„Das Mädchen auf dem Dachboden“ – Jon Athan

“ … »Ich würde ja sagen, dass ich mir wünschte, ich wäre tot, aber … aber ich fühle mich, als wäre ich bereits tot. Ich kann … Ich kann mich nur nicht daran erinnern, wann ich gestorben bin.« …“ (Seite 123)

Nach dem Tod seiner Frau und dem Selbstmord der älteren Tochter hat der Vater von Sydney große Angst, auch sie zu verlieren. Also greift der strenge Witwer zu einer extremen Maßnahme: Er sperrt seine Tochter auf dem Dachboden ein. Dort beginnt für Sydney die Hölle …

Als Seth mit seinen Eltern ins Nachbarhaus einzieht, erzählen ihm seine neuen Freunde von Sydney, die schon lange niemand mehr gesehen hat.
Von Neugier getrieben klettert Seth eines Nachts auf das Dach des Nachbarhauses und hört durch das mit Brettern vernagelte Fenster einen gedämpften Schrei …
Ist Sydney da drin gefangen? Seth ist wild entschlossen, ihr zu helfen.

Frederick seine beiden Töchter mit eiserner Hand, nach dem Drogentod der Mutter nimmt er ihnen jegliche Freiheiten, für die 17-jährige Abigail ist das zu viel. Sie rebelliert und begeht nach ihrer Bestrafung Selbstmord. Dem alleinerziehenden Vater ist nur noch Sidney geblieben und als die aufmüpfig wird, quartiert er sie kurzerhand auf dem Dachboden ein. Als Seth, der neu ins Haus nebenan gezogen ist, von dem Mädchen hört, das seit einer halben Ewigkeit keiner mehr gesehen hat, klettert er neugierig aufs Nachbardach und bringt damit eine Lawine ins Rollen, die sich nicht mehr aufhalten lässt.

Ein Mädchen, vom Vater auf den Dachboden gesperrt, weil er sie vor schlechten Einflüssen schützen will, die ihn schon seine Frau und die ältere Tochter gekostet haben und ein Junge, neu in der Stadt, der in ihr Nachbarhaus zieht, von seinen neuen Freunden Geschichten hört und neugierig ist. Ja, ich gebe zu, das klingt jetzt nicht so spannend und auch ich dachte, ich weiß, was mich erwartet, aber ich lag so falsch.
Jon Athan hält sich nicht lange mit der Vorgeschichte auf, ein Vater, zwei Teenagertöchter, das Unheil nimmt seinen Lauf. Dass mit Frederick etwas nicht stimmt, ist gleich zu Beginn klar, er ist verbittert, hartherzig und so verhält er sich auch seinen Kindern gegenüber. Als Abigail das nicht mehr aushält und sich erhängt, ist Sidney ihrem Vater komplett ausgeliefert. Die Lage eskaliert komplett, als nebenan die neuen Nachbarn mit ihrem Sohn Seth einziehen, denn der, so meint ihr Vater, ist eine potenzielle Gefahr für Sidney und eigentlich hat er damit gar nicht mal so Unrecht.
„Das Mädchen auf dem Dachboden“ ist ein typischer Athan, aber irgendwie auch wieder nicht. Es ist brutal, weckt Mitleid und spielt mit den Gefühlen des Lesers. Es ist böse, verdammt böse und trotzdem für mich, im Vergleich zu den meisten anderen Werken des Autors, glaubwürdig. Natürlich passiert so etwas da draußen nicht jeden Tag, zum Glück, denn die Geschichte ist schwer zu verdauen und wirft Fragen auf. Jede Menge Fragen, zumindest bei mir, allerdings kann ich auf die nicht weiter eingehen ohne zu spoilern.
Die Rollen gleich zu Beginn verteilt, da wären Frederick, der gestörte Vater, Sidney, das wehrlose, gequälte Opfer und schließlich Seth, ihr Retter in weißer Rüstung und Held der Ge
schichte. Oder vielleicht auch nicht, dass muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich für meinen Teil habe an manchen Stellen ganz schön geschluckt und das will was heißen. Wer kein dickes Fell hat, sollte definitiv einen großen Bogen um das Buch machen, denn die Grausamkeiten, die Jon Athan beschreibt, tun schon beim Lesen richtig weh. Muss man so ins Detail gehen? Darüber kann man sich streiten und eigentlich ist das Ganze ja eher nicht so mein Ding, hier untermalt es die völlig außer Kontrolle geratenen Geschehnisse aber perfekt, es tut weh und genau das sollte ein Trip in unsere dunkelsten Abgründe auch.

Mit „Das Mädchen auf dem Dachboden“ ist es Jon Athan tatsächlich gelungen, mich zu überraschen, nicht mal unbedingt vom Härtegrad her, da ist man von ihm ja so einiges gewohnt. Das Buch ist wie eine Spirale, die sich immer weiter nach unten dreht, ihm haftet eine abgrundtief düstere Grundstimmung an. Das gilt übrigens auch für die Charaktere, die es einem schwer machen, sie zu mögen, bei einigen ist es irgendwie aber auch fast unmöglich, sie zu verurteilen. Harter Stoff, verdammt aufwühlend und mir 4 von 5 Miezekatzen wert, aber definitiv nicht für jederman geeignet.

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