliche Ächtung. Erschreckenderweise scheint das Ganze gar nicht so weit hergeholt zu sein, also hoffen wir mal, dass wir in ein paar Jahren noch mehr sind, als seelenlose Geburtsmaschinen.  Von mir gibt es 4 von 5 Miezekatzen für diese düstere Zukunfstsvision.

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