„Pepper-Man“ – Camilla Bruce

“ … Wir waren Schwestern, aber nicht wirklich. Sie hielt die Sonne in ihren pummeligen kleinen Händen, mir war nur der Mond vergönnt – er befand sich in ständigem Wandel und wurde manchmal ganz schwarz.
»Warum ich?«, fragte ich Pepper-Man. »Warum ich? Und nicht Olivia?« …“ (Seite 62-63)

Niemand kann ihn sehen.
Nichts wird ihn aufhalten.
Und du bist nie allein …

Cassandra Tipp – erfolgreiche Autorin, exzentrische Tante
und Angeklagte in zwei Mordfällen – ist tot.
Ihre Hinterlassenschaften: Sehr viel Geld und ein Brief, der
die Wahrheit über ihr Leben enthüllen soll.
Die Geschichte, die Cassandra erzählt, beginnt in ihrer
Kindheit. Es ist eine düstere Geschichte über unheimliche
Geschenke aus Knochen, über einen Ehemann aus Steinen
und Zweigen und über ein Wesen aus dem Wald, das keiner
außer Cassandra sehen kann: Pepper-Man …

Im Alter von 74 verschwindet die Autorin Cassandra Tipp spurlos. Nach einem Jahr sollen Janus und Penelope, die Kinder ihrer Schwester, ihr nicht unerhebliches Vermögen erben.
Doch vorher müssen sie dem Haus ihrer Tante einen Besuch abstatten. Dort wartet ein Brief auf die beiden, in dem Cassandra mit den Gerüchten der Vergangenheit aufräumen will.
Der Inhalt ist verwirrend, doch sind das wirklich nur Hirngespinste einer verbitterten Frau?

„Pepper-Man“ ist verstörend, sehr sogar und es ist schwierig, das Buch einem Genre zuzuordnen.
Was ist es, Märchen, Horror, Thriller, Fantasy? Ein bisschen von allem, aber irgendwie eben auch nicht.
Man wird gleich zu Beginn mitten ins Geschehen geworfen, als Einleitung gibt es einem Zeitungsartikel über das Verschwinden der Schriftstellerin. Inzwischen ist Cassandra seit einem Jahr verschwunden und die Kinder ihrer Schwester fahren zu ihrem Haus im Wald, um den für sie hinterlegten Brief zu lesen, bevor sie ihr Erbe antreten dürfen. Von da an kommt ihre Tante zu Wort und erzählt in der Ich-Form aus ihrem Leben.
Davon, dass sie nie ein artiges Kind war, dass ihre Eltern immer ihre Schwester Olivia bevorzugt haben und recht schnell kommt auch er ins Spiel: Pepper-Man. Der ist eine Fee, aber keine von denen, die mit pastellfarbenen Flügeln fröhlich durch den Wald fliegen oder Wünsche erfüllen. Nein, Pepper-Man durstet nach Blut, Cassandras Blut, Tag für Tag, Jahr um Jahr, die beiden haben eine sehr seltsame Art von Beziehung. 
Und während Olivia immer mehr zur strahlenden Schönheit wird, verkümmert Cassandra neben ihr, redet mit unsichtbaren Freunden, schon in der Schule haben alle Angst vor ihr.
Bis hierhin nichts Ungewöhnliches, von der garstigen Fee mal abgesehen, viele Kinder stehen im Schatten ihrer Geschwister, werden von ihren Eltern bewusst oder unbewusst vernachlässigt. Doch diese Geschichte ist dunkler, viel dunkler und der Auslöser ist ausgerechnet der Psychologe, zu dem Cassandra geschickt wird, mit ihm beginnt sich die Spirale immer weiter zu drehen.
Als Leser ist man hin- und hergerissen. Glaubt man an kleine bösartige Feen oder versteckt sich hinter dieser doch recht außergewöhnlichen Story etwas ganz anderes?
Wieviel kann ein Mensch ertragen, ohne daran zu zerbrechen?
Und heilt die Zeit wirklich alle Wunden?
Gibt es diese Wunden überhaupt?
Camilla Bruce geht mit ihrem Buch einen sehr ungewöhnlichen Weg, denn sie urteilt nicht, sie überlässt alles der Fantasie ihrer Leser und ich muss gestehen, ich hab eine Weile gebraucht, aber dann kam da dieser Satz, ein kleiner, recht unscheinbarer Satz, der mich tief getroffen hat.
Es gibt zwar ein paar wenige blutige Szenen, aber die sind längst nicht so schockierend wie die Dinge, die zwischen den Zeilen stehen und schon allein aus diesem Grund ist „Pepper-Man“ mit Sicherheit nicht für jeden geeignet. Ich kämpfe schon die ganze Zeit mit mir, ob ich eine Warnung ausspreche, aber das wäre ein fetter Spoiler, also formuliere ich es mal ganz vorsichtig: Wer mit dem Leid von Kindern nicht umgehen kann oder selbst betroffen ist, sollte vielleicht besser die Finger von diesem Buch lassen.

Vergesst gute Feen und entspannende Spaziergänge im Wald, denn hier erwartet euch genau das Gegenteil. „Pepper-Man“ ist dunkel und böse. Egal wie auch immer ihr die Geschichte am Ende auslegt, sie wird euch emotional einiges abverlangen, zumindest ging es mir so. 
Für dieses gelungene Debüt vergebe ich 4,5 von 5 Miezekatzen.

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