„Was die Nacht verschweigt“ – T. Kingfisher

“ … »Wir stehen an der Schwelle zum zwanzigsten Jahrhundert! Und da lehnen Leute Arbeit ab, weil sie sich ins Hemd machen wegen eines … eines …«
»Eines alten Weibes, das sich auf deine Brust setzt und dir den Atem stiehlt«, half er mir aus. »Und der Rest der Welt mag ja durchaus auf der Schwelle zum zwanzigsten Jahrhundert stehen – aber wir sind hier in Gallazien, falls es dir noch nicht aufgefallen ist.« … “ (Seite 46/47)

Alex Easton kehrt in einem neuen unheimlichen Abenteuer zurück. Alex Easton möchte der guten Miss Potter, einer Freundin, einen Gefallen tun und reist nach Gallazien. Dort findet Alex ihr Haus allerdings leer vor und der Hausmeister ist tot und über allem hängt eine unheimliche Stille. Die Einheimischen wollen nicht darüber sprechen, was passiert ist. Und keiner von ihnen will einen Fuß auf das Gelände setzen. Die Dorfbewohner flüstern etwas von einer unheimlichen Kreatur aus dem gallazischen Volksglauben. Easton weiß, dass nicht allzu viel Wert auf den Aberglauben der Einheimischen gelegt werden sollte, aber als beängstigende Visionen für schlaflose Nächte sorgen und sich die seltsamen Ereignisse häufen, bleibt keine Wahl, als sich dem dunklen Schatten zu stellen, der über dem Haus hängt …

Um sich von den Ereignissen bei den Ushers zu erholen, geht es für Alex und Angus erstmal nach Paris und danach zurück in die Heimat Gallazien, denn die beiden erwarten Besuch von der Pilzexpertin Eugenia Potter, die vor allem bei Angus einen Stein im Brett hat. Doch erstmal muss dass Hütte, die Alex geerbt hat, in Schuss gebracht werden, dumm nur dass der Hausmeister, der sich schon eine Weile nicht gemeldet hat, tot aufgefunden wurde und niemand seinen Platz einnehmen will. Denn da gibt es eine alte Geschichte von einem Weib, einer Moroi,das sich auf die Brust ihres Opfers hockt und ihm den Atem stiehlt.

Miss Potter hat ihren Besuch angekündigt um die Pilzwelt Gallaziens zu studieren und Alex und Angus wollen sie in der Hütte unterbringen, die Alex vor Jahren von seinem Vater geerbt hat. Vom Hausmeister Codrin hat er allerdings schon lange nichts mehr gehört, kein Wunder, denn der ist bereits seit 2 Monaten, Lungenentzündung, sagen die Dorfbewohner. Doch hinter vorgehaltenen Händen macht eine andere Geschichte die Runde, Codrin soll das Opfer einer Moroi gewesen sein, eines Nachtspuks, der ihm den Atem genommen hat. Während Alex das Ganze als eine der vielen wirren Sagen seiner Heimat abtut, sehen die Einheimischen es anders, denn niemand will die freie Stelle als Haushälterin antreten. Bis sich schließlich die Witwe Botezatu bereiterklärt, die einen Tag später mit ihrem Enkel Bors im Schlepptau anrückt und sich von da an immer wieder amüsante Wortgefechte mit Alex, dem Haderlumpen,  liefert. Der wiederum schläft nachts schlecht, hat Albträume von einer Frau, die ihn nachts im Bett besucht und dann wird Bors krank.
Nach den gemeingefährlichen Pilzen in „Was die Toten bewegt“ bekommt es Alex Easton in der Fortsetzung mit Moroi zu tun. Da ich von diesen Wesen noch nie gehört habe, musste ich mich natürlich erstmal kundig machen. Sie entspringen, wie alle Vampire, der osteuropäischen Folklore, sind ausschließlich weiblich und ernähren sich von psychischer oder sexueller Energie, Gesundheit oder Lebensessenz, im Gegensatz zu den Strigoi, die Menschen und Tieren das Blut aussaugen. Irgendwie musste ich dabei an Rose the Hat, den Energievampir aus Stephen Kings „Doctor Sleep“ denken.
Auch bei „Was die Nacht verschweigt“ spürt man von Anfang an eine düstere Bedrohung, die man aber nicht so richtig einordnen kann. Allerdings kommt die für mich nicht ganz an die Gruselstimmung des Vorgängers heran, vielleicht weil es diesmal nicht so bildhaft zugeht, vielleicht auch, weil ich jetzt nicht unbedingt der Vampir-Fan bin. Wobei ich  sagen muss, dass das Thema eigentlich nicht wirklich angesprochen wird. Mitgerissen hat mich die Geschichte, die wieder einen ganz eigenen Sog entwickelt trotzdem und ich habe mich riesig über das Wiedersehen mit Alex, seinem Angestellten Angus und natürlich Eugenia Potter gefreut und wohlige Gänsehaut abwechselnd mit kleinen Lachflashs genossen. Für letztere sorgt übrigens die neue Haushälterin, die ihre ganz eigene Art hat mit ihrem Dienstherren umzugehen. Sie ist ein toller Neuzugang, der einfach perfekt zu den anderen schrulligen Figuren passt und hier definitiv mein Lieblingscharakter.
Wer subtilen Grusel mag, das Grauen, das auf leisen Sohlen kommt, sollte hier unbedingt zugreifen. Das Buch
verbreitet eine wunderbar schaurige Stimmung ohne dabei brutal oder blutig zu werden und auch die Aufmachung, vor allem das Cover, ist wie schon beim ersten Band wieder toll und wunderbar passend zur Geschichte.

Leider hat mich „Was die Nacht bewegt“ nicht ganz so überzeugt wie „Was die Toten bewegt“, mir hat ein bisschen der Gruselvibe gefehlt, der sich beim Vorgänger durch die gesamte Geschichte zog. Außerdem treten die seltsamen Pronomen, die mich schon im Vorgänger genervt haben, hier noch mehr auf und kickten mich jedes Mal aus meinem Lesefluss. Während scheinbar viele Leser finden, das diese Besonderheit zur Stimmung beiträgt, stört mich das eher, weil ich jedes Mal über diese Worte stolpere und sie für Druckfehler halte, aber das ist meckern auf hohem Niveau Dennoch hat T. Kingfisher auch hier wieder eine tolle Geschichte mit liebenswerten Figuren erschaffen und ich finde, eine Haushälterin wie die Witwe sollte einfach jeder haben. Von mir gibt es 4 von 5 Miezekatzen und ich hoffe auf eine Fortsetzung.

01. „Was die Toten bewegt“
02. „Was die Nacht verschweigt“

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