„Listen to my Heart“ – Marie Fredriksson, Helena von Zweigbergk

“ .. Nach der Operation litt ich unter einer Form von Aphasie. Ich wusste die ganze Zeit, was ich sagen wollte, aber die richtigen Worte kamen mir nicht über die Lippen. Ich konnte summen, das war ein großer Trost. Singen ohne Worte. Die waren einfach verschwunden. …“ (Seite 148)

»Ich will nur sagen, was wichtig ist. Ohne Schnickschnack. Gerade heraus, wie es eben war.« Mit diesen Worten präsentierte Marie Fredriksson ihre Buchidee Helena von Zweigbergk, ihrer Co-Autorin. Ihr Leben war geprägt von Drama. Sie wuchs in Armut in der schwedischen Provinz auf, die Familie wird nach dem Unfalltod ihrer Schwester schwer von Trauer gezeichnet. Als junge Frau gelingt Marie der Durchbruch als Musikerin in Schweden und kurz danach mit Roxette der internationale Erflog. Bis heute ist Roxette die erfolgreichste schwedische Band, neben ABBA. Dann schlägt das Leben brutal zu: ein Hirntumor, die Diagnose ist fatal. Marie werden nur wenige Monate zu Leben gegeben. Doch noch 12 Jahre später berichtet sie in ihrem Buch eindrucksvoll von ihrem Kampf um das Leben, den sie leider im Dezember 2019 verlor. Listen to my Heart ist eine Geschichte von großer Liebe, von Trauer, großen Erfolgen und Rache am Schicksal – der Liebe zum Leben sei Dank.

Marie ist 44 und hat zwei kleine Kinder, als sie plötzlich zu Hause im Bad zusammenbricht, dabei war für diesen Tag eigentlich etwas ganz anderes geplant. Statt Bühne und Rampenlicht muss sie nun der bitteren Wahrheit ins Gesicht sehen: sie hat einen Hirntumor und nicht mehr lange zu leben. Allerdings teilen die Ärzte das erstmal nur ihrem Mann mit, Marie selbst ist davon überzeugt, dass sie wieder auf die Beine kommt. …

„Listen to my Heart“ ist die Autobiografie von Marie Fredrikkson, der Stimme von Roxette, die mich seit meiner Jugend begleitet.
Lange habe ich dieses Buch vor mir hergeschoben, weil ich genau wusste, es würde mich traurig machen. Das hat es auch, ganz wie erwartet, aber es macht auch Hoffnung, denn Marie hat sich zurück ins Leben gekämpft, auch wenn sie natürlich nicht mehr die alte war. 17 Jahre lang hat sie dem Krebs getrotzt, dabei gaben die Ärzte ihr anfangs gerade noch ein Jahr, höchstens zwei. Doch die quirlige Schwedin hat es ihnen gezeigt, sie ist sogar wieder mit Roxette auf Tour gegangen.
Ob das rückblickend eine gute Entscheidung war, sei mal dahingestellt, Fakt aber ist, sie hat auch weiterhin das getan, was sie immer gemacht hat, Musik und dafür bewundere ich sie wirklich.
Marie und die Journalistin Helena von Zweigbergk, die sie über eine lange Zeit hinweg begleitet hat, kommen in „Listen to my Heart“ abwechselnd zu Wort, das Buch beginnt mit Maries Zusammenbruch 2002 und der Diagnose. Und was tut man als Mutter zweier Kinder? Richtig, man kämpft, auch wenn man plötzlich nicht mehr sprechen kann, manche Erinnerungen für immer ausgelöscht sind und auch der Körper immer wieder schlapp macht.

… „Ja, aber was soll ich denn sonst machen?“, fragte sie. „Mich hinlegen und sterben? Dagegen habe ich mich sehr früh entschieden. Ich werde mich niemals hinlegen und sterben.“
Und dann fügt sie hinzu: „Und mit meiner Stimme gab’s verdammt noch mal nie ein Problem!“ … (Seite 6)

Marie ist schonungslos ehrlich, gegenüber sich selbst, ihrer Krankheit, die sie lange verleugnet und ihren Mitmenschen. Mal ist sie verbittert, mal voller Hoffnung, rechnet mit dem Musikbusiness ab, in dem man als Frau gern mal übergangen wird und erzählt voller Liebe von ihrer Familie und ihrer entbehrungsreichen, aber dennoch schönen Kindheit im ländlichen Schweden. Man ist gefesselt von den Worten dieser starken Frau, die einfach nicht aufgibt, die Abschnitte von Helena Zweigbergk verblassen meiner Meinung nach neben Maries Erzählungen ein bisschen. 

Ich bin mit Roxette aufgewachsen und mag die Musik noch heute. Als Marie 2019 gestorben ist, hat mich das sehr getroffen und schon allein deswegen war das Buch eine kleine Herausforderung für mich. Auch wenn es teilweise hart war zu lesen, was sie alles durchgemacht hat, so haben mir ihre Worte auch immer mal wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, mich an die guten alten Zeiten zurückdenken lassen, dabei hatte ich befürchtet, ich würde mich eher schwertun mit dem Buch, völlig für umsonst. Mit seinen 256 Seiten war es die perfekte Lektüre für einen verregneten Nachmittag und einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit, rührend, nostalgisch. Danke dafür, Marie und 4,5 von 5 Miezekatzen für dich. 

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