“ … Ich versuche hier, ein Stück Leben zu erschaffen, eine akkurate Darstellung der Welt, wie sie ist und des menschlichen Befindens. Stattdessen ertappe ich mich beim Schreiben dabei, wie ich in Schuljungenmanier die Schwächen meiner Mitmenschen parodiere. Ich scherze. Und dies sehr dürftig. … “ (Seite 13)
Tintenschwarze Nacht liegt über dem einsamen Herrenhaus, in dessen Eingeweiden der Autor seine Prosa mit hastender Feder aufs Pergament zu bannen sucht. Hohe Literatur ist es, wonach er strebt, realistisch und wahrhaftig. Die Geschichte von einer Jungfrau in weißem Gewand, von Monstren, die im Dunkeln lauern, von uralter Erbschuld und riskanter Liebe… Doch die Alltäglichkeiten des Lebens – sprechende Raben, sein verschollener Zwilling und Duelle bis zum Tod – unterbrechen den wack‘ren Schreiber Mal ums Mal. Sollte er sich doch lieber der Phantastik zuwenden? Diese Kurzgeschichte von Neil Gaiman, einem der größten phantastischen Erzähler unserer Zeit, wirft einen augenzwinkernden Blick auf sein eigenes Schaffen. Shane Oakleys von Mignola und Wrightson inspiriertes Artwork setzt gekonnt einen Kontrapunkt zu Gaimans Humor und verleiht dieser Horror-Satire einen unwiderstehlich düsteren Sog.
Ein namenloser Autor versucht, einen Roman zu Papier zu bringen, möglichst lebensnah und ernsthaft. Doch seine Schreibarbeit wird immer wieder unterbrochen und so langsam beginnt er sich zu fragen, ob diese Art des Schreibes tatsächlich die richtige für ihn ist.
Amelia Earnshawe wird verfolgt und strandet nachts in einem düsteren Schloss. Die junge Frau ist die Protagonistin eines unbekannten Autors, der versucht, einen Roman zu Papier zu bringen. Das Buch soll möglichst realistisch werden, doch der Schreiberling, der nicht nur entfernt an den Sandman erinnert, wird immer wieder abgelenkt, unter anderem von einem sprechenden Raben, ja, Edgar Allen Poe lässt grüßen. Schließlich beschwert sich bei seinem Diener darüber, dass er einfach immer wieder in eine humorvolle Erzählweise verfällt, die er eigentlich nicht möchte, er will ernsthafte Literatur schreiben. Also was tun?
Die Originalstory zum Comic findet man in der Anthologie „Zerbrechliche Dinge“, allerdings unter einem etwas anderen Titel, nämlich „Verbotene Bräute gesichtsloser Sklaven im geheimen Haus der Nacht grausiger Gelüste“, nicht wirklich besser, oder? Im Vorwort des Buches gibt es von Neil auch ein paar Infos zur Entstehung, so erzählt er unter anderem, dass er sie als 22-Jähriger auf einem Bahnhof verfasst hat, während er auf den Zug wartete und sie dann 20 Jahre später noch einmal überarbeitet wurde. Verwirrend bleibt sie trotzdem, aber auch irgendwie amüsant, denn er spielt hier geschickt mit der Erwartung seiner Leser, die nach und nach merken, dass hier nicht alles so läuft wie gedacht. Ja, Schriftsteller haben es eben auch nicht leicht und Normalität ist für jeden etwas Anderes.^^
Shane Oakley hat das Geschehen wunderbar passend in düstere Bilder gepackt, farbige und schwarz-weiß Zeichnungen wechseln sich ab und zwar nach einem ganz bestimmten Muster, aber ich will ja nicht zu viel verraten. Auf jeden Fall finde ich die Idee und die gesamte Umsetzung sehr gelungen. Aber es gibt auch Kritik von meiner Seite, denn mit gerade einmal 48 Seiten, davon sind die letzten auch noch Bemerkungen und Skizzen des Zeichners, ist das Buch sehr dünn. Hinzu kommt das absolut unpraktische Format der „The Neil Gaiman Library“ Reihe, wie schon „Snow, Glass, Apples“ passt das Buch in kein Regal, zumindest nicht stehend. Bin ich wirklich die Einzige, die das so extrem nervt?
Die „Unheiligen Bräute …“ ist jetzt nicht Neil Gaimans beste Kurzgeschichte, aber ich mag den Humor und die Comicumsetzung ist gut gelungen. Ein paar Seiten mehr hätten es aber durchaus sein dürfen, denn das Ganze wirkt so ein bisschen bruchstückhaft. Für Gaiman Fans ist das Buch definitiv ein Muss, alle anderen sollten sich vielleicht besser an die Originalstory halten. Von mir gibt es 3,5 von 5 Miezekatzen.