„Das Böse in ihm“ – Moe Teratos

“ … Ich nahm den Besenstil, schob ihn durch die Gitterstäbe und stieß sie damit an der Schulter an. Ihr Körper bewegte sich geschmeidig hin und her. Sie war weich. Ergo am Leben. Oder gerade erst gestorben. …“

Serienkiller sind ein Phänomen für sich. Viele fürchten sie. Manche jagen sie. Und da gibt es die verirrten Seelen, die sie gar verehren oder sich in sie verlieben. Diese Leute fragen sich, wie es ist, von einem getötet zu werden. Einen kennenzulernen. Oder einen in der Familie zu haben.
Soll ich euch was sagen? Ich kann euch genau das verraten. Wie es ist, mit einem Serienmörder verwandt zu sein. Wenn ihr die unglaubliche Geschichte von meinem Bruder und mir hören wollt, folgt mir ein Stück und begleitet mich in den Abgrund, der sich unser Leben nennt.

Ben lebt zusammen mit seinem Bruder im Haus der verstorbenen Eltern. Während er sich als Hausmeister auf einem Polizeirevier abrackert und danach den Haushalt schmeißt, vertreibt sich Will die Zeit mit einem ganz besonderen Hobby, bei dem voller Körpereinsatz gefragt ist. Immer wieder muss das Chaos hinter ihm beseitigen und leidet unter den Gewaltausbrüchen seines Bruders. Aber nicht so sehr wie die Frauen, die in der Garage vor sich hin vegetieren.

Wenn dein Bruder ein brutaler Serienkiller ist und du als Hausmeisterhelfer auf einem Polizeirevier arbeitest, ist das durchaus von Vorteil. So kannst du nebenbei die neusten Ermittlungserfolge aufschnappen und bist immer auf dem aktuellsten Stand. Ja, eigentlich sollte Will seinem Bruder Ben dankbar sein, doch anstatt Lob erntet der immer wieder Prügel und Spott und muss außerdem die Putzkolonne spielen, wenn Will die Spielchen mit seinen „Freundinnen“ mal wieder ein bisschen übertrieben hat.
Nelli arbeitet auf demselben Revier wie Ben und steckt all ihre Energie in den aktuellen Fall. Immer wieder werden brutal zugerichtete Frauenleichen gefunden und sie kommt mit den Ermittlungen einfach nicht voran, Überstunden sind angesagt. Auf Arbeit freundet sie sich mit dem neuen Handwerker an und entwickelt fast schon mütterliche Gefühle für ihn. Auch Ben mag die ältere Frau. Sie könnte der Ausweg aus seinem verhassten Leben sein. Oder sein Untergang.
Auch in ihrem neuen Thriller weiß Moe Teratos zu verstören. Diesmal stehen zwei grundverschiedene Brüder im Mittelpunkt. Ben ist der gute, er geht arbeiten, kümmert sich um das Haus, ist umgänglich und freundlich. Will hingegen lebt nur für sein blutiges Hobby, das seine gesamte Zeit und eine Menge Geld in Anspruch nimmt. Eigentlich sollte ich also mit Ben mitleiden, muss aber gestehen, dass ich ihn nicht wirklich bedauert habe. Er hat sein Elend selbst gewählt, beklagt sich immer wieder, unternimmt jedoch absolut nichts, um diese Zustände zu ändern. Natürlich befindet er sich in einer Zwickmühle, aber es gibt einen Ausweg, er müsste nur mal den Arsch hochkriegen. Tut er aber nicht, lieber lässt er sich weiter bevormunden und rechtfertigt das mit einer Mischung aus Angst und Bruderliebe,  genau deswegen fällt es mir schwer, Mitleid mit ihm zu empfinden. Will hingegen ist das personifizierte Böse, der nicht nur seine weiblichen Gäste quält, sondern auch seinem Bruder ständig schikaniert und das, obwohl er gerade ihm eine Menge zu verdanken hat. So jemandem möchte man nicht begegnen, ihn jeden Tag um sich zu haben, muss die Hölle sein.
Das Trio vervollständigt Nelli, die zwischen die beiden Brüder gerät. Sie ist ein toller Charakter, mal keine Sexbombe, der alles in den Schoß fällt, sondern eine Ermittlerin, die schon einige Jahre auf dem Buckel hat, bei der sich langsam das Alter bemerkbar macht. Trotzdem ist sie zäh und clever, hat sich wie ein Pitbull in dem Fall verbissen.  Außerdem hält mit ihrer Meinung nicht hinter den Berg, schon allein deswegen hab ich sie ins Herz geschlossen.
Die Geschichte selbst ist nicht nur spannend, sondern auch verdammt böse, ganz so, wie man es von der Autorin gewöhnt ist. Sie lässt Ben seine Erlebnisse in der Ich-Perspektive erzählen, so taucht man als Leser mitten ins Geschehen ein und kommt so nicht umhin, ab und an angeekelt das Gesicht zu verziehen. Wer zartbesaitet ist, sollte sich also vorher genau überlegen, ob er wirklich zum Buch greifen möchte.^^

Auch wenn mir Ben als „Held“ etwas zu sehr in Selbstmitleid zerflossen ist und zu wenig Eigeninitiative gezweigt hat, hat mich „Das Böse in ihm“ gut unterhalten, vor allem, weil ich Nelli wirklich mochte. Und ich finde Gastauftritte von Figuren aus anderen Büchern toll, hier hat sich das einfach angeboten und wurde perfekt umgesetzt, deshalb vergebe ich 4 von 5 Miezekatzen.

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