„Seher 002“ – Marcel Riepegerste

“ … Interessiert es dich denn gar nicht, wie ich dich gefunden habe? Warum ich plötzlich blutüberströmt in deiner Gartenlaube liege? …“

Eigentlich hatte es John Wilson ans andere Ende der Welt verschlagen, damit er dort endlich den Dämonen seiner Vergangenheit entkommen kann. Doch seine Ruhe wird jäh gestört, als ein blutüberströmter Mann sich mit letzter Kraft auf sein Grundstück schleppt. John erschrickt, als er den Fremden erkennt. Als „Seher 002“ war er bis zu einem Streit einst Johns Partner bei der CIA. Heute leidet er unter einer Amnesie und fleht John an, ihm zu helfen, herauszufinden, was in der letzten Nacht passiert ist. Und schon bald werden beide Männer sich wünschen, sie hätten es nie erfahren.

John ist ein Seher, er kann sich an Orte versetzen und diese erkunden, das macht ihn zu einem wertvollen Mitarbeiter für die CIA. Doch nicht immer läuft alles wie geplant, John hadert mit seinem Job und so zieht er sich in die Einsamkeit Neuseelands zurück. Dort taucht eines Tages sein alter Partner auf, dessen falsche Entscheidung vor Jahren zum Bruch zwischen den beiden geführt hat. Jetzt ist Jacob auf Johns Hilfe und dessen Fähigkeiten angewiesen. 

„Seher 002“ beginnt mit einem Ausflug in die Vergangenheit, John und sein Partner müssen eine wichtige Entscheidung treffen. Während John abwartet, reagiert sein Gegenüber vorschnell, Unschuldige sterben.
Jahre später lebt John zurückgezogen in Neuseeland, als nachts ein blutüberströmter Mann auf seinem Grundstück auftaucht und ihn um Hilfe bittet. Dunkle Erinnerungen kommen hoch, vor einiger Zeit stand schon mal ein Mann vor seiner Tür.
Doch diesmal ist es anders, denn der Eindringling ist Jacob, Seher 002, Johns ehemaliger Partner, die Wege der beiden hatten sich nach jener verhängnisvollen Nacht getrennt. Jacob weigert sich, ins Krankenhaus zu gehen, stattdessen bittet er John, herauszufinden was letzte Nacht passiert ist, denn er kann sich nicht erinnern und das Blut auf seiner Kleidung ist nicht sein eigenes.
„Seher 002“ beginnt ähnlich wie der Vorgänger, jemand weiß von Johns Fähigkeiten und möchte darauf zurückgreifen. Diesmal ist es jedoch kein Vater, der seine Tochter sucht, sondern sein alter Partner, den er aufgrund der Ereignisse von damals aus seinem Leben verbannt hat, dementsprechend gering sind natürlich auch seine Ambitionen, ihm zu helfen. Doch er weiß natürlich auch, dass er mit Jacobs Auftauchen auf seinem Grund und Boden längst in der Sache drinhängt und muss so wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Marcel Riepegerste gelingt es hier sehr gut, die innere Zerrissenheit seines Protagonisten zu schildern, man leidet förmlich mit John, der in seinem Leben schon so viel mitgemacht hat. Und auch sein neuer „Fall“ verlangt ihm wieder so einiges ab, auch wenn die Auflösung für mich wenig überraschend daherkam. Das hat der Story aber keinen Abbruch getan, denn was zählt, ist der Weg dorthin und der war nicht nur spannend und emotional, sondern auch großartig ausgearbeitet, man merkt, dass da eine Menge Recherche und Herzblut eingeflossen sind. Sowohl John, als auch Jacob besitzen Tiefe, man kann ihre Handlungen nachvollziehen, auch wenn man nicht in ihrer Haut stecken möchte. Der Autor zeigt hier einmal mehr, dass eine gute Geschichte nicht viele Seiten braucht und ich hoffe, dass John Wilson auch zukünftig noch einiges zu erzählen hat.
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich allerdings auch, das Cover wirkt auf mich ein wenig unglücklich gewählt, fast wie Werbung für eine kirchliche Institution oder Gruppierung à la öffne diese Tür und der Herr wird bei dir sein, halleluhja.^^ Ein Coverkauf wär das Buch bei mir definitiv nicht, aber zum Glück kommt es ja auf den Inhalt an.

Trotz weniger Seiten erzählt auch „Seher 002“ wieder eine komplexe Geschichte, man merkt von der ersten Seite an, dass sich Marcel Riepegerste intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt hat und das Nachwort macht auf erschreckende Art und Weise klar, dass genau diese Dinge da draußen immer wieder passieren. Die Geschichte hallt nach, denn am Ende bleibt eine Frage: Wie würde man selbst reagieren, wenn man in eine solche Lage gerät? Ich für meinen Teil möchte gar nicht darüber nachdenken.
Wer auf der Suche nach einem fesselnden Thriller ist, kann hier bedenkenlos zugreifen, auch ohne den Vorgänger zu kennen, allerdings ist auch der lesenswert und hilft dabei, John besser zu verstehen. Von mir gibt es 4 von 5 Miezekatzen.

01. „Seher 001“
02. „Seher 002“

Please follow and like us:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert