„Mama Fish“ – Rio Youers

“ … Es gibt sie in jeder Schule. Wahrscheinlich in jeder Klasse: die, die völlig fehl am Platz sind, nicht dazugehören. Er (man setze männlich voraus, es könnte genauso gut ein Mädchen sein) sitzt immer hinten in der Klasse und redet nur, wenn er angesprochen wird. …“ (Seite 7)

Harlequin High, 1986. Kelvin Fish war der Sonderling – das seltsame Kind, mit dem niemand etwas zu tun haben wollte. Außer Patrick Beauchamp, der entschlossen war, sich mit ihm anzufreunden.
Zwanzig Jahre später kehrt Patrick nach Harlequin zurück. Die Stadt hat sich verändert, aber ein dunkles Geheimnis lebt noch immer in ihrem Herzen. Es ist hier, in Harlequin. Sie ist hier. Patrick wird Mama Fish nie vergessen.
Mama Fish ist eine Coming-of-Age-Geschichte über die Wege, die wir wählen … über Veränderungen in der Gesellschaft und in uns selbst. Sie wird durch die Augen von Patrick Beauchamp erzählt, einem liebevollen Familienvater, der im Herzen von viel Dunkelheit geplagt wird … ein Mann, der buchstäblich zwischen dem Geist und der Maschine gefangen ist.

Patrick ist 15 und er hat einen Klassenkameraden, um den alle einen großen Bogen machen, Kelvin Fish. Der Junge ist ungepflegt und unheimlich, keiner macht sich über ihn lustig, er wird einfach von allen ignoriert. Hinter vorgehaltenen Händen kursieren allerdings einige unheimliche Geschichten über ihn und seine Mutter. Doch so sehr sich Patrick auch bemüht, Klevin lässt ihn nicht an sich heran und so beschließt er, ihm nach Hause zu folgen.

Kelvin Fish ist ein Außenseiter, aber er will es auch gar nicht anders, das ist schon zu Beginn klar. Was Patrick nur noch mehr anspornt, ihn für sich zu gewinnen und so beschließt er, ihm nach Hause zu folgen. Und wie der Zufall so will, wird Kelvin ausgerechnet an diesem Tag verprügelt und Patrick wird Zeuge von sehr merkwürdigen Ereignissen, die sein Leben prägen.
21 Jahre später ist er verheiratet und hat 2 Kinder, aber die Erinnerung an damals lässt ihn einfach nicht los und so kehrt er zurück in seine Heimatstadt.
Rio Youers erzählt seine Geschichte abwechselnd auf 2 Zeitebenen. Da ist einmal der Teenager, der einen Freund sucht und den perfekten Kandidaten dafür schon gefunden hat und der 36-jährige Familienvater mit zwei Kindern, der hin und wieder in Selbstmitleid versinkt und mit der modernen Technik auf Kriegsfuß steht. Zum einen entfernt sie die Menschen voneinander und sorgt dafür, dass man nur noch auf Bildschirme glotzt, statt sich miteinander zu unterhalten. Aber es gibt noch einen anderen, viel tiefer sitzenden Grund und der hat mit Kelvins Familie zu tun, die keineswegs so ist, wie Patrick sie sich ausgemalt hat.
Die Jugend ist eine schwierige Zeit, man ist unbeholfen, überfordert, weiß nicht, wo man hingehört und man muss alles wissen, versucht jedes Rätsel lösen. Der erwachsene Patrick hingegen hat diese Neugier verloren, er ist zynisch, unzufrieden, vom Leben gezeichnet, viel hat er mit seinem jüngeren Ich nicht mehr gemein.
Während der Autor sich ihm sehr ausführlich widmet, bleibt Kelvin ein wandelndes Geheimnis. Man erfährt sehr wenig über ihn, was der Story natürlich einen gewissen Reiz verleiht. Faszinierend finde ich hier vor allem, dass die beiden Figuren die Geschichte fast allein tragen. Natürlich gibt es noch andere, aber die sind letztendlich nur Statisten auf dem Weg zum Ziel.

Nach „Westlake Soul“ und „Ein Kühlschrank voller Köpfe“ hat mich auch „Mama Fish“ wieder überzeugt. Die Novelle mit dem düsteren Touch weiß zu überraschen, auch wenn ich irgendwie schon geahnt habe, in welcher Richtung es geht und sowohl Kelvin, als auch Patrick wissen zu überzeugen. Obwohl Youers Schreibstil teilweise sehr poetisch ist, bleibt im Hintergrund immer ein gewisses Unbehagen, das man nicht so recht einordnen kann und genau das mag ich. Man ahnt, dass etwas kommt und wird dann trotzdem überrollt, das ist mir 4 von 5 Miezekatzen wert.

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