„Das Porzellanhaus“ – Laura Purcell

“ … Ich habe Miss Pinecroft nicht geglaubt, als sie sagte, es sei zu gefährlich für mich, eine Nacht im Porzellanzimmer zu verbringen. Nachdem dieser Morgen angebrochen ist, wünschte ich mir, ich hätte auf sie gehört. …“ (Seite 415)

Ein Haus voller Geheimnisse, Angst und Wahnsinn.

Die Schwindsucht raubte Dr. Pinecroft mehrere Kinder und die Frau. Nur seine Tochter Louise ist ihm geblieben. Erfüllt von Trauer zieht er mit ihr in ein weitläufiges Anwesen am Meer, das einsam über den Klippen von Cornwall steht.
Aber Dr. Pinecroft hat Pläne: Überzeugt, dass eine Heilung möglich ist, lässt der Arzt einige an Schwindsucht leidende Gefangene in die Höhlen unter Morvoren House bringen. Was dort geschieht hat Folgen, die über die Jahrzehnte hinweg nachhallen.
40 Jahre später trifft Hester Why ein, um die inzwischen teilweise gelähmte und stumme Miss Louise zu pflegen. Doch in ihrem neuen Zuhause lauert das Unheil …

Laura Purcell hat mit ihren Romanen eine ganz eigene Art von düsterer, geradezu beängstigender Lektüre geschaffen, die den Leser in einen Hauch von Horror und Unheimlichkeit hüllt. Ist Übernatürliches am Werk oder Wahnsinn?

Nach einem Vorfall im Hause ihres Arbeitgebers ist Hester Why auf der Flucht, Sie braucht dringend einen neuen Job und so bewirbt sie sich als Pflegerin für Louise Pinecroft. Schon bei ihrer Ankunft weckt das alte Anwesen über den Klippen gemischte Gefühle bei ihr. Auch die riesige Porzellansammlung, die die Hausherrin ständig im Auge behält, weckt Unbehagen und dann ist da auch noch ein etwas merkwürdiges Pflegekind mit einer blühenden Fantasie. Oder hat Rosewyn vielleicht sogar Recht und im Haus geschehen seltsame Dinge? 

„Das Porzellanhaus“ ist das inzwischen 4. Buch von Laura Purcell, das im Festa Verlag erschienen ist. „Die stillen Gefährten“ hat mich damals positiv überrascht, „Das Korsett“ fand ich sogar noch einen Ticken besser, nur „Der Schattenriss“ konnte mich nicht überzeugen, wohl auch, weil ich mit den Figuren einfach nicht warm geworden bin, es gab da einfach niemanden, der mir wirklich sympathisch war.
Bei „Das Porzellanhaus“ war das zum Glück wieder ganz anders. Hier erzählt Hester Why aus ihrem Leben, beginnen mit der Anreise zu ihrem neuen Arbeitsplatz, die schon sehr abenteuerlich ist. Doch im Gegensatz zu dem, was sie auf dem alten Anwesen erwartet, ist das gar nichts.
Das Buch ist in sieben Teile untergliedert, die sich mit verschiedenen Charakteren beschäftigen. So lernt man erst Hester und ihre Geschichte kennen, um dann später 40 Jahre in die Vergangenheit zu reisen, dort auf Louise Pinecroft als junge Frau zu treffen und Zeuge der „Forschungen“ zu werden, die ihr Vater an schwindsüchtigen Gefangenen durchführte. Das Experiment geriet damals außer Kontrolle, die Folgen sind immer noch spürbar. Doch egal ob Vergangenheit oder Gegenwart, die Story bleibt düster und rätselhaft. Die ganze Zeit über fragt man sich, ob im Moroven House wirklich übernatürliche Dinge vorgehen oder Laura Purcell ihre Leser aufs Glatteis führt. Spannung ist also garantiert, aber auch die Charaktere tragen ihren Teil dazu bei. Allen voran natürlich Hester, die selbst kein Unschuldslamm ist, schon einiges mitgemacht hat und trotzdem mit der Situation nicht klarkommt. Aber vor allem die alte Mrs. Pinecroft hat sich in mein Herz geschlichen, während ich sowohl mit Rosewyn, als auch mit Creeda nicht so richtig warm geworden bin. Auffällig ist jedoch, dass keiner der Bewohner dort glücklich zu sein scheint, jeder von ihnen trägt seine eigene Last mit sich herum, was sich noch zusätzlich auf die ohnehin schon recht finsteren Grunsdstimmung auswirkt. Kurz gesagt, Moroven Haus ist kein Ort, an dem man sich wohlfühlt, aber gerade dieses Gefühl zwingt einen dazu, immer weiter zu lesen, auch mit permanenter Gänsehaut.
„Das Porzellanhaus“ nur als Thriller oder Schauergeschichte zu sehen, ist ein wenig einseitig, wie ich finde, denn das Buch setzt sich mit sehr vielen Themen auseinander. Neben Schuld und alten Mythen geht es auch um Sucht und Zwänge, die darauf begründet sind, kein einfacher Stoff und sicherlich nicht für jeden geeignet. Mir persönlich fiel es schwer, mich mit Hester zu identifizieren, aber ich glaube, das ist durchaus so beabsichtigt

Laura Purcell hat mich diesmal wieder auf ganzer Linie überzeugt. „Das Porzellanhaus“ ist so viel mehr als nur ein Thriller, der mit großartigen, nicht immer ganz einfachen Charakteren aufwartet. Der Leser ist erstmal genauso ratlos wie Hester, hat ihr im Laufe der Geschichte aber einiges an Wissen voraus. Was er damit allerdings anfängt, bleibt jedem selbst überlassen. Ich mach mir gern meine eigenen Gedanken, kann aber auch verstehen, dass manche Leser damit nicht klarkommen und am Ende fragend mit den Augen rollen.
Zusätzlich zur packenden Story ist übrigens auch die Aufmachung wirklich gelungen, die an das Porzellan angelehnte Farbgebung und der Farbschnitt sind eine wahre Augenweide, von mir gibt es dafür 4,5 von 5 Miezekatzen und ich freue mich schon darauf, dass die Autorin nächstes Jahr zur Buchmesse vor Ort sein wird.

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