„Neun, Zehn … ich will dich sterben seh’n“ – Andrea Reinhardt

“ … Sie bemerkte erst, dass sie weinte, als Tom seine bleiche Hand aufihre Wange legte und mit der anderen die Tränen abwischte. »Im Himmel wirst du keine Schmerzen haben«, sagte er so leise, dass es fast unheimlich war. …“

In nächtlicher Stille, ein einsamer Schrei.
Es brach in der Mitte ein Satz entzwei.
Fallende Splitter mit nur einem Hieb.
Es tobte die Nacht – die ihr nur noch blieb.
Die Spiegelglassplitter zerschnitten sie kalt.
Eiskalt die Hände – ein Schatten macht Halt …

In einer Selbsthilfegruppe wollen traumatisierte Frauen ihre durch Gewalt geprägte Vergangenheit verarbeiten – stattdessen werden sie zum Ziel eines bestialischen Mörders. Als die erste Leiche gefunden wird, schrillen bei Mathias Kron sofort sämtliche Alarmglocken: Zwei Jahre zuvor hat der Kriminalkommissar einen Täter mit demselben Modus Operandi hinter Gitter gebracht. Zu seinem Entsetzen erfährt Kron, dass dieser wieder auf freiem Fuß ist. Will der Mörder nun zu Ende bringen, was er damals begonnen hat? 

Doch was ein einfach zu lösender Fall sein sollte, entpuppt sich schnell als perfides Katz-und-Maus-Spiel eines gerissenen Wahnsinnigen, der Kron immer einen Schritt voraus zu sein scheint. Der Kriminalkommissar muss all sein Können und seine Erfahrung einsetzen, denn mit den Ungereimtheiten in dem Fall häuft sich auch die Zahl der Opfer. Neun … Zehn …

Edwin leitet eine Selbsthilfegruppe für traumatisierte Frauen, die erganz gern mal ausnutzt. Als die Leiche einer Frau gefunden wird, die vorher bei einer seiner Sitzungen war, gerät er sofort in Verdacht, denn er saß bereits wegen Mordes im Gefängnis und steht so ganz oben auf der Liste bei Mathias Kron und seiner Kollegin Romy, doch sie haben nichts gegen ihn in der Hand. Dann verschwinden weitere Mitglieder der Gruppe und die Zeit läuft den Ermittlern davon.

Vier Monate nach dem Tod seiner Frau fassen seine Kollegen Mathias Kron immer noch mit Samthandschuhen an und er wünscht sich die alte Unbeschwertheit zurück, als ein euer Fall auf seinem Tisch landet. In einem Park wurde eine weibliche Leiche gefunden. Die Frau war auf dem Heimweg vom Treffen mit ihrer Selbsthilfegruppe, deren Leiter wegen Mordes im Gefängnis saß. Edwin lässt sich wie einen Guru feiern und pflegt auch private Beziehungen zu seinen „Patientinnen“, er ist der perfekte Verdächtige. Aber hat er auch wieder gemordet?
Erneut lässt Andrea Reinhardt ihren Thriller auf zwei Zeitebenen spielen. Als erstes sind da natürlich die Ermittlungen von Mathias, die sich um Edwin und seine Anhängerschar, eine Gruppe labiler Frauen, drehen. Dann gibt es da noch Ed, der, aus einer Pflegefamilie kommend, wieder zu seiner leiblichen Mutter zurückkehrt und sich erstmal an sein neues Leben gewöhnen muss.
Wie schon in „Fünf, Vier … gleich sterben wir“, hat die Autorin auch hier wieder sehr tiefgründige Figuren erschaffen, die man entweder hasst oder liebt. Zu ersteren gehört zweifelsfrei Edwin, der seine Position ausnutzt und sich nach den Sitzungen die Frauen, die alle traumatische Erfahrungen gemacht haben und genau deswegen bei ihm gelandet sind, ins Bett holt. In die zweite Gruppe zählt Mathias Kron, der nach dem Tod seiner Frau immer noch den Spagat zwischen Job und Familie schaffen muss, allerdings hat er dabei jetzt Hilfe von seiner Kollegin Romy. Die beiden bilden ein tolles, sympathisches Ermittlerduo, von dem ich gern mehr lesen würde. Außerdem ist da noch Tom, ein kleiner Junge, den man einfach ins Herz schließen muss und der mit einfach so unheimlich leid tat.
Der Täter hingegegen ist perfide, skrupellos und scheinbar schnell ausgemacht, zu viele Hinweise führen zu ihm. Aber nicht immer sind die Dinge so, wie sie scheinen, besonders nicht bei Andrea Reinhardt. Sie zeigt, wie schnell man falsche Schlussfolgerungen zieht und obwohl man meint, den Täter von Anfang an zu kennen, tut das der Spannung keinen Abbruch. Dazu trägt auch der einfache, aber fesselnde Schreibstil bei, der perfekt zum Geschehen passt.

Andrea Reinhardt hat sich auch diesmal wieder schwierigen Themen gewidmet,es geht um Traumabewältigung, Schuld und Sucht, um gebrochene Frauen, die Hilfe suchen und stattdessen noch mehr Schmerz finden. Die Geschichte ist hart, allerdings ohne Gewaltszenen auszuschlachten und trotzdem halt sie nach. Was will man als Autor mehr?
Und so vergebe ich, wie schon für den Vorgänger „Fünf, Vier …  gleich sterben wir“, 4 von 5 Miezekatzen. Beide Bücher kann man übrigens unabhängig voneinander lesen, sie bauen nicht aufeinander auf, lediglich der Ermittler ist derselbe.

01. „Fünf, Vier … gleich sterben wir“
02. „Neun, Zehn … ich will dich sterben seh’n“

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