„Die Chroniken von Rotkäppchen“ – Christina Henry

“ … Die Vögel scherten sich nicht darum, dass alle starben und die, die nicht starben, durchdrehten Die Vögel machten einfach weiter ihre Vogelsachen, fingen Würmer und bauten Nester und brüllten die anderen Vögel an, die zu nahe herankommen, und saßen auf Ästen, die sie als ihr eigenes Reich beanspruchten. …….“ (Seite 142)

Geh nicht allein in den tiefen, tiefen Wald. Aber Red hat keine Wahl: Seit die Krise vor drei Monaten über das Land kam, ist sie auf sich allein gestellt. Ihre einzige Hoffnung besteht darin, sich zu ihrer Großmutter durchzukämpfen. Red fürchtet nicht die Unwesen, die nachts durch die Wälder streifen. Die wahre Bedrohung geht von den Menschen aus: von ihren dunklen Sehnsüchten, niederen Beweggründen und bösen Hintergedanken. Am schlimmsten jedoch sind die Männer in Uniform, mit ihren Befehlen und Geheimakten, die auf Reds Spur sind. Sie möchte niemanden töten, aber wer allein in den Wald geht, muss sich verteidigen können …

Red heißt eigentlich Cordelia, hat als Kind bei einem Unfall eines ihrer Beine verloren und ist 20, als der Husten den größten Teil der Menschheit dahin rafft. In eines der Regierungslager will die Familie nicht, stattdessen planen sie, sich zur Großmutter durchzuschlagen, die 300 Meilen entfernt abgelegen im Wald lebt. Doch das Schicksal hat andere Pläne mit ihnen und so landet Red allein im Wald. Der Winter steht vor der Tür, ihre Prothese behindert sie immer wieder und sie muss vorsichtig sein, denn inzwischen ist nicht das Virus, sondern der Mensch ihr größter Feind.

„Die Chroniken von Rotkäppchen – Allein im tiefen, tiefen Wald“ lagen bei mir sehr lange auf dem SUB, vor allem, weil ich den 5. Teil der Reihe so schrecklich langweilig fand. Ja, die Meerjungfrau hat mich schrecklich genervt, alle um sie herum waren schlecht, dabei hat sie sich selbst in den ganzen Mist reingeritten, nur um dann permanent zu jammern. Für so etwas bin ich die falsche Zielgruppe. Aber zum Glück ist die Titelheldin hier nicht so eine Heulsuse, Delia ist sogar ziemlich taff und nimmt ihr Leben selbst in die Hand. Allerdings macht sie dass nicht unbedingt sympathisch, denn sie ist extrem besserwisserisch, störrisch wie ein Esel und auch nicht unbedingt nett. Aber haben daran immer die anderen Schuld. Nein, Red ist kein einfacher Charakter und manchmal möchte man sie einfach nur schütteln, aber sie hat das Herz am rechten Fleck, was ihre Art wieder ein bisschen wettmacht.
Anders als bei den Vorgängerbänden, in denen der Bezug zu den titelgebenden Märchen meiner Meinung nach um einiges stärker war und es auch immer zumindest ein paar Fantasy-Elemente gab, ist der 6. Band der dunklen Chroniken eigentlich eher eine Dystopie und die spielt zur Abwechslung mal in unserer Zeit und unserer Welt. Es gibt zwar auch durchaus ein paar Parallelen zur Rotkäppchen, denn Red trägt am liebsten rote Hoodies und ist auf dem Weg zu ihrer Großmutter. Allerdings bringt sie ihr weder Kuchen, noch trifft sie dabei auf einen Wolf, zumindest auf keinen pelzigen auf vier Beinen. Dafür jedoch auf unfreundliche, zweibeinige Zeitgenossen, die ihr ans Leder wollen. Man könnte also durchaus die Menschen selbst, (vor allem die männliche Seite, denn die kommt hier größtenteils nicht besonders gut weg) mit dem heimtückischen Raubtier aus dem Märchen gleichsetzen.
Der Schreibstil ist flüssig, die Story spannend und lässt die Seiten nur so dahinfliegen, das Setting düster, typisch für Christina Henry. Es gibt aber auch einen fetten Minuspunkt, nämlich das Ende. Das fand ich schon bei „Die Chroniken von Alice: Finsternis im Wunderland“ absolut unbefriedigend, leider wiederholt sich das hier. Red hat definitiv etwas besseres verdient als solch eine kurze Abhandlung.

Auch wenn Cordelia alias Red ein kleiner Kotzbrocken ist, mochte ich sie doch irgendwie, auch wenn sie teilweise etwas sehr paranoid rüberkam, aber gut, sie hat einiges mitgemacht. Im Gegensatz zu der im Selbstmitleid versinkenden Meerjungfrau konnte ich mit ihr wieder mitfiebern. Wer auf eine Umsetzung des Rotkäppchen-Stoffes hofft, wird hier wahrscheinlich enttäuscht sein, als Dystopie hat das Buch aber fast alles richtig gemacht und bekommt von mir dafür 4 von 5 Miezekatzen.

01.“Die Chroniken von Alice: Finsternis im Wunderland“
02.“Die Chroniken von Alice: Die Schwarze Königin“
03.“Die Chroniken von Alice: Dunkelheit im Spiegelland“
04. „Die Chroniken von Peter Pan: Albtraum im Nimmerland“
05. „Die Chroniken der Meerjungfrau: Der Fluch der Wellen“
06. „Die Chroniken von Rotkäppchen: Allein im tiefen, tiefen Wald“
07. „Die Legende von Sleepy Hollow: Im Bann des kopflosen Reiters“
08. „Der Geisterbaum“

Please follow and like us:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert