„Die flüsternde Muse“ – Laura Purcell

“ … So etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich schluckte mein Hochgewürgtes hinunter, tat, was Lilith sagte, und wandte den Blick ab, während sie sich wieder zusammenband. Ich musste immer an Mrs. Dyers Beschreibungen von Lilith denken. Unnatürlich. Unweiblich. Eine Frau, aus deren Brüsten keine Milch, sondern Blut floss. …“ (Seite 193)

Welche moderne Schriftstellerin beherrscht die Kunst des Unheimlichen so gut wie Laura Purcell?

London, zur Zeit von Queen Victoria. Im Mercury Theater kursieren Gerüchte: Die neue Hauptdarstellerin Lilith Erikson soll mit Melpomene, der Muse der tragischen Dichtung, einen Pakt geschlossen haben.
Ihre Zofe Jenny ist skeptisch, denn Lilith ist eine Frau mit einem gestörten Wesen. Auf der Bühne scheint sie von den Figuren, die sie spielt, besessen zu sein, doch abseits der Bühne verläuft ihr Leben so tragisch, als beeinflusse es die Muse, die sie inspiriert.
Als eine teuflisch gute Lilith als Lady Macbeth die Zuschauer betört und sich einige unheimliche Vorfälle ereignen, schwinden Jennys Zweifel. Könnten die Gerüchte wahr sein? Sind dämonisch dunkle Mächte am Werk? Und was wird der Preis sein, wenn die Muse ihre Bezahlung einfordert?

Laura Purcells neuer Roman führt uns ein in die Welt des viktorianischen Theaters. Eine fesselnde Geschichte über Besessenheit und Aberglauben. Der perfekte Gothic-Thriller.

Nachdem Jennys Bruder ihre Arbeitgeberin beklaut und sich dann mit einer Schauspielerin aus dem Staub gemacht hat, ist sie auf der Suche nach einem neuen Job. Sie landet ausgerechnet in dem Theater, in dem ihr Bruder gearbeitet hat und soll dort für die Frau des Besitzers die Schauspielerin Lilith im Auge behalten. Die ist nicht nur extrem unfreundlich, sondern auch mindestens genauso geheimnisvoll, behauptet sie doch, einen Pakt mit Melpomene, der Muse der tragischen Dichtkunst, geschlossen zu haben. Und tatsächlich suchen immer mehr Tragödien das Theater heim.

London in der viktorianischen Ära. Jenny hat ihre Anstellung als Dienstmädchen verloren, weil ihr Bruder ihre Arbeitgeberin bestohlen und sich dann abgesetzt hat. Überraschend bekommt sie einen Job in dem Theater angeboten, in dem er vorher gearbeitet hat, dort soll sie die Schauspielerin Lilith einkleiden oder besser gesagt, für die Frau des Theaterbesitzers im Auge behalten, denn die hat Angst, dass ihr Mann ihr zu viel Aufmerksamkeit widmet. Das erste Treffen der beiden Frauen verläuft nicht besonders harmonisch, Lilith behandelt sie von oben herab und ruft sie „Kitty“, so ist es für sie kein Problem, gegen die arrogante Darstellerin zu intrigieren, immerhin wird sie dafür gut bezahlt. Als Lilith die Uhr eines gerade verstorbenen bekannten Scxhauspielers geschenkt bekommt, behauptet sie, einen Pakt mit Melpomene, der Muse der Tragödie, eingegangen zu sein und tatsächlich wird sie überraschend schnell immer erfolgreicher und bekannter. Doch alles im Leben hat seinen Preis und den muss auch Lilith zahlen.
Wieder einmal entführt  Laura Purcell ihre Leser in das viktorianische London, diesmal jedoch an einen ganz besonderen Ort, nämlich auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Oder genauer gesagt ins Mercury Theater, das schon bessere Zeiten gesehen hat. Nach der Sommerpause soll dort „Macbeth“ mit Lilith als Lady Macbeth aufgeführt werden, für sie ein großer Schritt nach oben auf der Karriereleiter. Lilith ist ein zwiespältiger Charakter. Für Jenny, die im Buch als Ich-Erzählerin fungiert, ist bereits nach der ersten Begegnung klar, dass sie die überhebliche Frasu nicht mag und so fällt es ihr nicht schwer, sie auszuspionieren und ihr zu schaden. Ja, Lilith ist tatsächlich nicht sonderlich nett, ihr Auftreten immer wieder fragwürdig, aber sie schafft es, sich in einer Männerwelt Respekt zu verschaffen und das in einer Zeit, in der Frauen nichts zu melden haben, allein schon dafür verdient sie Respekt. Je mehr ich über sie gelesen habe, umso besser habe ich sie verstanden. Diese Besessenheit, der Zwang, besser zu sein als die anderen, diese innere Leere und Einsamkeit. Jenny hingegen ist jung und naiv und natürlich auf das Geld, das ihr die neue Anstellung einbringt, angewiesen. Lilith zu schaden, lässt das Geld in ihrer Kasse klingeln, da ist ein schlechtes Gewissen unangebracht. Nach und nach muss Jenny aber erkennen, dass eben nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint und sich entscheiden, auf welcher Seite sie steht. Doch nicht nur das hält sie auf Trab, denn da sind noch die mysteriösen Vorkommnisse und Todesfälle, die ihr zu schaffen machen. Treibt wirklich Liliths Muse ihr Unwesen? Natürlich werde ich euch diese Frage nicht beantworten, dafür müsst ihr schon selbst zum Buch greifen, aber glaubt mir, ihr werdet es nicht bereuen. Mich jedenfalls hat „Die flüsternde Muse“ von der ersten bis zur letzten Seite gepackt, die Story war fesselnd, der Schreibstil bildhaft, gerade was das Theater betrifft. Schon als Kind hatte das für mich immer etwas Mystisches, ich konnte in fremde Welten entfliehen. Genauso ging es mir auch hier, außerdem habe ich mich immer wieder gefühlt, als säße ich in einer der Logen und würde einen Blick auf das Geschehen auf der Bühne werfen.

Mit dem Theatersetting und ihren vielschichtigen Figuren hat die Autorin bei mir voll ins Schwarze getroffen, Laura Purcell ist und bleibt einfach meine Gothic-Thriller-Queen und ich bin schon wahnsinnig gespannt auf ihr nächstes Werk.
Wer gerne knietief durch Blut watet, sollte besser zu einem anderen Buch greifen, wenn ihr aber auf Gänsehautfeeling steht, kann ich es euch wärmstens ans Herz legen.
Zwar ist mein persönlicher Favorit nach wie vor „Das Korsett“, aber in meinem persönlichen Ranking kommt „Die flüsternde Muse“ gleich danach und bekommt von mir wohlverdiente 4,5 von 5 Miezekatzen.

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