„Wo ist Emily?“ – Andreas Laufhütte

“ … Er vernahm Emilys Stimme in seinem Kopf – »Ich bringe dir das Lachen bei, Hensch« – und ging weiter.
»Hentsch, warum lachst du eigentlich nie?«
»Mir ist nicht nach Lachen zumute«, flüsterte er. …

In Curnie Falls, einem kleinen Ort in Nevada, wird die vierzehnjährige Samantha vor laufender Kamera bestialisch ermordet.Kurze Zeit später verschwindet ihre elfjährige Schwester Emily. Der erste Verdacht fällt auf den autistischen Hensch McCeen. Hat er etwas mit der Sache zu tun?Sheriff Edwards setzt alles daran, Emily rechtzeitig zu finden, bevor auch sie Opfer eines Perversen wird, der junge Mädchen für Snuff-Videos entführt.Aber … wo ist Emily?

Als Sams Schwester Sam von einem Tag auf den anderen verschwindet, ist Emily plötzlich allein mit ihrem Vater Liam. Sie unterstützt ihn wo sie nur kann und sucht Trost bei ihrem eigenartigen Mitschüler Hentsch. Der ist zwar ein paarJahre älter als sie, aber Emily vertraut ihm. Doch dann kehrt auch sie nach der Schule nicht nach Hause zurück.

Ein kleiner Ort mitten im Nirgendwo, man kennt sich, nickt sich auf der Straße zu. Emily und Samantha sind Schwestern, der frühe Tod der Mutter hat die beiden zusammengeschweißt und als Samantha nicht mehr nach Hause kommt, bricht für ihre kleine Schwester eine Welt zusammen.
Gerade Kleinstädte scheinen immer wieder das Böse anzuziehen, auch Curnie Falls bildet da keine Ausnahme. Gleich im Prolog wird der Leser mitten ins Geschehen geworfen und somit Zeuge von Samanthas unerfreulichem Schicksal. Was mich allerdings noch mehr mitgenommen hat, waren die Gedankengänge der 14-jährigen, man wird fast schon gezwungen, sich in sie hineinzuversetzen und das tut weh. Dabei ist Samantha nur der Aufhänger.
Doch auch Emily widmet Andreas Laufhütte viel Aufmerksamkeit. Das Mädchen versucht mit der neuen Situation klarzukommen, ist aber nicht bereit, die Hoffnung aufzugeben. Ihr zur Seite steht Hensch, der schon 17, aber nicht die hellste Kerze auf der Torte ist und so in ihrer Klasse landete. Er ist Autist und hatte in seinem bisherigen Leben nicht leicht. Vom Vater abgelehnt, hat er noch ein anderes Problem: er fühlt nichts, kein Mitleid, keine Freude, er lacht nie, aber Emily mag er und sie vertraut ihm. Hensch ist der letzte, der Emily gesehen hat und steht somit bei Sheriff ganz oben auf der Liste der Verdächtigen und das ist nicht verwunderlich. Ich mochte ihn nicht, nicht zu Beginn und auch nicht am Ende. Emily hingegen schließt man sofort ins Herz und nachdem man weiß, was mit ihrer Schwester geschehen ist, macht es das nicht einfacher. Ihre Geschichte ist schwer zu ertragen, gerade, wenn man selbst Kinder hat, denn da ist diese Angst, ganz tief in verwurzelt in jedem Elternteil. Was wäre wenn …? Und ich glaube, genau aus diesem Grund kann sich jeder Vater und jede Mutter in Liam Miller, den Dad der beiden verschwundenen Mädchen hineinversetzen. Immer wieder habe ich mich gefragt: Was würdest du tun?
„Wo ist Emily?“ ist ein sehr unangenehmes Buch, dass sich wie eine Zecke festsaugt und einen nicht mehr loslässt. Die Charaktere haben eine Geschichte, man liebt oder verabscheut sie. Dennoch fand ich das Ende etwas überzogen und unlogisch, denn es gibt da einen Punkt, der für mich einfach keinen Sinn ergibt.

„Wo ist Emily?“ ist ein typischer Laufhütte, brutal, bitterböse und gerade deshalb fesselnd, allerdings schon allein aufgrund der Thematik nicht für jeden geeignet. Wer Probleme mit Gewalt gegen Kinder hat, und ich meine damit natürlich beim Lesen, sollte einen großen Bogen um das Buch machen, spätestens nach dem Prolog weiß man, wie der Hase läuft. Wer auf härtere Kost steht, dem lege ich einen Ausflug nach Curnie Falls ans Herz, aber passt auf, wem ihr euer Vertrauen schenkt.
Eigentlich wären hier locker 4,5 von 5 Miezekatzen drin gewesen, aber ich erwähnte es bereits, das Ende hat mich nicht wirklich zufriedengestellt und so musste ich eine halbe Miez (nein, sie musste nicht leiden^^) abziehen.

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