„… Die Leute, die wir leiden lassen, bleiben länger und tiefer in uns als jene, denen wir Freude bringen, denkst du nicht auch? Sie sind das Kreuz, das wir zu tragen haben. So geht es mir zumindest. Ich weiß, dass du das anders siehst, aber ich weiß auch, dass du die Leute, denen du wehgetan hast, auf andere Weise mit dir trägst. …“ (Seite 33)
Fans. Groupies. Stalker. Diese Leute würden alles tun für ihre Idole, seien es Rockstars, Schauspieler … oder sogar Serienmörder.
Lori ist so eine Fanatikerin. Ihre Besessenheit gilt Edmund Cox, einem Sadisten, der mehr als 20 Frauen abgeschlachtet hat. Sie hat eine Beziehung zu Cox aufgebaut, um ihn im Gefängnis besuchen zu dürfen.
Als der Mörder sie auf eine Reise schickt, nimmt Lori die Aufgabe begeistert an. Sie soll in der Hütte von Cox einen Schlüssel holen, um ihn einer mysteriösen Gestalt zu geben, die nur als der River Man bekannt ist.
Ist der River Man real oder nur eine urbane Legende? Lori wird erfahren, dass er definitiv kein Mensch ist – zumindest nicht mehr.
»Er ist einfach der River Man. Er ist auf keiner Karte zu finden. Hat eine Hütte, aber keine Adresse. Der Fluss ist sein Zuhause. Folge der Strömung flussabwärts. Du wirst ihn finden, wie ich ihn gefunden habe. So, wie er meine Lori finden wird.«
Lori will mehr für Edmund sein als all die anderen Frauen, die von ihm fasziniert sind, sie will sich als würdig erweisen, damit er ihr aus seinem Leben erzählt und so ist der Trip zu seiner Hütte ein Klacks, denkt sie zumindest anfangs.
Doch dann muss sie ihre Schwester Abby mitnehmen, die seit einem Unfall stark eingeschränkt ist und auch das Wetter macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Das sind allerdings ihre geringsten Probleme, denn je näher Lori dem Ziel kommt, umso mehr ergreift die Dunkelheit Besitz von ihr und auch Abby beginnt, sich zu verändern …
Eins gleich zu Beginn, wer „Brutal“, „Toxic Love“ und „Body Art“ gelesen hat, weiß, dass Kristopher Trianas Figuren doch etwas anders sind und nicht unbedingt die Wahl zum beliebtesten Nachbarn gewinnen, dafür hält er bei der Beschreibung von körperlichen Grausamkeiten eher zurück. Schon allein deswegen war ich sehr gespannt auf „Geh und finde den River Man“. Auch hier geht es nicht sonderlich brutal zu, das heißt aber keineswegs, dass das Buch nicht böse ist, ganz im Gegenteil, nur kommt das Grauen hier auf eine andere Weise.
Von Anfang wurde ich von der düsteren Atmosphäre gefangen genommen und Loris Reise in die Dunkelheit hat es wirklich in sich.
Was bringt eine Frau dazu, sich zu einen verurteilten Massenmörder hingezogen zu fühlen? Das habe ich mich gleich zu Beginn gefragt, denn Lori führt ein normales Leben und kümmert sich außerdem um ihre gehandicapte Schwester Abby. Dennoch scheint da etwas Dunkles in ihr zu Schlummern und auch wenn sie sich immer wieder einredet, dass sie sich zu Edmund Cox als Mann nicht hingezogen fühlt, so will sie für ihn doch mehr sein, viel mehr als die anderen Frauen, mit denen er noch in Kontakt steht. Und hey, schließlich ist es ja nur ein kleiner Gefallen, mehr verlangt er nicht, was also soll passieren?
Sehr viel, wie sich zeigt.^^
Anfangs dachte ich tatsächlich, Lori ist einfach nur naiv und steigert sich in die ganze Sache hinein, aber ganz so einfach ist es dann doch nicht …
Natürlich habe auch ich mich auf die Suche nach dem River Man gemacht, im Internet bin ich allerdings auf keine Informationen zu diesem Wesen gestoßen, also gehe ich mal davon aus, dass er tatsächlich der Fantasie des Autors entspringt, wobei die Grundidee ja nicht ganz neu ist. Trotzdem jagte dieses Wesen mir Schauer über den Rücken, auch wenn es für mich persönlich nicht das Schlimmste in diesem Buch war.
Der Schreibstil ist gewohnt fesselnd und man erfährt viel über den Hintergrund der beiden Schwestern, lediglich zum mysteriösen River Man hätte ich gern ein wenig mehr Hintergrundwissen gehabt, aber das ist Meckern auf hohem Niveau.
Kristopher Triana schickt seine Leser auf eine dunkle Reise ins eigene Ich, denn immer wieder fragt man sich: Würde ich das auch tun? Und ich kann guten Gewissens behaupten, das Lori mir doch eine Nummer zu hart ist.^^
„Geh und finde den River Man“ ist als limitierte Sammlerausgaben, begrenzt auf 999 Exemplare im Festa Verlag erschienen und vergriffen.
Wieviel Dunkelheit lauert in uns selbst und wie weit sind wir bereit zu gehen, um zu bekommen, was wir wollen? Natürlich ist Kristopher Triana nicht der erste, der diese Fragen stellt, aber er tut es auf seine ganz eigene Art, ohne großartiges Blutvergießen, aber nicht weniger grausam.
Allein schon dafür hat er 4,5 von5 Miezekatzen verdient und genau die bekommt er von mir auch.^^