„Der Schattenriss“ – Laura Purcell

“ … Agnes blinzelt. Sie hätte alles gegeben, um glauben zu können, dass ihr grauer Star sie getäuscht und sie die falsche Nachricht gelesen hat.
Aber sie ist immer noch dort, trotzig im Staub.
»Ma’am? Was steht da?«
»Zu spät«, krächzt sie. »Die Zeichen bedeuten: zu spät.« …“ (Seite 239)

Böses geschieht im Dunkeln.

Mitte des 19. Jahrhunderts hält die Fotografie in England Einzug, und die Scherenschnitt-Künstlerin Agnes kämpft verzweifelt darum, ihr Geschäft zu erhalten. Mit jedem Tag scheinen sich weniger Menschen für ihr besonderes Handwerk zu interessieren.
Agnes sieht sich plötzlich mit Problemen konfrontiert, die sie immer mehr in die Dunkelheit ziehen. Doch in den Straßen von Bath lauert ein weiterer Schatten: ein heimtückischer Mörder, der es scheinbar auf ihre Kunden abgesehen hat.
In ihrer Verzweiflung wendet sich Agnes an ein spirituelles Medium, die junge Pearl, die mit den Toten Kontakt aufnehmen soll.
Die Wahrheit, die die beiden Frauen ans Licht bringen, wäre jedoch besser im Dunkeln geblieben … 

Agnes hat nicht mehr viele Kunden und muss mit ihren Ausgaben haushalten, denn Scherenschnitte sind nicht mehr wirklich gefragt, man steht auf lebendigere Bilder und lässt sich fotogarfieren. Als einer ihrer Auftraggeber auf dem Heimweg ermordet wird, hält Agnes es zunächst für ein schlechtes Omen. Doch nach dem Fund einer weiteren Leiche ist klar: jemand hat es auf ihre Kunden abgesehen und schlechte Publicity kann sie sich nicht leisten. Als sie auf Pearl trifft, ein Mädchen, dass mit den Geistern verstorbener reden kann, machen sich die beiden auf die Suche nach dem Mörder.

Laura Purcell hat mich bisher nicht enttäuscht, ich fand sowohl „Die stillen Gefährten“, als auch „Das Korsett“ sehr stimmungsvoll und düster, auch der Klappentext von „Der Schattenriss“ hörte sich toll an. Leider hat mich die Autorin diesmal aber nicht überzeugt, was wohl zu einem großen Teildaran liegt, dass ich Agnes, ihre „Heldin“, einfach nicht mochte. Die Künstlerin kämpft ums überleben, sie muss ihre Familie ernähren, aber Besucher in ihrem Geschäft bleiben aus. Natürlich ist man dann nicht der glücklichste Mensch auf Gottes schöner Erde, das ist durchaus nachvollziehbar. Sie hat jedoch eine Art an sich, die mich einfach nicht mit ihr warm werden ließ, sie nutzt jeden in ihrem Umfeld aus. Sei es Simon, der Witwer ihrer Schwester oder die 11-jährige Pearl, die an Albinismus leidet, was ihrem Job als geheimnisvolles Medium sehr entgegenkommt.
Beide, Agnes und Pearl sind gefangen in den Zwängen für ihren Unterhalt zu sorgen, doch während die ältere das mit Leidenschaft tut, wird das Kind von ihrer großen Schwester dazu genötigt. Das stößt Agnes zwar sauer auf, hält sie aber nicht davon ab, Pearl ebenfalls für ihre Zwecke zu benutzen, dabei sollte es die schon etwas betagtere Dame doch eigentlich besser wissen. Nach dem Mörder sucht sie ebenfalls nur aus purem Eigennutz, denn getötete Kunden sind keine gute Werbung. Hinzu kommt eine Art Hass-Liebe zu ihrer verstorbenen Schwester, über die sie sich immer wieder auslässt. Agnes bleibt für mich das ganze Buch über eine Figur, die nicht greifbar ist, die, außer ab und an an ihren Neffen, nur an sich selbst denkt und kein Problem damit hat, ihre Mitmenschen zu ihrem Vorteil zu gebrauchen. Pesrl hingegen tut mir einfach furchtbar leid, sie ist jung, naiv, hat keine Ahnung, was um sie herum geschieht. Sie haate nie eine richtige Familie und verlässt sich so auf ihre große Schwester, die weiß, wie es im Leben läuft.
Auch wenn die Geschichte sehr düster ist und es für niemanden einen Ausweg zu geben scheint, so hat sie mich dennoch nicht gefesselt, alles schleppt sich langsam dahin und das Ende war nicht sonderlich spektakulär, da hatte ich auf mehr gehofft.
„Der Schattenriss“ kein schlechtes Buch, das Setting ist toll und ich mag die düstere Atmospäre. Wenn einem die Hauptfigur aber so gegen den Strich geht wie mir Agnes, fehlt einfach das Mitfiebern und genau das macht für mich eine gute Story aus. Ich muss mich in sie hineinversetzen können, mit ihr leiden und genau das war hier bei mir leider nicht der Fall.

Wie schon Laura Purcells andere beiden Bücher, die ebenfalls im Festa Verlag erschienen sind, ist auch „Der Schattenriss“ mit dem farbigen Buchschnitt wieder ein wahrer Augenschmaus. Storytechnisch konnte es mich allerdings nicht überzeugen, auch, weil ich die Protagonistin nicht mochte. Dafür waren die Kapitel mit Pearl sehr berührend, aber das reicht leider nicht aus.Mein persönlicher Favorit bleibt also auch weiterhin „Das Korsett“, gefolgt von „Die stillen Gefährten“. Für „Der Schattenriss“ bleiben da nur 3,5 von 5 Miezekatzen und der ein wenig abgeschlagene dritte Platz. Trotzdem bin ich mir sicher, dass einige von euch Agnes gern auf ihrer Reise begleiten und mit ihr nicht solche Probleme haben wie ich.^^

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