„Und mit mir die Unzucht“ – Daniel Leitner

“ … Tatsache ist, dass das hier ein Bordell für besondere Vorlieben ist – heißt, dass du mit Männern schlafen wirst, die sagen wir mal, spezielle Wünsche haben. Diese Wünsche hast du zu erfüllen, ohne Widerrede, ohne lästiges Genörgel, ohne jegliche Wahl. …“

Das Lächeln eines Einzelnen. Das Schicksal vieler.

Als die neunzehnjährige Sophie wieder zu sich kommt, stellt sie fest, dass sie sich nicht mehr in einer Bar befindet. Es ist stockdunkel und sie spürt die kalten Fliesen auf ihrer nackten Haut. Plötzlich steht da eine Frau in der Tür, schlägt ihr ins Gesicht und brüllt, dass sie aufhören soll zu weinen. Es gibt kein Entkommen. Sophie gehört jetzt ihr!

Es geht zurück nach Velvet Cove – eine Stadt voller Abgründe, widerwärtiger Ausschweifungen und verlorener Seelen, erschaffen vom Teufel selbst. Wagst du es, die Tore zu öffnen?

Entweder werde ich verkauft oder es gibt einen anderen Weg mich verschwinden zu lassen.“

Sophie ist auf der Suche nach Arbeit. In einer schmudeligen Bar wird sie schließlich fündig und feiert dort auch gleich nach bestandenem Bewerbungsgespräch. Beim Gang auf die Toilette verliert sie die Kontrolle über ihren Körper und erwacht in einem dunklen Raum. Von nun an ist sie Eigentum von Fräulein Ilse, die ihre Mädchen an gut zahlende Kunden vermietet und eine Flucht scheint aussichtslos.

Nach nach fast 2 Jahren bin ich erneut nach Velvet Cove zurückgekehrt, diesmal um die 19-jährige Sophie zu begleiten. Die bekommt einen Job in einer schäbigen Bar und feiert das dort erstmal. Schon bald kommt das böse Erwachen, denn nachdem sie zusammengebrochen ist, kommt sie in einem dunklen Raum zu sich und lernt Fräulein Ilse kennen, die ein Bordell betreibt und ihre Mädchen mit strengen Regeln und Gewalt gefügig macht. Doch Sophie will sich nicht brechen lassen, muss aber bald feststellen, dass Aufmucken nur in Schmerzen endet, sie muss also einen anderen Weg finden, um zu entkommen. Und so flüchtet sie sich in Erinnerungen und entwickelt ihre ganz eigene Weise, mit den Misshandlungen klarzukommen.
Ich bin ja Fan von scheinbar idyllischen Kleinstädten, dort gibt es immer jede Menge Dreck zu finden, wenn man nur tief genug gräbt, manchmal ist nicht mal das nötig. Dass hinter der scheinbar harmlosen Fassade von Velvet Grove düstere Abgründe lauern, ware mir schon bei „Und mit mir die Angst“ klar, hier übertrifft sich Daniel Leitner in Sachen körperlicher und seelischer Gewalt aber selbst. Und da er seine Heldin in Ich-Form erzählen lässt, ist man hautnah dabei, was sich teilweise sehr unschön anfühlt, aber eben auch fesselt und für Spannung sorgt. Auch Sophies Gegenspieler lässt den Leser aus der Ich-Perspektive an seinem Leben teilhaben. Statt Mitleid empfinde ich hier aber nur Abscheu, er ist der perfekte Manipulator ohne jegliches Gewissen, ein wirklich grausamer Charakter, doch genau diesind ja bekanntlich am Faszinierendsten.
Trotzdem hat mir persönlich der Vorgänger besser gefallen, vor allem die Auflösung. Was Sophie zustößt ist schrecklich und ja, ich leide mit ihr, trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass all die Gewalt hier nur Mittel zum Zweck ist. Das Buch lässt einen definitiv schlucken und man fragt sich ernsthaft, was manchen Menschen so im Hirn rumspukt, aber das reicht mir hier einfach nicht aus. Trotzdem zieht mich Velvet Cove nach wie vor an, ich höre die Dunkelheit schon wieder nach mir rufen.

„Und mit mir die Unzucht“ ist harter Tobak, daran besteht kein Zweifel. Das Buch ist packend geschrieben, man fliegt förmlich durch die Seiten und dennoch fehlt mir hier irgendwie das gewisse Etwas. Was wahrscheinlich an mir liegt, da alle Bände miteinander verflochten sind und ich den ersten bis heute nicht gelesen habe. Das muss ich unbedingt nachholen, dann kann ich meine Wertung gegebenenfalls ja auch noch korrigieren. Bis dahin gibt es von mir aber erstmal 3.5 von 5 Miezekatzen.

01. „Und mit mir die Dunkelheit“
02. „Und mit mir die Angst“
03. „Und mit mir die Unzucht“
04. „Und mit mir die Schuld“

Please follow and like us:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert