„Der letzte Traum“ – Faye Hell

“ … Sind es diese Kinder, die unsere zerbröckelnde Ordnung in ihren tödlichen Spielplatz verwandeln? Oder bin ich es, der schlichtweg entgangen ist, wie weit es mit unserer Welt gekommen ist? Wie tief wir gesunken sind, innerhalb nur weniger Wochen? …“ (Seite 90)

Ein Roadtrip mit dem Fahrrad.
Auf der Flucht vor dem letzten Traum.
Mit Albträumen im Gepäck.

Menschen wie verblichene Polaroid-Fotos säumen den Weg durch eine sterbende Gesellschaft. Die letzten Überlebenden sind rastlos, schlaflos und erzählen ihre Geschichten. Wer hört zu, wenn der Schlaf zum letzten Mal die Arme um die Welt schlingt?

Wenn die Welt vor die Hunde geht, weil Schlafen den Tod bringt, bleibt dir nur noch die Wahl zu bestimmen, wo du ihn träumen willst, deinen letzten Traum. Ein besonderer Ort soll es sein, voller Erinnerungen. Die Reise dorthin kostet Kraft und macht andere Menschen zu kurzzeitigen Weggefährten, die ihre Geschichte teilen.

Träume, sie können wunderschön sein oder uns zu Tode ängstigen. Das es sich bei Faye Hell wohl eher um die zweite Variante handelt, dürfte jedem klar sein, der schon mal ein Buch der Autorin gelesen hat. Nach „Keine Menschenseele“ und „Das Zeitalter der Kröte“ hab ich mich tierisch auf das Werk gefreut, denn ich habe schon geahnt, dass mich wieder etwas ganz besonders erwartet und ich habe recht behalten.
Schon die Ausgangssituation ist eine besondere, denn die Menschheit ist am Arsch. Okay, das ist jetzt nichts Neues, aber weder Krieg, noch Zombies oder irgendwelche Genexperimente haben den Untergang eingeleitet, nein, man schläft einfach ein, träumt und wacht nicht wieder auf. Träume sind tödlich und mehr als ein paar Minuten Schlaf am Stück nicht drin und wozu Schlafmangel führt …, na ja, reden wir nicht darüber. Aber reden müssen wir, vor allem über die Menschen, die den Weg von Faye Hells einsamer Titelheldin kreuzen, sie einen Teil ihres Weges begleiten und dabei aus ihrem Leben erzählen. Diese Geschichten haben es wirklich in sich. Es geht um Kino, Tiere, Kannibalismus, Familie, Anderssein, Gewalt und das ist nur ein kleiner Teil. Jede einzelne dieser Geschichten hat mich mitgenommen, berührt, erschüttert, besonders erwähnen möchte ich hier Anuk und Mateo.
Wer Lektüre für einen entspannten Abend sucht, wird hier definitiv nicht fündig, denn die Autorin schickt ihre Leser auf einen düsteren Roadtrip, der ihnen zum Einen zeigt, wie unterschiedlich wir auf bestimmte Dinge reagieren, aber auch einen Spiegel vorhält und dass, was man dort zu sehen bekommt, ist nicht wirklich schön. Und hier ziehe ich meinen Hut vor Faye, denn sie schafft es, mit ihren Worten Bilder zu erschaffen, äußerst sprachgewandt, aber immer in Schwarztönen. Ihre Heldin alles in Ich-Form erzählen zu lassen, gibt mir das Gefühl, mich mitten im Geschehen zu befinden und das ist meist ziemlich unangenehm, tauschen möchte man tatsächlich mit niemandem, ich zumindest nicht.
Das Ende könnte nicht passender sein, mein erster Gedanke war: Ich hätte es eigentlich wissen müssen, aber hey, ich hab es nicht mal geahnt …

Düster, mitreißend und randvoll mit Poesie und Erinnerungen an vergangene Zeiten. „Der letzte Traum“ hat mich mitleiden lassen und einigen Charakteren habe ich mich verdammt nahe gefühlt. Jedem ans Herz legen kann ich das Buch allerdings nicht, denn die Story ist hart und einige Themen könnten so manchem sauer aufstoßen, man sollte also vorher schon wissen, worauf man sich einlässt.
Ich für meinen Teil muss hier einfach 4,5 von 5 Miezekatzen vergeben und hab mir gleich noch „Rigor Mortis Bd. 1“ zugelegt, schauen wir mal, was mich da erwartet.^^

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