„Die Wahrheit, die uns zweifeln lässt“ – Allen Eskens

“ … »Ich glaube nicht, dass ich dich je ins Kreuzverhör nehmen könnte. Nach allem, was passiert ist. Das wäre so, als würde ich meinem Hund einen Tritt verpassen.«
»Ich bin also der Hund in diesem Szenario?«
»Ja, aber ich liebe meinen Hund wirklich sehr.« …“
(Seite 317)

»Die Wahrheit ändert sich niemals. Nur eine Lüge verändert sich mit der Zeit.« Jennavieve Pruitt wurde in ihrem eigenen Haus brutal ermordet. Den Körper der Frau hat man wie Abfall in eine Seitenstraße geworfen. Detective Max Rupert untersucht das Verbrechen. Er ist überzeugt, dass der Ehemann der Mörder ist, obwohl der zur Tatzeit nicht in der Stadt war. Rechtsanwalt Boady Sanden ist ein guter Freund von Max. Er hat den Fall übernommen. Und er ist davon überzeugt, dass sein Klient unschuldig ist. Während sich die rätselhafte Wahrheit nach und nach enthüllt, sind die beiden Freunde gezwungen, sich ihren eigenen persönlichen Dämonen zu stellen … Ein spannender Mordfall, erzählt aus zwei gegensätzlichen Perspektiven.

Max arbeitet als Polizist, Boady war mal Verteidiger, beide verbindet eine jahrelange innige Freundschaft, die nun auf der Kippe steht. Denn Ben Pruitt, den Mann der wegen Mordes an seiner Frau vor Gericht steht, kennen sie beide. Während Max in dem Fall ermittelt und von seiner Schuld überzeugt ist, versucht Boady den ehemaligen Kollegen, der seine Kanzlei übernommen hat, vor dem Gefängnis zu bewahren, damit dessen kleine Tochter nicht allein zurückbleibt. Beide sind der felsenfesten Überzeugung auf der richtigen Seite zu stehen und fahren schwere Geschütze auf, ohne Rücksicht auf den anderen. Aber kann das gutgehen?

„Fiat justitia ruat caelum – Gerechtigkeit muss walten, auch wenn der Himmel einstürzt.“
Dieser Meinung ist zumindest Boady, der vor Gericht seinen Freund Max gegenübersteht. Er will alles tun, um einen Freispruch für seinen Klienten zu bewirken, auch wenn er Max dafür „opfern“ muss. Denn der Polizist wird von den Geistern der Vergangenheit gejagt und dieser Mordfall geht ihm an die Nieren, das weiß auch Boady ganz genau und sieht darin seine Chance. Aber ist es das wirklich wert?
Wie weit darf oder muss man für die Wahrheit, die Gerechtigkeit, gehen?
Allen Eskens lässt seine Leser an solch einem Fall teilhaben. Zwei Freunde, die auf unterschiedlichen Seiten stehen. Da ist Max, der den Tod seiner Frau immer noch nicht verwunden hat und überzeugt davon ist, das Pruitt der Täter ist. Der Polizist sucht nach Gerechtigkeit, allein schon weil seine Frau sie nicht bekommen hat und das nagt an ihm. Dafür pfeift er schon mal auf die Regeln und man versteht ihn.
Aber auch Boady, der extra für diesen einen Fall in seinen alten Job zurückkehrt, ist ein Sympathieträger. Der Anwalt kennt Ben Pruitt und entwickelt einen Beschützerinstinkt für dessen Tochter. Er ist Familienmensch und steht vor einer schweren Entscheidung, denn sein Gegner vor Gericht ist sein Freund und er kennt seine wunden Punkte. Darf man sich die zu nutze machen um zu gewinnen?
Beide Charaktere sind perfekt angelegt, ich habe ihre Bedenken und Zweifel geteilt. Max tat mir furchtbar leid und ich konnte seine Handlungen nachvollziehen, ich hätte an seiner Stelle mit Sicherheit ähnlich gehandelt. Bei Boady hingegen ist es etwas schwieriger. Einserseits bewundere ich ihn, da er sich für seine Überzeugung ins Zeug legt, auch wenn es für ihn persönliche Konsequenzen haben wird, andererseits lässt ihn dasirgendwie berechnend wirken.
„Die Wahrheit, die uns zweifeln lässt“ spielt zu großen Teilen vor Gericht und ist in drei Abschnitte geteilt, beginnend mit dem Mord und den Ermittlungen, gefolgt von der Verteidigung des Angeklagten bis hin zum Prozess und dem Urteil. Das mag etwas trocken klingen, ist es aber keineswegs, denn die Geschichte fesselt von der ersten Seite an, wühlt auf und immer wieder habe ich mich gefragt, wie ich wohl mit einer solchen Situation umgehen würde und ganz ehrlich, so sehr ich auch darüber nachdenke, ich habe keine Ahnung.
Das Buch ist in der „Must Read“ Reihe des Festa Verlags erschienen und genau da gehört es meiner Meinung nach auch hin.

Allen Eskens schafft es immer wieder, mich mit seinen Büchern zu beeindrucken, „Die Wahrheit, die und zweifeln lässt“ ist da keine Ausnahme. Ich habe sowohl mit Max, als auch mit Boady mitgelitten und das Ende nicht kommen sehen, schon allein dafür gibt es einen fetten Daumen nach oben, eine unbedingte Leseempfehlung und 4,5 von 5 Miezekatzen.

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