„Bösland“ – Bernhard Aichner

“ … Mein einfaches Leben im Labor ohne Höhen und Tiefen, die Gleichgüligkeit, an die ich mich gewöhnt hatte, die mir Sicherheit gab, nichts mehr davon übrig. Kux hatte mich verschluckt, meine Tage. Die früheren und die kommenden. …“ (Seite 311)

Sommer 1987. Auf dem Dachboden eines Bauernhauses wird ein Mädchen brutal ermordet. Ein dreizehnjähriger Junge schlägt sieben Mal mit einem Golfschläger auf seine Mitschülerin ein und richtet ein Blutbad an. Dreißig Jahre lang bleibt diese Geschichte im Verborgenen, bis sie plötzlich mit voller Wucht zurückkommt und alles mit sich reißt: Der Junge von damals mordet wieder…

Das Bösland ist der Ort, an dem Bens Albtraum beginnt. Sein Vater nennt den Dachboden so, wo er seinen Sohn regelmäßig verprügelt. Doch auch nach dem Selbstmord seines alten Herrn kommt Ben nicht zurRuhe, das Bösland wird erneut zumTatort. Jahre später kehrt Ben an den Tatort zurück, will sich erinnern, was damals geschehen ist. Doch manche Erinnerungen bleiben besser verborgen. 

Das Bösland, der Dachboden, auf dem sein Vater ihn immer verprügelt, ist ein fester Bestandteil von Bens Kindheit. Dort erhängt sich sein alter Herr und auch Mathilda, Bens Freundin, wird hier erschlagen. Der Mord bringt Ben viele Jahre in der Psychiatrie ein, der Neuanfang ist schwer. Gemeinsam mit seiner Psychiaterin Frau Vanek will Ben die Vergangenheit aufarbeiten, eine Vergangenheit, die er verdrängt hat. Er erinnert sich an schöne Stunden mit seinem einzigen Freund Kux und dann zog Mathilda in die Stadt. Die drei waren unzertrennlich, bis zu jenem verhängnisvollen Tag. Um endlich abschließen zu können, soll Ben seinen alten Freund aufsuchen, der inzwischen verheiratet ist und sich keine Sorgen um Geld machen muss. Das Wiedersehen weckt Erinnerungen, doch diese sind anders als erwartet.
Bernhard Aichner erzählt seine Geschichte in kurzen Kapiteln anhand von Gesprächen mit Dr. Vanek, Ausflügen in die Vergangenheit und natürlich auch in der Gegenwart aus der Sicht seines Protagonisten, den er so auch immer wieder seine Gedanken teilen lässt. Was Ben schließlich bei seinem Besuch bei Kux herausfindet, kommt nicht überraschend und ich habe mich schon gefragt, wie der Autor die Spannung bis zum Ende aufrechterhalten will. Aber keine Sorge, er schafft es ohne Probleme, denn er lässt die ehemals besten Freunde einen Psychokrieg führen, der es in sich hat, Opfer fordert und mich immer wieder den Kopf schütteln ließ. Mit Kux hat er eine Figur erschaffen, die sich für unfehlbar und unantastbar hält, einen Narzissten, Psychopathen, kurzum, jemanden, um den man den größtmöglichen Bogen machen sollte. Das Schlimme daran ist, dass solche Menschen da draußen wirklich existieren und nicht einmal ein Verbrechen begehen müssen um anderen erheblich zu schaden.
Aichners Schreibstil ist, wie immer, eigen, es gibt keine wirklichen Dialoge, die Unterhaltungen lesen sich eher wie Protokolle, die Sätze sind kurz, die Kapitel ebenfalls. Allerdings hat mich das hier weit weniger gestört als bei „Totenfrau“, ich würde fast soweit gehen und behaupten, dass er zum Katz und Maus Spiel, das sich Ben und Kux liefern sogar perfekt passt. Auch wenn der Ausgang der Geschichte nicht wirklich überrascht, hat mich „Bösland“ gut unterhalten und immer wieder den Kopf darüber schütteln lassen, wie abgebrüht manche Menschen doch sind.
Einen Kritikpunkt gibt es da aber zum Abschluß noch. Das Buch hat vor und nach jedem Kapitel leere Seiten, die gefühlt ein Drittel des Umfangs ausmachen. Wozu? Um die Story länger erscheinen zu lassen als sie tatsächlich ist? Das hat sie gar nicht nötig.

„Bösland“ ist ein packender Thriller über eine zerstörte Kindheit, die den Protagonisten auf erschreckende Weise immer wieder einholt und zeigt, wie skrupellos Menschen sein können. Wer auf Ermittlungsarbeit und Tätersuche hofft, ist hier fehl am Platz, es gibt keine Twists oder Überraschungen und dennoch weiß Bernhard Aichner auf seine ganz eigene Art bis zum Ende zu fesseln, das ist mir vier von 5 Miezekatzen wert.

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