„Was die Toten bewegt“ – T. Kingfisher

“ … Zugegeben, die Pflanzen sahen alle tot aus oder als wären sie im Begriff zu sterben. Und ja, die Fenster klafften in den Mauern wie die Augenhöhlen einer ganzen Schädelreihe. Na und? Wären das wirklich Reihen von Totenschädeln gewesen, hätten sie mir sicher weniger zugesetzt. … “ (Seite 13/14)

Eine packende und atmosphärische Neuerzählung von Edgar Allan Poes Klassiker Der Untergang des Hauses Usher Auf die Nachricht hin, dass Madeline Usher – eine alte Jugendfreundin – im Sterben liegt, eilt Alex Easton augenblicklich zum entlegenen Stammsitz der Ushers im ländlichen Ruravien, um ihr beizustehen. Was Alex dort vorfindet, ist ein albtraumhafter, düsterer See, umgeben von wild wuchernden Pilzen und einer Fauna, die vom Teufel besessen zu sein scheint. Madeline schlafwandelt nachts und spricht mit seltsam veränderter Stimme, und ihr Bruder Roderick wird von einer mysteriösen Nervenkrankheit heimgesucht. Mithilfe einer bemerkenswerten britischen Mykologin und eines ratlosen amerikanischen Arztes muss Alex das Geheimnis des Hauses Usher lüften, ehe sie ihm alle zum Opfer fallen.

Alte Freunde in einem Herrschaftshaus an einem See, klingt malerisch, allerdings ist malerisch das völlig falsche Wort für das Anwesen von Roderick und Madeline Usher. Tote Pflanzen, brackiges Wasser, seltsames Getier …, nur Pilze scheinen auf diesen Grund überall aus dem Boden zu schießen. Doch nicht nur das Haus und die Umgebung liegen im Sterben, auch die beiden Bewohner gleichen eher wandelnden Toten als Alex alten Freunden. Was ist dem Geschwisterpaar zugestoßen?

Ein heruntergekommenes Anwesen an einem See, Alex ist entsetzt, wie verarmt seine Jugendfreunde Madeline und Roderick Usher inzwischen sind. Doch das ist noch nicht mal das Schlimmste, denn beide sind nur noch Schatten ihrer selbst. Hat ihr Verfall etwas mit den seltsamen Hasen zu tun, die Alex immer wieder sieht? Und warum schleicht Madeline nachts durchs Haus?
Ausgehend von „Der Untergang des Hauses Usher“ liefert T. Kingfisher ihre eigene Interpretation der Geschehnisse und die hat es in sich und sorgt immer wieder für Gänsehaut. Ich für meinen Teil hatte danach richtig Bock auf Edgar Allan Poe, dessen Geschichten bei mir schon als Teenager immer wieder Schauer über den Rücken gejagt haben und auch wenn ich inzwischen wesentlich  abgehärteter bin was das betrifft, mag ich seinen Stil immer noch verdammt gern. Und auch T. Kingfisher oder Ursula Vernon, wie die Autorin ja eigentlich heißt, hat mich gleich mit dem ersten Buch, das ich von ihr gelesen habe in ihren Bann gezogen. „Wie man einen Prinzen tötet“ war wunderbar anders, ein bisschen durchgeknallt und einfach großartig. „Was die Toten bewegt“ haut in eine etwas andere Kerbe. Von Anfang düster und geheimnisvoll, weiß die Story von der ersten Seite an zu fesseln. Neben Hexen hab ich ja auch eine Schwäche für alte Herrenhäuser und damit war ich hier voll in meinem Element. Von der ersten Seite an hat mich die schaurige Grundstimmung gepackt und auch bis zum Ende nicht wieder losgelassen. Doch während ich beim Lesen sowohl Roderick als auch Madeline vor Augen hatte, blieb Alex mir als Protagonist leider etwas fremd, auch wenn er hier als Ich-Erzähler auftritt. Die ganze Eidsoldaten-Sache und seine ein wenig merkwürdige Heimat war ja noch okay. Aber warum die seltsamen Pronomen? Als ich sie zum ersten Mal gelesen habe, hielt ich das Ganze tatsächlich für einen Druckfehler, ich habe erst nach und nach geschnallt, dass das beabsichtigt ist, allerdings erschließt sich der Sinn für mich nicht. Wenn es anzeigen soll, wie anders seine Heimat ist, hätte man dafür einen besseren Weg finden können. Auf ihn selbst bezieht es sich ja auch nicht, was zumindest ein bisschen Sinn ergeben hätte, er ist ja auch speziell, denn auch andere „Wesen“ wie Gott etc. haben eigene Fürwörter. Über diese Bezeichnungen bin ich immer wieder gestolpert und ja, sie haben mich genervt, weil außer der kurzen Erklärung, dass Alex eben aus einem etwas eigenen Land kommt und da manche Dinge anders laufen und auch heißen nicht näher darauf eingegangen wird.
Aber auch zum Cover muss ich unbedingt etwas sagen, denn ich finde es wirklich großartig, geheimnisvoll, ein bisschen gruselig, es passt einfach perfekt, genauso wie die einfach gehaltenen ganzseitigen Illustrationen, außerdem kann ich mich an keinen anderen Titel erinnern, den man im so wörtlich nehmen kann.^^
PS: Ich weiß gar nicht, warum ich bei Alex immer er geschrieben habe, für mich ist „er“ eine Frau. Bin ich die Einzige, die das so sieht? 

Wer gerne eine Pilzpfanne schnabuliert, sollte hier vielleicht besser die Finger von dem Buch lassen, ansonsten könnte ihm nach der Lektüre erstmal der Appetit vergehen. Wer hingegen E. A. Poe mag und etwas tiefer in seine bekannte Kurzgeschichte „Der Untergang des Hauses Usher“ eintauchen möchte, ist hier genau an der richtigen Adresse, Schauermomente inklusive. Die düstere Grundstimmung, die sich durch das gesamte Buch zieht, wird jeden Gruselfreund erfreuen. Einen Minuspunkt gibt es von mir jedoch für die eigenwilligen Pronomen, die dem Leser einfach um die Ohren gehauen werden. Trotzdem war „Was die Toten bewegt“ für mich ein wunderbar stimmungsvolles Lesevergnügen, dafür vergebe ich 4,5 von 5 Giftpilzen, äh nein, Miezekatzen.^^

01. „Was die Toten bewegt“
02. „Was die Nacht verschweigt“

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