„Ein gutes Omen“ – Neil Gaiman, Terry Pratchett

“ … Die Menschen begriffen einfach nicht, daß die Hölle keineswegs ein Reservoir des Bösen darstellte und daß der Himmel, wie Crowley glaubte, alles andere war als ein Quell des Guten. Es handelte sich nur um die beiden Seiten beim kosmischen Schachspiel. Wahrhaftiges Unheil und echte Gnade fanden sich einzig und allein im menschlichen Bewußtsein. …“ (Seite 99)

Apokalypse mit Humor: In Terry Pratchetts und Neil Gaimans Kult-Klassiker »Ein gutes Omen« liefern sich Gut und Böse ein bitter-komisches Duell.
Das gemeinsame Buch der beiden Fantasy-Schwergewichte Terry Pratchett und Neil Gaiman ist ein wahrer Geniestreich voll absurder Komik.   

 Es ist das Ende des 20. Jahrhunderts, Himmel und Hölle machen sich für ihren finalen Kampf bereit: Die Apokalypse steht bevor – aber irgendwie will der Antichrist nicht so richtig in die Gänge kommen.  

Die Engel Erziraphael und Crowley sollten den jungen Warlock eigentlich zum Niedergang verkündenden Höllenfürsten erziehen. Doch viel mehr als für den Weltuntergang interessiert sich der vermeintliche Sohn des Teufels für Baseball und seine Briefmarkensammlung. Da stellt sich heraus, dass Warlock einst im Krankenhaus vertauscht wurde und tatsächlich nur ein ganz normaler Junge ist. So beginnt eine kuriose Suche nach dem wahren Antichristen.   

Der Dämon Crowley ist der Vertreter der Hölle auf Erden und so kommt ihm die rühmliche Aufgabe zu, den Antichristen in Empfang zu nehmen und in einem von satanistischen Nonnen geführten Krankenhaus abzuliefern, wo das Baby nichts ahnenden Eltern untergeschoben wird. Dummerweise hat Crowley keinerlei Interesse am Weltuntergang, denn ihm gefällt sein Leben dort. Und so holt er sich Verstärkung beim seinem Gegenspieler, himmlischen Abgesandten Erziraphael, den er schon seit dem Zwischenfall im Garten Eden kennt. Beide wollen in der Erziehung von Satans Sohn mitmischen und so die Apokalypse verhindern, dumm nur, dass sie das falsche Kind überwachen.

Der eine oder andere hier weiß wahrscheinlich, dass ich Neil Gaiman sehr mag und so steht „Ein gutes Omen“ schon lange in meinem Regal, allerdings habe ich mich nie herangewagt, denn meine erste Begegnung mit Terri Pratchett war ein bisschen suboptimal. Oder anders ausgedrückt: ich bin mit seinem Schreibstil einfach nicht klargekommen und hab das Buch abgebrochen. Das ist inzwischen einige Jahre her und so wollte ich mir nach der ersten Staffel der Amazon Prime Serie endlich die Vorlage zu Gemüte führen, bin aber irgendwie wieder abgestorben. Nachdem dann im Juli die zweite Staffel gestartet ist, die ich übrigens wieder großartig finde, schon allein weil David Tennant und Michael Sheen die perfekte Besetzung für die beiden übernatürlichen Wesen sind. Lange Rede, kurzer Sinn, ich habe es nach all den Jahren endlich geschafft und hatte, wider Erwarten, überhaupt keine Probleme mit dem Werk, im Gegenteil, es hat mich wunderbar unterhalten. Wer allerdings die Serie gesehen hat, könnte ein wenig enttäuscht sein, denn auch wenn sich die Serie sehr eng an den Roman hält, so haben Crowley und Aziraphale (das eingedeutschte Erziraphael finde ich schrecklich^^) im Buch doch erheblich weniger „Screentime“, aber auch die reicht vollkommen aus, um das ungleiche Gespann ins Herz zu schließen, auch wenn ihre Beziehung zueinander definitiv zu kurz kommt. Gerade die Reise durch die Geschichte der Menschheit verleiht der Serie so viel Charme und Tiefe, das habe ich etwas vermisst. Dafür finde ich es bewundernswert, dass man nach über 30 Jahren der Geschichte ihr Alter überhaupt nicht anmerkt, immerhin ist „Good Omens“ bereits 1990 erschienen, widmet sich aber Themen, die auch heute noch aktuell sind und damit ist nicht allein der Kampf von Gut gegen Böse gemeint. Wie oft folgen wir blind Anweisungen ohne sie zu hinterfragen oder bilden uns Urteile, ohne einen Blick hinter die Masken, die wir tragen, zu werfen? Wenn man es genau nimmt, ist dann der von Natur aus ja ach so böse Dämon hier nicht vielleicht sogar der Gute, weil er hinterfragt, was er tut, was um ihn herum vorgeht oder was die Menschen treiben? Ja, ich gebe es zu, ich mag Crowley, der Engel ist mir meist zu glattgebügelt, auch wenn hin und wieder die Fassade bröckelt. Die anderen Figuren sind nicht weniger skuril oder liebenswert, haben eine eigene Geschichte und sind so nicht nur schmückendes Beiwerk. Besonders Madame Tracy hat bei mir einen Stein im Brett.
Zugegeben, der Humor ist etwas platt und verdammt trocken, aber ich mag das und musste beim Lesen immer wieder an Monty Python denken. Bei 460 Seiten muss man schon etwas Lesezeit investieren, ich für meinen Teil bin aber größtenteils grinsend durch die Seiten geflogen. Allerdings haben mich die vielen Fußnoten hin und wieder ganz schön aufgehalten.

Nicht ganz so unterhaltsam wie die Serie, vor allem in Bezug auf die beiden Hauptcharaktere, aber trotzdem eine verdammt gute Geschichte, die von ihrem Wortwitz und ihren Figuren lebt. Und da Terri Pratchett damals den größeren Teil der Schreibarbeit erledigt hat, da NEil Gaiman zeitgleich mit dem „Sandman“ zugange war, sollte ich ihm wohl noch eine zweite Chance geben, vielleicht hatten wir ja nur einen etwas holprigen Start. Für „Ein gutes Omen“ gibt es von mir wohl verdiente 4,5 von 5 Miezekatzen.

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