“ … Wer behauptet, dass sich mit der Zeit der Schleier des Vergessens über längst vergangene Geschehnisse legt, hat in seinem ganzen Leben kaum etwas erlebt. Auch wenn man an den schönen Erinnerungen festhalten will, sind es gerade die schrecklichen, die uns in detaillierter Form erhalten bleiben. …“ ( Seite 73)
Sein Interesse bedeutet Gefahr, seine Liebe deinen Tod.
Ted sitzt jeden Freitag an der Bar. Er ist einer dieser stillen Beobachter, die sich kaum unterhalten. Es sei denn, da ist jemand, der ihm gefällt. Dann nimmt er ihn gerne mit nach Hause. Aber Ted mag es nicht, wenn sie wieder gehen wollen. Deshalb behält er sie bei sich. Ob sie wollen oder nicht.
Wenn die Liebe zur Besessenheit wird, die Schuld einen beinahe auffrisst und die Einsamkeit unerträglich scheint, übernimmt das Dunkle die Überhand. Denn in Velvet Cove gibt es keine übernatürlichen Monster. Das wahre Böse schlummert in den Menschen selbst.
„Andächtig stelle ich Jesses Kopf auf den kleinen Tisch, damit er meine Arbeit mitansehen kann.“
Frank arbeitet in einem Plattenladen zusammen mit Lee, auf die er ein Auge geworfen hat. Er kennt sich nicht nur mit Musik, sondern auch mit Horrorfilmen aus, ist aber eher ein unscheinbarer und schüchterner Typ. Und dann ist da noch Ted, der seine Partner am liebsten ganz nah bei sich hat und für den Verlassenwerden keine Option ist. Was verbindet diese beiden grundverschiedenen Männer?
Der vierte Band von Velvet Cove ist wie eine Reise zurück in die Kindheit, die Musik, die Horrorfilme, aber natürlich war meine weniger verstörend. Das ändert jedoch nichts daran, dass ich mich in dem Buch fast ein wenig zu Hause fühle. Und mal ganz ehrlich, kennen wir nicht alle so einen kleinen Nerd wie Frank, wenn wir nicht gar selbst einer sind? Frank verdient seinen Lebensunterhalt in einem Plattenladen, er lebt Musik und Horrorfilme, keiner kennt sich so gut aus wie er. Nebenbei schwärmt er heimlich für seine Kollegin Lee, die ihn schließlich unverhofft zu einem Konzert einlädt.
Dann ist da noch Ted. Der zieht nachts durch die Bars und hat keine Probleme damit, Männer mit nach Hause zu nehmen. Sie danach wieder gehen zu lassen, ist für ihn allerdings so gut wie unmöglich, denn er kann es nicht ertragen, verlassen zu werden und dafür tut er so einiges.
„Und mit mir die Schuld“ vermittelt ein tolles 80er Feeling, da sind Billy Idol, Bronksi Beat, Alice Cooper, Duran Duran und „Freitag, der 13“, man könnte die Stimmung fast genießen. Doch wie immer hat die Sache einen Haken: Man befindet sich in Velvet Cove und dort ging es auch in den vorherigen 3 Bänden alles andere als gesittet oder gar nett zu. Diesmal schafft es Daniel Leitner allerdings, dass man sich noch unwohler fühlt als üblich. Das liegt vor allem daran, dass er sich mit sehr unangenehmen Themen auseinandersetzt. Die innere Einsamkeit, die Angst, verlassen zu werden, ich denke, jeder von uns hat da schon eigene Erfahrungen gesammelt und kann so zumindest bis zu einem gewissen Punkt mitfühlen. Doch wer meint, das ist das Schlimmste, was auf den Leser zukommt, der hat sich mächtig geirrt. Es ist so ein bisschen wie ein dunkler Strudel, der einen immer weiter nach unten zieht und am Ende fassungslos zurücklässt. Zumindest ging es mir so, denn mit dieser Auflösung habe ich mit keiner Silbe gerechnet und war total überrumpelt. Aber hey, wie sagte schon Simon Le Bon? „Don’t say a prayer for me now, save it till the morning after“. Ob man den in Velvet Cove erlebt, ist allerdings eher fraglich.^^
Okay, ich hab mit viel gerechnet, aber das war eine harte Nummer. Mehr kann man dazu auch gar nicht sagen ohne zu spoilern. Muss man auch nicht, der vierte Teil der Velvet Cove Reihe spricht für sich und dafür vergebe ich wohlverdiente 4,5 von 5 Miezekatzen.
01. „Und mit mir die Dunkelheit“
02. „Und mit mir die Angst“
03. „Und mit mir die Unzucht“
04. „Und mit mir die Schuld“