„Die Chroniken der Meerjungfrau: Der Fluch der Wellen“ – Christina Henry

„Die Schlösser Europas und die Berge des Westens interessierten sie nicht mehr. Sie sehnte sich nach dem Trost des Ozeans, danach, seine Umarmung zu spüren und zu wissen, dass dies der Ort war, an den sie gehörte. Sie gehörte nicht in ein Becken mit totem Wasser, unter Menschen, die sie wie etwas behandelten, das nur existierte, um Kunststücke zu ihrer Unterhaltung vorzuführen. …“ (Seite 319)

Einst zog ein einsamer Fischer sein Netz an Land und fand darin eine Frau. Eine Frau mit schwarzem Haar und Augen, in denen sich der Sturm des Meeres widerspiegelte. Anstelle von Beinen hatte sie einen Fischschwanz, und obwohl sie die Worte des Fischers nicht verstand, rührte sie seine Einsamkeit, und sie blieb bei ihm. Ihre Liebe dauerte an, bis sein Tod ihn von der unsterblichen Meerjungfrau trennte.
Doch Gerüchte über dieses rätselhafte Wesen sind längst laut geworden – und haben die Aufmerksamkeit eines Mannes erregt, der mit seinem Zirkus durch das Land zieht und den Menschen ihre schlimmsten Albträume hinter Gittern vorführt. Sein Name ist P.T. Barnum, und er sucht eine Meerjungfrau …

Nach dem Tod ihres Mannes fühlt Amelia sich einsam. Gerüchte sie wäre eine Meerjungfrau und würde nicht altern machen die Runde und so taucht eines Tages Levi bei ihr auf, der Für seinen Chef Barnum auf der Suche nach neuen Attraktionen für sein Museum in New York ist. Amelia schickt ihn fort, entscheidet sich dann aber doch dafür, dem Leben in der Stadt eine Chance zu geben. Doch bereits bei ihrem ersten Auftritt läuft einiges schief und dann sind da noch die Menschen, die sie eher als wildes Tier sehen …

„Die Chroniken der Meerjungfrau“ ist bereits Band 5 der Dunklen Chroniken von Christina Henry, diesmal geht es der guten Arielle an den Kragen. Ähnlich wie die, ist auch Amelia neugierig, gerät einem Fischer ins Netz und fühlt sich zu ihm hingezogen. Die beiden werden ein Paar, leben zusammen, bis er morgens zum Fischen aufbricht und nicht zurückkehrt. Jahrelang wartet Amelia, dann sucht sie ihr Glück in der Großstadt, will Geld verdienen, um später um die Welt zu reisen. Und so nimmt sie das Angebot an, im Museum aufzutreten, keiner zwingt sie dazu, wie der Klappentext vielleicht vermuten lässt. Das ändert allerdings nichts daran, dass der Museumsdirektor sie als sein Eigentum ansieht und versucht, mit ihr so viel Geld wie möglich zu machen, für ihn ist sie eine Ware, kein Mensch. P. T. Barnum ist übrigens eine historische Persönlichkeit, er leitete tatsächlich das Amerikanische Museum und auch den im Buch angesprochenen Skandal gab es wirklich, ebenso wie seinen Assistenten Levi. Christina Henrys Idee, hier einen kleinen Ausflug in die amerikanische Geschichte zu unternehmen, finde ich sehr gelungen, ich hab nach Beendigung des Buches erstmal einiges dazu gelesen.
Aber zurück zum Buch. Eigentlich lebt es von drei Personen, Amelia, Levi und Barnum. Bei der Meerjungfrau bin ich mir nicht ganz sicher, was ich von ihr halten soll. Auf der einen Seite ist sie eine unabhängige junge Frau, die sich nichts sagen lässt, sehr zum Ärger der Männer, denn Frauen hatten zu dieser Zeit nichts zu melden. Sie hasst die Modezwänge, will frei sein. Andererseits schafft sie es nicht, einfach zu gehen, die verhassten Auftritte hinter sich zu lassen, dabei ist sie auf das Geld, das sie verdient nicht angewiesen.  Sie ist naiv, macht sich über ihre Handlungen keine Gedanken. Levi ist der gute Samariter, in ihm erwacht der Beschützerinstinkt schon, als er sie zum ersten Mal trifft und sie macht es ihm mit ihrer Art nicht leicht, aber mir ist er zu weichgespült, zu gut. Dafür finde ich Barnum sehr gut getroffen, er ist ein Mann, der nur für Geld und Erfolg lebt, dem alles andere egal ist, auch die eigene Familie, so wie es eben damals üblich war, er ist also das genaue Gegenteil von Amelia. Und genau da habe ich ein kleines Problem mit dem Buch, denn mir fehlt die eigentliche Auseinandersetzung zwischen den beiden, stattdessen plätschert die Handlung so dahin, hier wäre wesentlich mehr drin gewesen, schon allein, weil der Museumsdirektor eben nicht wirklich der Bösewicht ist, immerhin hat sich Amelia selbst in diese Position gebracht und das macht es für mich schwer, wirklich Mitleid mit ihr zu haben. Mehr Barnum, weniger Levi wäre hier wohl eher nach meinem Geschmack gewesen.
Am Buch selbst gibt es nichts zu meckern, wie seine Vorgänger ist es toll aufgemacht, den Buchschnitt zieren diesmal, passend zum Thema, Fußabdrücke und Muscheln und auch Christina Henrys Schreibstil passt zur Geschichte, die sie erzählt. In der schlummert allerdings eine Menge ungenutztes Potenzial.

Für mich kommen „Die Chroniken der Meerjungfrau“ nicht an Peter Pan, meinen Liebling der Reihe heran, allerdings finde ich sie besser als die Alice-Teile, wobei ich da den dritten Band ja gar nicht mehr gelesen habe. Ich vermisse hier allerdings ein bisschen Action und Spannung und einen richtigen Antagonist, Peter Pan hatte da doch einiges mehr zu bieten als Phineas Taylor Barnum, deswegen mir gibt es diesmal 3,5 von 5 Miezekatzen.

01.“Die Chroniken von Alice: Finsternis im Wunderland“
02.“Die Chroniken von Alice: Die Schwarze Königin“
03.“Die Chroniken von Alice: Dunkelheit im Spiegelland“
04. „Die Chroniken von Peter Pan: Albtraum im Nimmerland“
05. „Die Chroniken der Meerjungfrau; Der Fluch der Wellen“

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