„Blackwater: Band 1“ – Michael McDowell

“ … Ein Schritt brachte sie wieder auf die Sandbank, auf der ihr Koffer stand, und wäre Miz Driver nicht so benommen gewesen, hätte sie geschworen, dass Miss Elionors anderer Fuß keineswegs so schlank und weiß wie der war, der bereits auf dem Sand stand, sondern völlig anders aussah – breit, flach, grau und mit Schwimmhäuten versehen. …“ (Seite 64)

Blackwater ist anders als alles, was du je gelesen hast. Eine Familiensaga mit einer einzigartigen Atmosphäre schleichenden Grauens.

Blackwater erzählt von dem verschlafenen Perdido in Alabama und den Schrecken, die Elinor Dammert über die Familie Caskey und die Stadt bringt.
Die mysteriöse Fremde, die bei einem Hochwasser am Ostersonntag 1919 in Perdido erscheint, wirkt liebenswürdig und charmant. Aber Elinors schönes Äußeres verbirgt ein schockierendes Geheimnis. Im Wasser des Perdido-Flusses verwandelt sie sich in etwas, über das die Einwohner schon seit Generationen Geschichten erzählen …

Ursprünglich in sechs Teilen erschienen, gilt die Blackwater-Saga als eine der besten Horrorerzählungen aller Zeiten. Michael McDowells wichtigstes Werk, ein über mehrere Generationen verteiltes Familienfresko. …

Als Oscar Caskey und sein Bediensteter Bray nach dem Hochwasser durch die überflutete Innenstadt paddeln, finden sie im Hotel eine junge Frau, die ihnen erzählt, sie würde dort bereits seit 4 Tagen festsitzen. Oscar nimmt Elinor Dammert, die nach Perdido gekommen ist, um als Lehrerin zu arbeiten, sofort unter seine Fittiche. Bray hingegen hat ein ungutes Gefühl, fast schon Angst.
Elinor lebt sich gut in dem Städtchen ein und bekommt die Stelle als Lehrerin trotz fehlender Diplome, angeblich hat die das Hochwasser mitgerissen. Und natürlich wirft Oscar ein Auge auf die schöne Fremde. Seine Familie ist die einflussreichste in dem kleinen Städtchen, an deren Spitze Mary-Love Caskey, seine Mutter steht. Und die hat ein Problem mit Elinor.

Auch wenn ich „Die Elementare“, mein erstes Buch von Michael McDowell nicht sonderlich spannend fand, so ist mir doch eins bereits da aufgefallen: seine bildhafte Schreibweise. Schon allein deswegen war ich gespannt auf den ersten Band der Blackwater Saga.
Und was soll ich sagen, diesmal hat mich auch die Story gepackt, gleich von der ersten Seite an.
Da ist diese Frau, die Oscar im unter Wasser stehenden Hotel findet. Während seinem Angestellten bereits da einige Dinge merkwürdig vorkommen, ist Oscar zu sehr damit beschäftigt, den Retter zu spielen. Und so landet Elinor Dammert, die eine ganz besondere Vorliebe für Wasser hat, in dem Städtchen Perdido, durch das gleich zwei Flüsse fließen und schleicht sich langsam in Oscars Herz. Sie ist eine rätselhafte Figur, man weiß weder, woher sie kommt, noch, was sie vorhat, sie taucht einfach aus dem Nichts auf. Was sie jedoch ist, erfährt man schon im Vorwort und das finde ich doch ein wenig schade, denn ich muss mir nun keine Gedanken mehr darüber machen, was ihr teilweise seltsames Verhalten bedeutet, ich habe es ja schon aufs Butterbrot geschmiert bekommen und das, bevor ich überhaupt mit der Geschichte begonnen habe. In diesem Falle wäre das Vorwort besser ein Nachwort geworden, aber das ist Meckern auf hohem Niveau, denn selbst mit diesem Wissen ist der Ausflug ans Wasser von Perdito und Blackwater noch immer fesselnd.
McDowell versteht es, das Kleinstadtflair perfekt einzufangen und auch wenn es eine Menge Figuren gibt, wirken die alle sehr lebendig und haben ihre Eigenheiten. Man kennt sich, es gibt den üblichen Tratsch. Im Mittelpunkt stehen die Caskeys und ihre Geschichte, eine wohlhabende Familie, deren Oberhaupt vom Neuzugang in der Stadt überhaupt nicht begeistert ist. Ahnt Mary-Love, dass mit Elinore etwas nicht stimmt oder will sie nur ihren Sohn nicht aufgeben? Die beiden Frauen entpuppen sich als rücksichtslose Kämpferinnen, zwischen ihnen steht Oscar, der nicht bereit scheint, eigene Entscheidungen zu treffen. Doch auch der Rest der Familie hat Probleme und das ab und an mal jemand im Fluss sein Leben verliert, wird da fast zur Nebensache.
Trotzdem ist das Grauen die ganze Zeit über da, zwar unterschwellig und  leise, aber immer lauernd. Überhaupt ist der erste Band von Blackwater eher ruhig, aber keineswegs langweilig, den allein Elinores Figur wirft schon eine Menge Fragen auf. Sie einzuschätzen ist einfach unmöglich, zwischen Mitleid und entsetztem Kopfschütteln hat sie bei mir immer wieder sehr unterschiedliche Gefühle ausgelöst. Aber auch Marie-Love ist ein faszinierender Charakter, eine Frau, die einfach nicht klein beigeben kann und immer wieder alles auf eine Karte setzt. Ja, dieses Buch lebt von seinen starken Frauen, sicherlich macht auch das einen Teil dieser ganz besonderen Geschichte  aus.
Über eins habe ich bis jetzt noch gar nichts geschrieben, das Cover. Dabei verdient gerade das einen zweiten Blick, denn es ist ein wahrer Augenschmaus. Ich glaube, wenn alle 3 Bücher erschienen sind, bekommen sie einen Ehrenplatz.^^

Der erste Teil von „Blackwater“ der die ersten beiden Originalbände enthält, ist in Festas Pulp Legends Reihe erschienen und genau da gehört er hin. Michael McDowell lässt seine Leser hier auf wunderbar bildhafte Weise am Schicksal der Familie Caskey teilhaben, was erstmal nicht sonderlich aufregend klingt, aber wahnsinnig spannend ist, da sich hier zwei Frauen einen zermürbenden Kleinkrieg liefern und sich dabei nichts schenken. Dass ab und an auch mal wer auf unschöne Art und Weise im Fluss verschwindet, wird da fast zur Nebensache.
Zum Glück steht der zweite Band bereits in meinem Regal, ich werde mich also in den nächsten Tagen erneut an die Ufer von Perdito und Blackwater aufmachen und schauen, was es dort auf den Sandbänken zu entdecken gibt. Bis dahin gibt es von mir 4,5 von 5 Miezekatzen und eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die mit subtilem Grusel etwas anfangen können.

„Blackwater 1“
„Blackwater 2“
„Blackwater 3“

Please follow and like us:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert