„Cruddy: Ein Leben wie Dreck“ – Lynda Barry

“ … In manchen Nächten jagt mir sein Anblick eine solche Heidenangst ein, dass ich mich kaum rühren kann und ein Schutzgebet aufsagen muss. Aber wenn man sich schon vor Jesus fürchtet, zu wem soll man dann noch beten? … “ (Seite 11)

Es war einmal, zu einer dreckigen Zeit, an einer Dreckigen Straße, am Fuß eines dreckigen Hügels, im dreckigsten Teil einer verdreckten Stadt, in einem dreckigen Staat, Land, Erdkreis, Sonnensystem, Universum.
So beginnt die 16-jährige Roberta Rohbeson in einer Septembernacht 1971 mit der Erzählung ihres Lebens. Jetzt wird endlich die Wahrheit über den mysteriösen Tag vor langer Zeit ans Licht gebracht, als die Behörden ein Kind fanden, das über und über mit Blut bedeckt durch die kochendheiße Wüste irrte.
Der vielleicht dunkelste Coming-of-Age-Roman, der bisher geschrieben wurde. Mit der Fähigkeit, die schrecklichsten Szenen urkomisch erscheinen zu lassen, ist Cruddy eine atemberaubende Leistung der Autorin.
Eine Reise quer durch Amerika mit Robertas gefährlichem Vater, angetrieben von Rache und Gier.

Roberta ist 16 und lebt wortwürtlich im Dreck, gleich nebenan befindet sich die örtliche Müllkippe. Die Gegend ist verwahrlost, die Zukunftsaussichten mies. Aber abgesehen davon hat Roberta in ihren jungen Jahren schon Dinge erlebt, die sich tief in ihre Seele eingebrannt haben, allem voran den blutigen Road Trip mit ihrem Vater.

Nachdem ich den Klappentext zu „Cruddy: Ein Leben wie Dreck“ gelesen hatte, war klar, das Buch musste einfach hier einziehen. Leider folgte kurz darauf die Ernüchterung, dabei wollte ich das Buch wirklich mögen, aber wir haben einfach keinen Draht zueinander gefunden, manchmal ist das einfach so. Hier gab es zwei Gründe, die mich davon abgehalten haben, der Schreibstil und die Protagonistin.
Roberta ist 16 und lebt mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in einem heruntergekommenen Haus in einer verwahrlosten Gegend. Als sie 11 ist, packt ihre Mutter sie auf den Rücksitz des Autos ihres Vaters, mit dem sie, erst einmal unbemerkt, eine blutige Reise durch Amerika startet. Ihr Vater hätte übrigens lieber einen Sohn gehabt und so behandelt er sie auch. Zu früh mit den Grausamkeiten dieser Welt konfrontiert, versucht das Mädchen sich zurück ins Leben zu kämpfen, allerdings ist da noch ihre Mutter und die macht ihr immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Mir tut Roberta leid, furchtbar leid, aber das ändert nichts daran, dass ich sie furchtbar nervig finde und sie das ganze Buch über nichts anderes macht als zu rauchen oder sich das Hirn mit Drogen wegzuballern. Natürlich ist das eine Art Flucht, aber das Ganze ist mir zu einseitig. Die Leute, mit denen sie verkehrt, sind genauso merkwürdig wie sie selbst. Gerade das hätte unterhaltsam sein können, gerade für mich mit meinem Herzen für Freaks und Ausgestoßene. Beides ist Roberta definitiv und dennoch fand ich einfach keinen Draht zu ihr. Auch weil, und hier kommt der zweite Punkt ins Spiel, der Schreibstil für mich absolut nicht zur Geschichte passt. Nach den ersten Seiten dachte ich noch, ich könne mich daran gewöhnen, aber Pustekuchen.
Lynda Barry lässt ihre Heldin ihre eigene Geschichte erzählen und sie dabei zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin- und herspringen. So spricht sie zu Beginn von sich selbst immer als „die Autorin“, da sie ein Buch über ihr Leben schreibt. Die Autorin tut dies, die Autorin denkt das, meins ist das absolut nicht. Ihr Vater ist immer nur „der Vater“ was die Beziehung zwischen den beiden zwar verdeutlicht, mich aber dennoch stört, es ist fast, als würde sie nicht nur eine Barriere zwischen ihrem Dad und sich erschaffen, sondern auch eine zwischen mir und ihr. Sie bleibt ungreifbar für mich, auch wenn sie zwischendurch immer wieder ihren Schmerz teilt.
So bleibt Roberta am Ende für mich ein Mädchen, dem man immer wieder die miesen Karten im Leben zuteilt, das ist tragisch, hätte mich persönlich aber wahrscheinlich betroffener gemacht, wäre die Geschichte anders erzählt worden.

Schade, für mich hat Lynda Barry ihr Potenzial hier leider nicht ausgeschöpft, der eigenwillige Schreibstil hat für mich einfach zu viel kaputtgemacht. Hinzu kommt Robertas Art, mit der ich nicht klarkam und so ist „Cruddy“ trotz, oder vielleicht auch wegen, meiner hohen Erwartungen für mich leider nur Durchschnitt, mehr als 3 von 5 Miezekatzen sind hier leider nicht drin.

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