“ … Er wusste, dass die Frau ihm nicht widerstehen konnte. Sie wollte seine Geschichte hören. Das wollten sie alle. …“
Der Mann, dessen Namen man nicht nennt, liebt es, Geschichten zu erzählen. Dies ist eine davon:
Dunkelheit umgibt ihn. Dunkelheit erfüllt ihn. Seit Urzeiten bewegt Mhelanohm sich durch die Atmosphäre. Wartend. Lauernd.
Bis der Augenblick kommt, in dem sich alles zusammenfügt und er geboren wird.
Mhelanohm ist pure Energie. Reines Bewusstsein. Die Konzentration einer Essenz, die einzig und allein aus einem Verlangen besteht. helanohm will fressen …
Sommer 1982: Die großen Ferien haben begonnen und für den elfjährigen Ben gibt es nichts Schöneres als gemeinsam mit seinem Freund Paul das verwilderte Gelände der alten Schuhfabrik zu erkunden. Da stört es ihn nicht einmal, dass er manchmal seinen kleinen Bruder mitnehmen muss. Schließlich ist Micha eigentlich ganz in Ordnung – für einen Sechsjährigen. Doch dann entdeckt Ben eines Tages einen merkwürdigen Fleck am Finger seines kleinen Bruders und plötzlich beginnt Micha sich zu verändern.
Sommerferien 1982. Ben, sein kleiner Bruder Micha und sein Freund Paul haben ihren ganz besonderen Spielplatz, eine verlassene alte Schuhfabrik. Auf dem Weg dorthin findet Micha einen seltsamen Stein, den er berührt. Ein großer Fehler, denn dabei etwas hat von ihm Besitz ergriffen.
Ein rauchender Mann trifft an einer Bushaltestelle auf eine Frau mit zwei Kindern. Bis der nächste Bus fährt, dauert es noch etwas und während die beiden kleinen Jungs miteinander spielen, erzählt er ihr eine Geschichte. Denn er ist der Mann, dessen Namen man nicht nennt und er liebt es, Geschichten zu erzählen.
J. S. Mancapello kannte ich vor diesem Buch nicht, aber der Titel hat mich neugierig gemacht und so ist die Horrorgeschichte auf meinem Kindle gelandet.
Ein Melanom kennt man ja eigentlich als bösartigen Tumor und mit einer etwas anderen Schreibweise. Dabei hat der bösartige schwarze Hautkrebs, der sich immer weiter ausbreitet durchaus etwas gemeinsam mit dem körperlichem Wesen Mhelanohm, denn auch das braucht eine Hülle, in und mit der es sich austoben kann. Und so kommt ihm Micha, Bens kleiner Bruder, gerade recht. Der berührt einen Stein und bemerkt danach recht schnell, das etwas in ihm immer häufiger das Ruder übernimmt und er hat quälenden Hunger. Ben bleibt diese Veränderung natürlich nicht verborgen, denn er erwischt Micha beim Ameisen essen. Kein guter Snack für einen 6-jährigen, aber das ist auch erst der Anfang.
Die Story baut sich langsam auf: Sommer, Sonne, Ferien, die Welt scheint in Ordung und doch schwingt da von Anfang an eine düstere Vorahnung mit, die sich schon bald bewahrheitet. Was das Ganze umso bitterer macht, denn als der Horror beginnt, hat man die beiden Brüder längst ins Herz geschlossen. Ben, den 11-jährigen, der sich um den 5 Jahre jüngeren Micha kümmert, während seine Mutter Zusatzschichten schiebt, um ihren Söhnen etwas bieten zu können. Dann schlägt das Schicksal zu, erbarmumgslos und brutal bringt es Bens und Michaels Leben aus dem Gleichgewicht, zerreißt das Band zwischen ihnen und verwandelt die Geschichte in einen Albtraum. Doch obwohl es hier durchaus ein paar blutige Szenen gibt, trifft mich das alles auf der psychologischen Ebene viel mehr, was auch am eindringlichen Schreibstil liegt.
„Mhelanohm“ ist der erste Teil der Geschichten vom Mann, dessen Namen man nicht nennt und macht neugierig auf das, was der außergewöhnliche Geschichtenerzähler noch in petto hat.
„Mhelanohm“ von J. S. Mancapello war ein Blindkauf, mit dem ich eine gute Wahl getroffen habe, denn die Novelle hat mich auf ganz unterschiedlichen Ebenen gut unterhalten. Kinder und Horror passt immer wie die Faust aufs Auge, noch dazu war die Story um die beiden Brüder Ben und Michael sehr berührend, dafür vergebe ich gern 4 von 5 Miezekatzen.
01. „Mhelanohm“
02. „Lost in Little Sinai“