„Slewfoot: Die Geschichte einer Hexe“ – Brom

“ … Ich bin der Hirte und ich bin der Schlächter. Ich bin das Leben und ich bin der Tod. …“ (Seite 464)

Eine Geschichte geheimer Magie und Schrecken, wie sie nur der dunkle Fantast BROM erzählen kann.

Connecticut, 1666: Die junge Engländerin Abitha erreicht die puritanische Kolonie, um einen Fremden zu heiraten – und schnell zur Witwe zu werden, denn ihr Mann stirbt unter mysteriösen Umständen.
Ganz allein in dieser frommen und patriarchalischen Gesellschaft, kämpft Abitha um ein bisschen Freiheit. Doch als einige Dorfbewohner sterben, macht ein Gerücht die Runde: Hexe.
Da trifft sie auf Slewfoot, einen mächtigen Geist aus der Antike … der versucht, seine eigene Rolle in der Welt zu finden. Heiler oder Zerstörer? Beschützer oder wildes Tier?
Für Abitha, die Ausgestoßene, ist Slewfoot der Einzige, den sie um Hilfe bitten kann. Gemeinsam entfachen sie einen Kampf zwischen Heiden und Puritanern – ein Kampf, der droht, nichts als Asche und Blut zu hinterlassen …

Von ihrem Vater verkauft, landet Abitha als braves Hausmütterchen in der neuen Welt. Ihr Mann ist zwar kein Traumprinz, trotzdem hat sie es mit ihm gut getroffen, denn Edward räumt ihr Privilegien ein, die Frauen in der damaligen Zeit normalerweise nicht haben. Die beiden leben auf  einem kleinen Stückchen Land, nur noch einmal müssen sie einen Teil der Ernte an Edwards Bruder Wallace abliefern, dann gehört es ihnen. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit dem Paar und als Edward stirbt, sieht Wallace eine Chance, sein Land zurückzubekommen und gleichzeitig seine aufmüpfige Schwägerin in ihre Schranken zu verweisen. Doch anders als andere Frauen ist Abitha nicht bereit, sich geschlagen zu geben, sie will kämpfen. Erst recht, als Wallace sie der Hexerei bezichtigt.  

Eine junge Engländerin in einer puritanischen Gemeinde, in der man als Frau die Haare unter einer Haube zu verstecken und gefälligst den Mund zu halten hat, da man sonst am Pranger landet, dass das nicht lange gutgeht, ist abzusehen. Obwohl sie auf der Farm außerhalb des Dorfes lebt und sich so nicht komplett unterordnen muss, hat sie es schwer. Erstaunlicherweise stehen ihr hier ausgerechnet der Dorfpriester und dessen Frau zur Seite, die beide trotz – oder vielleicht auch gerade wegen – ihrer gesellschaftlichen Stellung erstaunlich fortschrittlich eingestellt sind.
Das Übel kommt hier von einer ganz anderen Seite, nämlich Abithas Schwager, der der jungen unangepassten Frau unbedingt ihre Flausen austreiben und sie brechen will. Dass er damit auch sein Land zurückbekommen kann, ist natürlich nicht ganz unerheblich. Sein vermeintliches Opfer erweist sich jedoch als zäher Brocken und so muss er immer schwerere Geschütze auffahren.
Aber auch Abitha rüstet auf. Bereits kurz vor dem Tod ihres Mannes hat sie zum ersten Mal ein seltsames gehörntes Wesen gesehen, das zusammen mit seinen drei kleinen Begleitern immer wieder auftaucht. Und obwohl das zottelige Monster keine Ahnung hat, wer oder was es ist, steht es der verzweifelten Frau zur Seite. Doch welchen Preis muss sie am Ende dafür zahlen?
Für die Protagonistin Abitha ist das Leben in der neuen Welt ein Rückschritt. Sie ist ihrem Mann intellektuell weit überlegen, eigentlich ein Grund, um sie kleinzuhalten, doch Edward unterstützt sie und nimmt ihre Ratschläge an anstatt sie zu züchtigen. Und trotzdem ist die neue Heimat mit ihren altmodischen Regeln und Zwängen für Abitha ein Gefängnis. Auch wenn sie versucht, ihr Leben so frei wie möglich zu leben, stößt sie immer wieder an ihre Grenzen. Ganz ähnlich ergeht es der gehörnten Kreatur, die durch die dunklen Wälder streift. Auch sie ist auf der Suche nach sich selbst, immer wieder flammen Erinnerungen vor ihren Augen auf, die sie nicht einordnen kann. Ist sie wirklich Slewfoot, der Teufel, für den Abitha sie hält oder vielleicht etwas ganz anderes?
Zwei geschundene Seelen, die einander helfen und ihren Platz in der Welt suchen. Die Hexe und der Dämon. Aber sind sie wirklich böse? Oder gut? Ein wenig von beidem? Brom macht es seinen Lesern nicht einfach, denn gerade Samson hat auch eine sehr grausame Seite, er ist rau und unerbittlich, wie eine Naturgewalt, aber loyal und genau deshalb möchte man lieber ihn als den durchtriebenen Wallace um sich haben.

Der Autor erzählt seine Geschichte langsam und eindringlich, wer Action und fliegende Gliedmaßen erwartet, ist hier fehl am Platze. Dennoch ist „Slewfoot“ sehr düster, aber ist das schon Horror oder noch Dark Fantasy? Eigentlich egal, denn das Buch bietet so viel, neben einen Ausflug in die Welt der Hexenprozesse und alter Sagen geht es unter anderem auch um Stolz, Erniedrigung, Vorurteile, den Drang nach Freiheit und die Suche nach sich selbst. Ob einem bei dem letzten Punkt immer gefällt, was man schließlich findet, sei mal so dahingestellt. Man sollte sich halt stets vor Augen führen, dass unsere Erlebnisse, unsere Gefühle und auch die Reaktion unserer Umwelt uns zu dem macht, was wir sind. Nicht alle unsere Entscheidungen erfolgen freiwillig, manchmal werden wir zu etwas gedrängt, oft bevormundet, daran hat sich bis heute nichts geändert, selbst wenn wir inzwischen zum Glück in einer wesentlich moderneren Zeit leben.
Samson und Abitha sind zwei wundervolle Charaktere, aus deren Sicht das Geschehen abwechselnd geschildet wird. Sie haben beide dasselbe Ziel und verfolgen zunächst einen unterschiedlichen Weg dorthin, bis das Schicksal sie schließlich zusammenführt. Aber auch die Nebenfiguren sind großartig ausgearbeitet. Ich mochte vor allem Reverend Carter und seine Frau, die als einzige Mitgefühl und Nächstenliebe zeigen, ganz im Gegenteil zu Wallace, den man eigentlich schon von Anfang an hasst. Aber auch das zeigt, was für einen guten Job Brom hier gemacht hat.
Apropos guter Job, wir haben noch gar nicht über die tolle Illustrationen gesprochen, denn wie schon bei „Krampus“ und „Der Kinderdieb“ hat Brom es sich auch hier nicht nehmen lassen, seine „Buchbewohner“ mit dem Stift zum Leben zu erwecken. Immer ein bisschen morbide fangen die Zeichnungen die Stimmung perfekt ein. Da ich die Vorzugsausgabe besitze, kann ich mich an farbigen Bildern erfreuen, ich bin mir aber sicher, dass sie auch in schwarz-weiß in der Ausgabe der Must Read Reihe für gruselige Stimmung sorgen.
Und falls sich jetzt wer wundert, ja, der Festa Verlag hat „Slewfoot“ 2 Ausführungen veröffentlicht. Einmal als auf 666 Stück (wie überaus passend^^) limitierte, signierte Vorzugsausgabe mit farbigen Illustrationen und roten Cover und dann gibt es noch die normale in schwarz, die in der Must Read Reihe erschienen ist. Natürlich weder signiert, noch limitiert, dafür aber mit allen Illustrationen in schwarz-weiß.
PS: Ich habe das Buch natürlich nicht doppelt, aber ich verschenke gern das, was ich auch mag. Deswegen ist das rechte Exemplar auch noch eingepackt. 😉

Für mich war „Slewfoot“ die perfekte Lektüre für kalte und dunkle Wintertage, aber ihr wisst ja, beim Thema Hexen ist es eh um mich geschehen. Natürlich habe ich nichts anderes erwartet, denn schon Broms „Krampus“ und „Der Kinderdieb“ haben mich begeistert. 
Wer düstere Geschichten mit historischen Hintergrund und fantastischem Einschlag mag, sollte unbedingt ein Auge auf „Slewfoot“ werfen, egal in welcher Version. Von mir gibt es für dieses kleine Kunstwerk 5 von 5 Miezekatzen, also volle Punktzahl. 

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