“ … Er wusste nicht, was Liebe war. Und er wusste nicht, wofür sie gut war. Aber er wusste, dass er sie mit sich herumtrug, einen schwärenden Fleck von Fäulnis, von Infektion, für die es kein Heilmittel gab. Wut heilte sie nicht. Ausschweifungen machten sie nur noch schlimmer, entzündeten sie, ließen sie wachsen wie ein Krebsgeschwür. Und sie hatte sein Leben ruiniert. …“ (Seite 168)
In Mystic, Georgia, irgendwo im Nirgendwo, findet das jährliche Klapperschlangen-Festival statt. Tausende Besucher werden angelockt, um sich wie Primaten zu verhalten: Viel Alkohol, viel Sex, viel Gewalt.
Joe Lon lebt in einem Wohnwagen in Mystic mit seiner müden Frau und zwei ewig brüllenden Kindern. Seine ruhmreichen Tage als Boss des Rattlers-Footballteams sind längst vorbei.
Jetzt, als die Massen den Campingplatz für das Fest überfluten, spürt er den Abgrund aus Traurigkeit und Sinnlosigkeit, der sein Dasein verschlingt. Er fühlt sich, als würde etwas unaufhörlich in ihm brodeln, um sich aus ihm herauszuwinden …
Harry Crews beschreibt ein Bild höllischer Gewalt, das an Hieronymus Bosch erinnert. Joe Lon dreht durch und wird zum Ungeheuer. Allerdings ist er ein Monster, das Crews so kunstvoll darstellt, dass der Leser fasziniert ist und es vielleicht sogar ein bisschen verstehen kann.
Joe Lon Mackey hat nichts aus seinem Leben gemacht. Er lebt in einem heruntergekommenen Wohnwagen, verkauft Alkohol und betrügt seine Frau mit seiner Jugendliebe. Beim jährlichen Fest der Schlangen gerät alles außer Kontrolle.
Harry Crews gewährt in seinem 1976 erschienen Buch „Das Fest der Schlangen“ einen trostlosen Einblick in das triste und hoffnungslose Leben der Unterschicht, in dem Gewalt einen festen Platz hat.
In der Highschool hatte Joe Lon das Sagen im Footballteam und wie es sich gehört, natürlich mit Berenice das schönste Mädchen an seiner Seite. Doch Zeiten ändern sich und nun Jahre später, ist vom einstigen Glanz nichts mehr übrig. Seine Highschool-Liebe hat das Kaff längst verlassen, er haust mit seiner Frau und 2 schreienden Bälgern in einem Wohnwagen und hält sich mit mehr oder weniger legalen Geschäften über Wasser. Das jährlich stattfindende Klapperschlangenfest, zu dem massig Besucher in die Stadt strömen steht unmittelbar vor der Tür und auch Berenice ist aufgetaucht.
1975 in den Südstaaten: Mystic Falls ist ein Ort voller trauriger Gestalten. Der Sheriff zwingt Frauen zum Sex, es gibt Hundekämpfe, nebenbei wird schwarz mit Alkohol gehandelt und die farbige Bevölkerung hat nichts zu melden, genauso stelle ich mir ein Hinterwäldler-Nest in dieser Zeit vor. Alkohol und Gewalt sind an der Tagesordnung und auch wenn zu Beginn nicht allzu viel passiert, ist klar, dass das Ganze nur in einer Gewaltorgie enden kann. Bis dahin ist es ein langer Weg, dennoch steigert sich die Brutalität sich Schritt für Schritt, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass so mancher Leser das Buch trotzdem eher langweilig findet. Für mich hingegen war das Abtauchen in diesen Sumpf sehr faszinierend, wenn man das so sagen kann, denn schön ist hier gar nichts, nicht für Mensch und nicht für Tier und die Spirale führt immer weiter in den Abgrund, langsam, aber unaufhaltbar. Machtpositionen werden schamlos ausgenutzt, seine Ehefrau schlagen gehört fast schon zum guten Ton, aber ein bisschen mehr wert als ein Kampfhund ist sie dann doch. Erschreckend und nichts für zarte Gemüter, aber genau deswegen auch verdammt fesselnd und außerdem großartig geschrieben. Harry Crews wird immer wieder mit Charles Bukowski verglichen, völlig nachvollziehbar, beide schreiben derb, ungeschönt und nach dem Lesen bleibt an unangenehmes Gefühl in der Magengegend zurück. Das muss man erstmal schaffen.
„Das Fest der Schlangen“ einem Genre zuzuordnen, ist echt schwer. Wer jedoch gern in menschliche Abgründe blickt, (irgendwie klingt das falsch^^) sollte hier unbedingt einen Blick riskieren, denn auch wenn das Buch inzwischen fast 50 Jahre auf dem Buckel hat, ist es auch leider auch heute noch aktuell. Für mich jedenfalls war es ein kleiner Leckerbissen, für den ich gern 4,5 von 5 Miezekatzen vergebe.