“ … Taliah spürt, dass sich etwas über ihr zusammenbraut. Sie hört auf zu schreiben, schließt das Tagebuch und dreht sich rasch mit dem Stuhl um. Auf der anderen Seite des Zimmers sitzt Talulah und beobachtet sie. Die hübschen Züge sind von ihrem finsteren Blick verzerrt. …“ (Seite 22)
Talulah und Taliah sind eineiige Zwillinge. Sie machen alles gemeinsam und kommunizieren in ihrer eigenen Geheimsprache. Selbst ihre Eltern können sie kaum auseinanderhalten. Die Welt sieht die beiden nur als zwei Teile eines Ganzen.
Aber niemand ahnt, dass hinter der ruhigen Fassade ein Ringen um die Vorherrschaft begonnen hat.
Eine der beiden wird mehr und mehr von der anderen erdrückt und darf kein eigenes Leben führen … denn Ebenbilder sind einander nicht unbedingt auch ebenbürtig.
Ein ergreifendes und vor allem ungewöhnliches Buch.
Portman hat die Fähigkeit, seine Welten mit eigenartigen, aber glaubwürdigen Charakteren zu bevölkern.
Mit beeindruckender psychologischer Aufmerksamkeit lässt er Talulah und Taliah außer Kontrolle geraten und schickt sie auf einen Kollisionskurs mit unserer Gesellschaft.
Dass Zwillinge durchaus gruselig sein können, weiß man spätestens seit „Shining“, aber auch bei Talulah und Taliah kommt von Anfang an ein ungutes Gefühl auf. Während die beiden Mädchen anfangs nicht so recht greifbar erscheinen, lernt man sie nach und nach durch ihre Tagebucheinträge immer besser erkennen und bemerkt, dass sie sich eigentlich gar nicht so ähnlich sind, wie es anfangs scheint, denn ihre Gedanken schweifen in völlig unterschiedliche Richtungen und auch das Geschehen um sich herum nehmen sie unterschiedlich war. Trotzdem ist da dieses unsichtbare Band, das sie verbindet, auf Lebenszeit.
Ich habe keinen Zwilling, trotzdem kann ich mir sehr gut vorstellen, wie zermürbend es sein muss, immer auf eine Einheit reduziert zu werden. Natürlich kann man sich bei Tests in der Schule als der jeweils andere ausgeben, was für ein Riesenspaß, doch es gibt eben auch Dinge, die man nicht teilen will. Und wenn dann noch die Interessen auseinandergehen, ist der Stress so gut wie vorprogrammiert.
„Symbiose“ von Guy Portman fängt recht ruhig an, steigert sich jedoch von Kapitel zu Kapitel. Wer allerdings darauf wartet, dass Blut fließt, wird enttäuscht sein, denn das Buch wirkt auf einer anderen Ebene, ist aber deswegen nicht weniger schmerzhaft.
Talulah und Taliah nehmen den Leser mit auf ihre ganz persönliche Reise, auf der man sich immer wieder fragt, wo und wie sie enden wird. Der Autor schildert die innere Zerrissenheit der Protagonistinnen und das ist ihm wirklich gut gelungen, aber mussten die beiden Namen wirklich sein? Selbst beim Lesen hatte ich immer wieder das Gefühl, das meine Zunge sich verknotet oder ich die beiden ständig verwechsle.
Obwohl es mir schwer fällt, „Symbiose“ einem bestimmten Genre zuzuordnen, hat mich das Buch (ich hab es ganz kühn in Thriller verfrachtet^^) gefesselt, auch wenn sich der Einstieg etwas träge gestaltet und die Zwillingssprache ein wenig nervig ist. Das Ende habe ich recht früh erahnt, allerdings tut das der Geschichte keinen Abbruch und so vergebe ich 4 von 5 Miezekatzen.