„Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie“ – Torsten Sträter

“ … Gegen neun hockteich mich vor den Fernseher und schaute bei dem Sender rein, der als einziger in der Lage ist, in Rekordzeit meine geistige Festplatte zu formatieren: QVC. …“ (Seite 9)

Das wahre Grauen des Lebens lauert genau da, wo man es schon immer vermutet hat: In Vergnügungsparks im Rhurpott, hinter der Fratze des eigenen Onkels oder bei den Pakistan Airlines.

Aus der schmerzhaft spitzen Feder Torsten Sträters kommt dieses Paket absurder bis zynischer Geschichten aus dem Alltag. Der Autor demonstriert eindrucksvoll, wie man mit der richtigen Einstellung und der nötigen Kreativität auch aus den banalsten Situationen Chaos, Peinlichkeit und Verwirrung herstellen kann. Und er versichert hinter vorgehaltener Hand: Jedes Wort ist wahr. Was ihm aber wahrscheinlich keiner glauben wird.

24 Kurzgeschichten aus der Feder von Torsten Sträter (oh man, ich sollte unter die Dichter gehen^^) bereiten den Leser auf fast alle Situationen vor, die einen im Leben erwarten. Sei es die Hochzeit eines Freundes, das Brüllen des Sohnemanns, ein günstig erschlichener Trip nach New York oder Familienzeit mit Onkel Erwin. Und einen Onkel Erwin haben wir alle.^^.

„Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie““ stammt bereits aus dem Jahr 2003, es hat also inzwischen 20 Jahre auf dem Buckel und so sieht man auf dem Autorenfoto tatsächlich noch einen Mann mit Haaren, oder zumindest einen Teil davon.
Im Gegensatz zu den 3 Bänden von „Jacks Gutenachgeschichten“, die etwa zeitgleich erschienen,  widmet sich Torsten Sträter hier nicht dem Horror, sondern seinem zukünftigem Steckenpferd und man merkt schon, das da seine Stärken liegen, einige Anekdoten haben es später sogar in seine Bühnenprogramme geschafft, so wie der lösliche Zitronentee. Aber wer kennt es nicht, das endlose Warten und Rühren in der Hoffnung, dass sich das Zeug zumindest weit genug auflöst, um es sich hinter die Binde kippen ohne daran zu ersticken. Und nein, man lernt nicht daraus, sondern greift immer wieder zur Dose. Ich könnte hier noch endlos weiterschreiben, aber zurück zum Buch, vielleicht gibt es zu einem anderen Zeitpunkt ja mal ein paar Schwänke aus meiner Jugend.^^
„Brainspam“ ist in 5 Teile untergliedert, in denen geht es unter anderem um eine Reise nach New York, Dortmund oder Feiertage.
Und damit man vorher auch weiß, worauf man sich so bei den einzelnen Stories einlässt, gibt es ein Wertungssystem für Anspruch, Metapherndichte, Lerneffekte, Romantik, Action und Sex vergibt. Wär ja auch furchtbar, wenn es einen so völlig aus dem Nichts heraus mit Sex überrascht wird, oder gar mit Anspruch. Schon die Erklärung des Systems ließ mich, gleich nach dem Tee, erneut grinsen und das war nicht das letzte Mal. Sträters Humor ist eigen, bissig, sarkastisch und manchmal ein wenig schmerzhaft, aber immer auf den Punkt, das mag ich. Natürlich kommt dieses Frühwerk noch nicht ganz an seine heutigen Texte heran, aber man sieht hier schon genau, in welche Richtung es geht.

Wer Torsten Sträter mag, sollte sich seine Bücher keinesfalls entgehen lassen, auch wenn ein Live-Auftritt natürlich nicht getoppt werden kann. Aber gerade hier finden sich viele „alte“ Perlen, die einen zum Schmunzeln oder Kopfschütteln bringen und keiner beherrscht das so gut wie der Mann mit der Mütze. Von mir gibt es dafür wohlverdiente 4 von 5 Miezekatzen.

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