„Die Bürde der Zukunft“ – Clarissa Kühnberger

“ … Sie wusste, was sie zu tun hatte und doch zögerte sie. Livia hatte in ihrem Leben oft getötet, ohne Reue, ohne nachzudenken. Aber das war etwas anderes. Jemand, der nicht davor zurückschreckte ein Kind hinzurichten, selbst wenn es die bessere Alternative war, hatte jegliche Kontrolle verloren. … „

»Sie ist eine von vielen.« Unzählige Male hat Livia sich diese Phrase selbst sagen hören, doch nun war es anders. Nun betraf es ihre Schwester, die im Sterben lag. In der Ferne erhoffte sie sich die Rettung. Und Livia würde alles tun, um Marie zu heilen, koste es, was es wolle.
Zehn Jahre nach dem Fund des Tarkoff-Bakteriums, welches Wissenschaftler aus dem Permafrost in die Zivilisation brachten, kämpfen die letzten Menschen ums Überleben. Doch nicht nur Hunger, Kälte und Krankheiten machen ihnen zu schaffen. Es sind vor allem die Feindseligkeiten und Bandenkriege, die noch immer etliche Opfer fordern. Milliarden von Erwachsenen sind ums Leben gekommen und haben ihren Kindern eine Welt voller Chaos und Schrecken hinterlassen. Eine Welt, in der die Toten die Glücklicheren sind.

Ein Virus hat die Erwachsenen dahingerafft, mit Mitte 20 gehört man schon zum alten Eisen, noch ältere Menschen sind ein seltener Anblick. Auch Livias jüngere Schwester Marie hat sich infiziert, die Suche nach einem Gegenmittel führt Livia und ihre Familie nach Irland, dort soll am ein Gegenmittel entwickelt haben. Doch das Leben dort läuft anders als in Deutschland, die Menschen habe sich in Clanen zusammengeschlossen und ein neues Leben aufgebaut, ganz anders als die rauflustigen Fremden, die bereit sind, alles dafür zu tun um Marie zu retten.

Eigentlich kaufe ich mir meine Bücher ja immer selbst, aber wenn ich doch mal eine Anfrage von einem Autoren oder einer Autorin bekomme und mich der Klappentext neugierig macht, riskiere ich  gern mal ein Auge auf das Buch, so wie in diesem Fall beim Erstlingswerk Clarissa Kühnberger.
Vor 10 Jahren hat ein Bakterium den Großteil der Menschheit ausgelöscht. Warum ein Teil der Kinder und Jugendlichen überlebt haben, die Erwachsenen aber gestorben sind, ist noch immer unklar und die Krankheit wütet weiter.
Als Marie sich ansteckt, macht sich ihre große Schwester Livia zusammen mit der Familie auf den Weg nach Irland, denn dort soll es ein Heilmittel geben. Via würde alles tun, um Marie zu retten. Bis an die Zähne bewaffnet, muss der Familienclan feststellen, dass das Leben auf der grünen Insel sich doch erheblich von dem in Deutschland unterscheidet. D
ie Lage dort scheint wesentlich entspannter, man hat sich organisiert, treibt Handel, niemand trägt Waffen. Ein ungewohntes Bild für die ruppigen Deutschen, die schon bald negativ auffallen.
In Clarissa Kühnbergers „Die Bürde der Zukunft“ ist die junge Generation an der Macht, es gibt keine Erwachsenen mehr, von denen man sich Ratschläge holen kann, die Teenager müssen allein klarkommen und das regeln sie ganz unterschiedlich. Während in Deutschland noch immer Chaos herrscht und nur der Stärkste überlebt, hat man sich in Irland zur Zusammenarbeit entschlossen und so das Beste aus der Situation gemacht, aber natürlich läuft auch hier längst nicht alles perfekt. Das sind auch die Charaktere nicht. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Livia, die schon einiges hinter sich hat. Als Anführerin muss sie hart und kompromisslos sein, trotzdem brauchte ich lange um mit ihr und ihrem Trupp warm zu werden, denn fast alle haben nur ihr Ziel im Auge und gehen dafür über Leichen. Ich verstehe durchaus, was sie antreibt, sympathischer macht es sie aber trotzdem nicht. Ihnen gegenüber steht der Cill Chainnig Clan unter Saoirse und Liam, der das Sagen in Kilkenny hat. Während Liam durchaus ein kleiner Hitzkopf ist, versucht seine Frau alle Probleme friedlich zu lösen. Bei den Fremden, die in ihrer Stadt auftauchen, erweist sich das jedoch als echte Herausforderung.
„Die Bürde der Zukunft“  beginnt recht ruhig mit der Ankunft von Livias Familie in Irland, doch schon bald gibt es den ersten Ärger und dann die Spannung steigt von Seite zu Seite, hin und wieder wird es auch mal etwas blutiger. Der Schreibstil untermalt das Geschehen, die Charaktere sind tiefgründig und haben ihre Ecken und Kanten. Niemand ist perfekt, aber das ist in einer Welt, in der man ums Überleben kämpfen muss auch schwer.
Einen Kritikpunkt habe ich allerdings. Für eine Dystopie wird mir zu wenig auf die Krankheit und deren Auswirkung eingegangen. Wie und wo ist sie ausgebrochen, was waren die ersten Folgen? Es gibt zwar immer wieder ein paar kleine Informationen nebenher, aber das ist mir persönlich einfach zu wenig. Wäre ich nicht ab und an mal wieder darauf hingewiesen worden, hätte ich die Charaktere nicht für Jugendliche gehalten, da sie wie Erwachsene handeln und deren Fehlen so gar nicht weiter auffällt.

„Die Bürde der Zukunft“ ist ein gelungenes Debüt, das zu unterhalten weiß und neugierig auf die Fortsetzung macht. Natürlich ist es nicht perfekt, mir fehlen hier ein paar Infos zum Auslöser der ganzen Katastrophe und wie die Überlebenden damit umgegangen sind. Dafür ist die Story gut ausgearbeitet, ebenso wie die teilweise doch etwas schwierigen Charaktere, die man nicht auf Anhieb ins Herz schließt, aber eben doch irgendwie verstehen kann. Gerade bei Livia geht es mir so, sie ist zwar eine verdammt starke Frau, ich bin mir aber immer noch nicht sicher, ob ich sie mag. Wenn das von der Autorin so beabsichtigt war, ist das ein verdammt cleverer Schachzug, für den es von mir einen Daumen nach oben gibt und damit kann ich guten Gewissens 4 von 5 Miezekatzen vergeben.

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