„Im tiefen dunklen Wald“ – Rebekah Stoke

“ … Sie trat auf Scherben. Scherben eines Abends, der alles zerstört hatte, was einmal gewesen war. Scherben, die Zeugen dafür waren, wie vergänglich das Leben und wie bedeutungslos das Wort »Freundschaft« war. …“

„Wir schweigen. Das Geheimnis wird in diesem tiefen dunklen Wald bleiben, solange wir leben – verstanden?“

Das Angebot klingt verlockend: Gary und seine Frau Dana bekommen die Einladung, ein günstiges Wochenende in einer einsam gelegenen Lodge in Lintfield, Louisiana, zu verbringen. Die Bilder zeigen eine traumhafte Natur zwischen geheimnisvollen Sümpfen und Wäldern, doch der Ort weckt böse Erinnerungen. Lintfield ist Garys alte Heimat. Sie beschließen, dennoch hinzufahren, und Gary verdrängt den Gedanken daran, dass ihr letzter Besuch dort ein tödliches Ende genommen hat.
Vor Ort sind sie überrascht, als sie erkennen, dass sie nicht die einzigen Gäste sind, die diese Einladung erhalten haben. Gary kennt jeden Einzelnen von ihnen und ist außer sich, hatte er doch geschworen, sie niemals wiedersehen zu wollen. Als Dana und er abreisen wollen, hat der „Besitzer“ der Lodge einen anderen Plan: Alle werden zum Dinner bleiben! Alle werden ihm zuhören! Denn sie haben etwas Furchtbares getan. Niemand von ihnen soll diesen tiefen dunklen Wald je wieder verlassen …

Dana war einst Polizistin, doch ihren Job hat sie längst an den Nagel gehängt und sich komplett ihrer Berufung verschrieben, sie trinkt bereits morgens und bestellt völlig unnötige Dinge im Internet, alles andere bleibt an ihrem Mann Gary hängen. Als der einen Brief mit einer Einladung für ein Wochenende in einer Lodge in seiner Heimatstadt Lintfield bekommt, weiß er zunächst nicht so recht, wie er darauf reagieren soll, denn vor 10 Jahren ist dort etwas schreckliches geschehen und alle Beteiligten gaben sich damals das Versprechen, nie wieder dorthin zurückzukehren. Aber sagt man nicht Zeit heilt alle Wunden? Und so macht sich das Paar auf den Weg in die alte Heimat, keine gute Idee, wie sich schon bald zeigt.

Rebekah Stoke schafft es immer wieder, dass sich beim Lesen ihrer Bücher ein ungutes Gefühl in meiner Magengegend breitmacht, mit „Im tiefen dunklen Wald“ ist ihr das wieder wunderbar gelungen. Wie üblich führt mich die Story wieder in die Sümpfe Louisianas, schon allein diese Location wirkt auf mich immer wieder einen ganz besonderen Reiz aus, außerdem hat sie etwas düsteres an sich, was perfekt zu den Thrillern der Autorin passt.
Dana und Gary, Edie und Samantha bekommen eine Einladung in eine traumhaft gelegene Lodge und obwohl jeder von ihnen mit einem unguten Gefühl in sein Heimatstädtchen zurückkehrt, treffen sie in Bellas Pension nach all den Jahren wieder aufeinander. Dana, die inzwischen mehr am Alkohol als an ihrem Mann Gary hängt, Garys „gefallene“ kleine Schwester Edie samt gutem Freund Joey und Samantha, die inzwischen erfolgreiche Geschäftsfrau. 10 Jahre haben sie verändert, doch sie wissen noch genau, was damals passiert ist, an jenem Abend auf der Party in Robbies Hütte im Wald, den Robbie nicht überlebt hat.
Rebekah Stoke nimmt sich erst einmal viel Zeit, ihre Protagonisten vorzustellen und das ist gut so, denn sie alle haben eine eigene Geschichte, ein Leben, dass sie sich nach dem „Vorfall“ aufgebaut haben. Und sie alle sind irgendwie kaputt auf die eine oder andere Art. Da ist Danas übermäßiger Alkoholkonsum, Gary, der sich an seine Frau klammert und alles hinnimmt, Edie, die damals von zu Hause weggelaufen ist und nun auf der Straße lebt und schließlich Samantha, reich und erfolgreich, aber nicht glücklich.
Was in jener verhängnisvollem Nacht wirklich geschehen ist, wird langsam und Stück für Stück in Rückblenden erzählt und hält so den Spannungsbogen kontinuierlich oben. Man weiß zu Beginn zwar zumindest grob, was passiert ist, aber Rebekah Stoke wäre nicht Rebekah Stoke, würde sie ihre Leser nicht überraschen. Doch ohne die überzeugenden Charaktere wäre der Plot nur halb so fesselnd. Figuren, für die ich zu Beginn nicht sonderlich viel Sympathie übrig hatte, haben sich in schließlich doch in mein Herz geschlichen, so wie Edie und Gary. Und dann ist da noch Bella …
Kurz gesagt, „Im tiefen dunklen Wald“ lebt von seinen Figuren und den Ausflügen in die Vergangenheit, die Licht ins Dunkel bringen. Ein tiefes Dunkel, das die Grenzen zwischen gut und böse verwischt.

Was soll ich sagen, Rebekah Stokes neuestes Werk hat mich nicht nur unterhalten, sondern auch betroffen gemacht, ähnlich wie „Der Schlechte“, ein weiteres Buch der Autorin, das ich jedem Thrillerfreund wärmstens empfehlen kann. Auch wenn mir recht früh klar war, wer hier Dreck am Stecken hat, hat die Geschichte selbst dadurch keineswegs ihre Spannung eingebüßt und auch die Auflösung hat mich sehr mitgenommen, dafür vergebe ich gern 4,5 von 5 Miezekatzen und freue mich jetzt schon auf neuen Lesestoff aus dem Hause Stoke.

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